Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

gebreitet wissen. Wie durften sich daher
die Juden den Sieg versprechen, da Jesus
nicht nur in ihre Aufwiegelung unmöglich
willigen, sondern auch ihrem unbilligen
Erwarten kein Genüge leisten konnte.
Elende Leute! euer König hätte euch in
diesen ungerechten Absichten verlassen; ihr
aber würdet die Strafe der Rebellen und
die schärfsten Folgen der Empörung noth-
wendig haben empfinden müssen. Der
Römische Kaiser, der die Rechte und
Freyheiten der Juden ohnedem zu beschnei-
den suchte *), würde seine Macht wider
selbige gekehrt und so viele Tausende ihrer
Brüder zum Opfer seiner Grausamkeit
und zu betrübten Beyspielen seines gerech-
ten Zorns gemacht haben. Jerusalem war
eben in den Tagen des Leidens Jesu, we-
gen des bevorstehenden Festes, volkreicher
an Juden, wie sonst. Dadurch wäre

zwar
*) Suetonius in Tiber. c. 36. erzählet, daß
der damals regierende Kaiser Tiberius kein
sonderlicher Freund der Juden gewesen.
Seine Worte sind diese: Judaicos ritus com-
pescuit: coactis, qui superstitione ea tene-
bantur, religiosas vestes cum instrumento
omni comburere. Judaeorum juventutem,
per speciem sacramenti, in provincias gra-
vioris coeli distribuit: reliquos gentis ejus-
dem, vel similia sectantes, urbe submovit,
sub poena perpetuae servitutis, nisi obtem-
perassent.

gebreitet wiſſen. Wie durften ſich daher
die Juden den Sieg verſprechen, da Jeſus
nicht nur in ihre Aufwiegelung unmoͤglich
willigen, ſondern auch ihrem unbilligen
Erwarten kein Genuͤge leiſten konnte.
Elende Leute! euer Koͤnig haͤtte euch in
dieſen ungerechten Abſichten verlaſſen; ihr
aber wuͤrdet die Strafe der Rebellen und
die ſchaͤrfſten Folgen der Empoͤrung noth-
wendig haben empfinden muͤſſen. Der
Roͤmiſche Kaiſer, der die Rechte und
Freyheiten der Juden ohnedem zu beſchnei-
den ſuchte *), wuͤrde ſeine Macht wider
ſelbige gekehrt und ſo viele Tauſende ihrer
Bruͤder zum Opfer ſeiner Grauſamkeit
und zu betruͤbten Beyſpielen ſeines gerech-
ten Zorns gemacht haben. Jeruſalem war
eben in den Tagen des Leidens Jeſu, we-
gen des bevorſtehenden Feſtes, volkreicher
an Juden, wie ſonſt. Dadurch waͤre

