sichten und das Verlangen der Juden wa- ren damit noch nicht unterdrückt. Und sie konnten doch selbige unmöglich unter Vor- schub des Heilandes erreichen. Deswe- gen wäre aber ihre Bosheit erst rege, ihr Unglaube grösser und der Haß gegen die Religion scheinbarer worden.
Allein es sind aus eben dem Grunde noch mehr Wirkungen möglich, die mit der Predigt von Christo und von seiner Auferstehung streiten. Wenn auch Juden und Heiden, Freunde und Feinde den wie- derlebenden Jesum ohne Unterschied erblickt hätten, so wird man doch nicht glauben dürfen, daß solches ihre vorige Erbitterung gegen ihn auf einmal in Liebe, Ehrfurcht und Glauben verwandeln können. Die größten Thaten des Erlösers, die vor ih- ren Augen geschahen, waren ja hiezu viel zu wenig. Wozu half die oftmalige Ue- berzeugung der Schriftgelehrten, die sie durch ein unwilliges Stillschweigen zu er- kennen gaben? Sie verlangten immer an- dere Wunder, nämlich solche, die ihnen ein Zeichen wären die Römer anzugreifen. Er sollte sich dem Moses gleich machen. Joh. C. 6. v. 30. 31. Da er dieses nicht thun wollte; blieben sie noch immer Ver- folger des Heilandes. Eben diese und kei- ne andere Beschaffenheit ihres Herzens läßt sich zum voraus setzen, wenn gleich eine allgemeine Erscheinung Christi unter
ihnen
ſichten und das Verlangen der Juden wa- ren damit noch nicht unterdruͤckt. Und ſie konnten doch ſelbige unmoͤglich unter Vor- ſchub des Heilandes erreichen. Deswe- gen waͤre aber ihre Bosheit erſt rege, ihr Unglaube groͤſſer und der Haß gegen die Religion ſcheinbarer worden.
Allein es ſind aus eben dem Grunde noch mehr Wirkungen moͤglich, die mit der Predigt von Chriſto und von ſeiner Auferſtehung ſtreiten. Wenn auch Juden und Heiden, Freunde und Feinde den wie- derlebenden Jeſum ohne Unterſchied erblickt haͤtten, ſo wird man doch nicht glauben duͤrfen, daß ſolches ihre vorige Erbitterung gegen ihn auf einmal in Liebe, Ehrfurcht und Glauben verwandeln koͤnnen. Die groͤßten Thaten des Erloͤſers, die vor ih- ren Augen geſchahen, waren ja hiezu viel zu wenig. Wozu half die oftmalige Ue- berzeugung der Schriftgelehrten, die ſie durch ein unwilliges Stillſchweigen zu er- kennen gaben? Sie verlangten immer an- dere Wunder, naͤmlich ſolche, die ihnen ein Zeichen waͤren die Roͤmer anzugreifen. Er ſollte ſich dem Moſes gleich machen. Joh. C. 6. v. 30. 31. Da er dieſes nicht thun wollte; blieben ſie noch immer Ver- folger des Heilandes. Eben dieſe und kei- ne andere Beſchaffenheit ihres Herzens laͤßt ſich zum voraus ſetzen, wenn gleich eine allgemeine Erſcheinung Chriſti unter
ihnen
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ſichten und das Verlangen der Juden wa-
ren damit noch nicht unterdruͤckt. Und ſie
konnten doch ſelbige unmoͤglich unter Vor-
ſchub des Heilandes erreichen. Deswe-
gen waͤre aber ihre Bosheit erſt rege, ihr
Unglaube groͤſſer und der Haß gegen die
Religion ſcheinbarer worden.
Allein es ſind aus eben dem Grunde
noch mehr Wirkungen moͤglich, die mit
der Predigt von Chriſto und von ſeiner
Auferſtehung ſtreiten. Wenn auch Juden
und Heiden, Freunde und Feinde den wie-
derlebenden Jeſum ohne Unterſchied erblickt
haͤtten, ſo wird man doch nicht glauben
duͤrfen, daß ſolches ihre vorige Erbitterung
gegen ihn auf einmal in Liebe, Ehrfurcht
und Glauben verwandeln koͤnnen. Die
groͤßten Thaten des Erloͤſers, die vor ih-
ren Augen geſchahen, waren ja hiezu viel
zu wenig. Wozu half die oftmalige Ue-
berzeugung der Schriftgelehrten, die ſie
durch ein unwilliges Stillſchweigen zu er-
kennen gaben? Sie verlangten immer an-
dere Wunder, naͤmlich ſolche, die ihnen
ein Zeichen waͤren die Roͤmer anzugreifen.
Er ſollte ſich dem Moſes gleich machen.
Joh. C. 6. v. 30. 31. Da er dieſes nicht
thun wollte; blieben ſie noch immer Ver-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/175>, abgerufen am 25.11.2024.
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