Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

reden könnten, ein Abgesandter rechtfertige
sich damit, wenn er seine eigenen Beglau-
bigungsbriefe selbst verdächtig macht. Ein
mittelmässiger Verstand begreifet, wie kein
Zeuge Beyfall verdiene, der keinen Scheu
trägt, seinem eigenen Zeugnisse zu wider-
sprechen.

§. 13.
Der Ein-
gang des
Christen-
thums bey
den Heiden
würde ge-
hindert
seyn.

Die Heiden hätten ohnstreitig einen
Abscheu und heftigen Widerwillen gegen
die christliche Religion bekommen, wenn sie
gesehen, daß ihr Stifter zu Ausschweifun-
gen, Aufstand und Unruhen, wiewol un-
gerne Ursache und Gelegenheit gegeben.
Bey den Römern war die abergläubigste
Andacht, nach den Regeln des Staats,
auf das genaueste abgemessen. Numa
Pompilius,
der Rom zuerst durch Gesetze
befestigte *), hatte die Sicherheit seines
Throns und die Ruhe seiner Unterthanen
zum Ziel seiner heiligen Gebräuche und
zum Zweck seines Götzendienstes gesetzt.
Das Volk ward dadurch auf eine gewisse
Art beschäfftigt, und ihre Gottheiten hiel-
ten sie im Zwange gegen alle Unternehmun-

gen,
*) Virgilius nennt ihn daher Aeneid. L. VI.
v.
809. u. f.
primus qui legibus vrbem
fundavit, Curibus parvis et paupere terra
missus in imperium magnum:

reden koͤnnten, ein Abgeſandter rechtfertige
ſich damit, wenn er ſeine eigenen Beglau-
bigungsbriefe ſelbſt verdaͤchtig macht. Ein
mittelmaͤſſiger Verſtand begreifet, wie kein
Zeuge Beyfall verdiene, der keinen Scheu
traͤgt, ſeinem eigenen Zeugniſſe zu wider-
ſprechen.

§. 13.
Der Ein-
gang des
Chriſten-
thums bey
den Heiden
wuͤrde ge-
hindert
ſeyn.

Die Heiden haͤtten ohnſtreitig einen
Abſcheu und heftigen Widerwillen gegen
die chriſtliche Religion bekommen, wenn ſie
geſehen, daß ihr Stifter zu Ausſchweifun-
gen, Aufſtand und Unruhen, wiewol un-
gerne Urſache und Gelegenheit gegeben.
Bey den Roͤmern war die aberglaͤubigſte
Andacht, nach den Regeln des Staats,
auf das genaueſte abgemeſſen. Numa
Pompilius,
der Rom zuerſt durch Geſetze
befeſtigte *), hatte die Sicherheit ſeines
Throns und die Ruhe ſeiner Unterthanen
zum Ziel ſeiner heiligen Gebraͤuche und
zum Zweck ſeines Goͤtzendienſtes geſetzt.
Das Volk ward dadurch auf eine gewiſſe
Art beſchaͤfftigt, und ihre Gottheiten hiel-
ten ſie im Zwange gegen alle Unternehmun-

gen,
*) Virgilius nennt ihn daher Aeneid. L. VI.
v.
809. u. f.
primus qui legibus vrbem
fundavit, Curibus parvis et paupere terra
miſſus in imperium magnum:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0172" n="152"/>
reden ko&#x0364;nnten, ein Abge&#x017F;andter rechtfertige<lb/>
&#x017F;ich damit, wenn er &#x017F;eine eigenen Beglau-<lb/>
bigungsbriefe &#x017F;elb&#x017F;t verda&#x0364;chtig macht. Ein<lb/>
mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Ver&#x017F;tand begreifet, wie kein<lb/>
Zeuge Beyfall verdiene, der keinen Scheu<lb/>
tra&#x0364;gt, &#x017F;einem eigenen Zeugni&#x017F;&#x017F;e zu wider-<lb/>
&#x017F;prechen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 13.</head><lb/>
          <note place="left">Der Ein-<lb/>
gang des<lb/>
Chri&#x017F;ten-<lb/>
thums bey<lb/>
den Heiden<lb/>
wu&#x0364;rde ge-<lb/>
hindert<lb/>
&#x017F;eyn.</note>
          <p>Die Heiden ha&#x0364;tten ohn&#x017F;treitig einen<lb/>
Ab&#x017F;cheu und heftigen Widerwillen gegen<lb/>
die chri&#x017F;tliche Religion bekommen, wenn &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;ehen, daß ihr Stifter zu Aus&#x017F;chweifun-<lb/>
gen, Auf&#x017F;tand und Unruhen, wiewol un-<lb/>
gerne Ur&#x017F;ache und Gelegenheit gegeben.<lb/>
Bey den Ro&#x0364;mern war die abergla&#x0364;ubig&#x017F;te<lb/>
Andacht, nach den Regeln des Staats,<lb/>
auf das genaue&#x017F;te abgeme&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#fr">Numa<lb/>
Pompilius,</hi> der Rom zuer&#x017F;t durch Ge&#x017F;etze<lb/>
befe&#x017F;tigte <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Virgilius</hi></hi> nennt ihn daher <hi rendition="#aq">Aeneid. L. VI.<lb/>
v.</hi> 809. u. f.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">primus qui legibus vrbem<lb/>
fundavit, Curibus parvis et paupere terra<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;us in imperium magnum:</hi></hi></note>, hatte die Sicherheit &#x017F;eines<lb/>
Throns und die Ruhe &#x017F;einer Unterthanen<lb/>
zum Ziel &#x017F;einer heiligen Gebra&#x0364;uche und<lb/>
zum Zweck &#x017F;eines Go&#x0364;tzendien&#x017F;tes ge&#x017F;etzt.<lb/>
Das Volk ward dadurch auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Art be&#x017F;cha&#x0364;fftigt, und ihre Gottheiten hiel-<lb/>
ten &#x017F;ie im Zwange gegen alle Unternehmun-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0172] reden koͤnnten, ein Abgeſandter rechtfertige ſich damit, wenn er ſeine eigenen Beglau- bigungsbriefe ſelbſt verdaͤchtig macht. Ein mittelmaͤſſiger Verſtand begreifet, wie kein Zeuge Beyfall verdiene, der keinen Scheu traͤgt, ſeinem eigenen Zeugniſſe zu wider- ſprechen. §. 13. Die Heiden haͤtten ohnſtreitig einen Abſcheu und heftigen Widerwillen gegen die chriſtliche Religion bekommen, wenn ſie geſehen, daß ihr Stifter zu Ausſchweifun- gen, Aufſtand und Unruhen, wiewol un- gerne Urſache und Gelegenheit gegeben. Bey den Roͤmern war die aberglaͤubigſte Andacht, nach den Regeln des Staats, auf das genaueſte abgemeſſen. Numa Pompilius, der Rom zuerſt durch Geſetze befeſtigte *), hatte die Sicherheit ſeines Throns und die Ruhe ſeiner Unterthanen zum Ziel ſeiner heiligen Gebraͤuche und zum Zweck ſeines Goͤtzendienſtes geſetzt. Das Volk ward dadurch auf eine gewiſſe Art beſchaͤfftigt, und ihre Gottheiten hiel- ten ſie im Zwange gegen alle Unternehmun- gen, *) Virgilius nennt ihn daher Aeneid. L. VI. v. 809. u. f. primus qui legibus vrbem fundavit, Curibus parvis et paupere terra miſſus in imperium magnum:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/172
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/172>, abgerufen am 22.12.2024.