zwar
*) Suetonius in Tiber. c. 36. erzaͤhlet, daß
der damals regierende Kaiſer Tiberius kein
ſonderlicher Freund der Juden geweſen.
Seine Worte ſind dieſe: Judaicos ritus com-
peſcuit: coactis, qui ſuperſtitione ea tene-
bantur, religioſas veſtes cum inſtrumento
omni comburere. Judaeorum juventutem,
per ſpeciem ſacramenti, in provincias gra-
vioris coeli diſtribuit: reliquos gentis ejus-
dem, vel ſimilia ſectantes, urbe ſubmovit,
ſub poena perpetuae ſervitutis, niſi obtem-
peraſſent.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="132"/>
gebreitet wi&#x017F;&#x017F;en. Wie durften &#x017F;ich daher<lb/>
die Juden den Sieg ver&#x017F;prechen, da Je&#x017F;us<lb/>
nicht nur in ihre Aufwiegelung unmo&#x0364;glich<lb/>
willigen, &#x017F;ondern auch ihrem unbilligen<lb/>
Erwarten kein Genu&#x0364;ge lei&#x017F;ten konnte.<lb/>
Elende Leute! euer Ko&#x0364;nig ha&#x0364;tte euch in<lb/>
die&#x017F;en ungerechten Ab&#x017F;ichten verla&#x017F;&#x017F;en; ihr<lb/>
aber wu&#x0364;rdet die Strafe der Rebellen und<lb/>
die &#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten Folgen der Empo&#x0364;rung noth-<lb/>
wendig haben empfinden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;che Kai&#x017F;er, der die Rechte und<lb/>
Freyheiten der Juden ohnedem zu be&#x017F;chnei-<lb/>
den &#x017F;uchte <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Suetonius</hi> in Tiber. c.</hi> 36. erza&#x0364;hlet, daß<lb/>
der damals regierende Kai&#x017F;er Tiberius kein<lb/>
&#x017F;onderlicher Freund der Juden gewe&#x017F;en.<lb/>
Seine Worte &#x017F;ind die&#x017F;e: <hi rendition="#aq">Judaicos ritus com-<lb/>
pe&#x017F;cuit: coactis, qui &#x017F;uper&#x017F;titione ea tene-<lb/>
bantur, religio&#x017F;as ve&#x017F;tes cum in&#x017F;trumento<lb/>
omni comburere. Judaeorum juventutem,<lb/>
per &#x017F;peciem &#x017F;acramenti, in provincias gra-<lb/>
vioris coeli di&#x017F;tribuit: reliquos gentis ejus-<lb/>
dem, vel &#x017F;imilia &#x017F;ectantes, urbe &#x017F;ubmovit,<lb/>
&#x017F;ub poena perpetuae &#x017F;ervitutis, ni&#x017F;i obtem-<lb/>
pera&#x017F;&#x017F;ent.</hi></note>, wu&#x0364;rde &#x017F;eine Macht wider<lb/>
&#x017F;elbige gekehrt und &#x017F;o viele Tau&#x017F;ende ihrer<lb/>
Bru&#x0364;der zum Opfer &#x017F;einer Grau&#x017F;amkeit<lb/>
und zu betru&#x0364;bten Bey&#x017F;pielen &#x017F;eines gerech-<lb/>
ten Zorns gemacht haben. Jeru&#x017F;alem war<lb/>
eben in den Tagen des Leidens Je&#x017F;u, we-<lb/>
gen des bevor&#x017F;tehenden Fe&#x017F;tes, volkreicher<lb/>
an Juden, wie &#x017F;on&#x017F;t. Dadurch wa&#x0364;re<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwar</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0152] gebreitet wiſſen. Wie durften ſich daher die Juden den Sieg verſprechen, da Jeſus nicht nur in ihre Aufwiegelung unmoͤglich willigen, ſondern auch ihrem unbilligen Erwarten kein Genuͤge leiſten konnte. Elende Leute! euer Koͤnig haͤtte euch in dieſen ungerechten Abſichten verlaſſen; ihr aber wuͤrdet die Strafe der Rebellen und die ſchaͤrfſten Folgen der Empoͤrung noth- wendig haben empfinden muͤſſen. Der Roͤmiſche Kaiſer, der die Rechte und Freyheiten der Juden ohnedem zu beſchnei- den ſuchte *), wuͤrde ſeine Macht wider ſelbige gekehrt und ſo viele Tauſende ihrer Bruͤder zum Opfer ſeiner Grauſamkeit und zu betruͤbten Beyſpielen ſeines gerech- ten Zorns gemacht haben. Jeruſalem war eben in den Tagen des Leidens Jeſu, we- gen des bevorſtehenden Feſtes, volkreicher an Juden, wie ſonſt. Dadurch waͤre zwar *) Suetonius in Tiber. c. 36. erzaͤhlet, daß der damals regierende Kaiſer Tiberius kein ſonderlicher Freund der Juden geweſen. Seine Worte ſind dieſe: Judaicos ritus com- peſcuit: coactis, qui ſuperſtitione ea tene- bantur, religioſas veſtes cum inſtrumento omni comburere. Judaeorum juventutem, per ſpeciem ſacramenti, in provincias gra- vioris coeli diſtribuit: reliquos gentis ejus- dem, vel ſimilia ſectantes, urbe ſubmovit, ſub poena perpetuae ſervitutis, niſi obtem- peraſſent.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/152
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/152>, abgerufen am 25.11.2024.