Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.ist? Ueberleget, Menschen-Kinder, wie weit gehet unsere Liebe gegen einen wider- spänstigen und liederlichen Knecht? Wie lange haben wir Gedult mit ihm? Wie lange gehen wir ihm nach? Wie weit er- strecken sich unsere Bemühungen, ihn zu bessern und glücklich zu machen? Wie viel thun wir um einen solchen, der nichts nach uns fraget, unsere Wohlthaten gering schä- tzet, unsere Befehle verachtet, und daran sein Vergnügen suchet, was unser Haus in beständige Unruhe setzet? O! wie gar enge Schrancken hat nicht unsere Liebe gegen einen solchen, der doch unsers Geschlechtes ist? Haltet mit dieser unserer eigenen Liebe diejenige Liebe zusammen, so GOtt gegen uns in dem Werck der Erlösung offenbah- Ps. 144,3.ret. Majestätischer GOtt, was ist doch der Mensch, daß du dich sein so an- nimmst? und des Menschen Kind, daß du ihn so achtest? Wir halten uns viel zu hoch, viel zu edel, uns lange mit dem Glück eines unarthigen und undanckbaren Knechts zu beschäftigen. Wie bald er- klären wir ihn unserer Liebe und Wohltha- ten unwürdig? Wie bald stossen wir ihn fort? Wie wenig rühret uns das Unglück, in
iſt? Ueberleget, Menſchen-Kinder, wie weit gehet unſere Liebe gegen einen wider- ſpaͤnſtigen und liederlichen Knecht? Wie lange haben wir Gedult mit ihm? Wie lange gehen wir ihm nach? Wie weit er- ſtrecken ſich unſere Bemuͤhungen, ihn zu beſſern und gluͤcklich zu machen? Wie viel thun wir um einen ſolchen, der nichts nach uns fraget, unſere Wohlthaten gering ſchaͤ- tzet, unſere Befehle verachtet, und daran ſein Vergnuͤgen ſuchet, was unſer Haus in beſtaͤndige Unruhe ſetzet? O! wie gar enge Schrancken hat nicht unſere Liebe gegen einen ſolchen, der doch unſers Geſchlechtes iſt? Haltet mit dieſer unſerer eigenen Liebe diejenige Liebe zuſammen, ſo GOtt gegen uns in dem Werck der Erloͤſung offenbah- Pſ. 144,3.ret. Majeſtaͤtiſcher GOtt, was iſt doch der Menſch, daß du dich ſein ſo an- nimmſt? und des Menſchen Kind, daß du ihn ſo achteſt? Wir halten uns viel zu hoch, viel zu edel, uns lange mit dem Gluͤck eines unarthigen und undanckbaren Knechts zu beſchaͤftigen. Wie bald er- klaͤren wir ihn unſerer Liebe und Wohltha- ten unwuͤrdig? Wie bald ſtoſſen wir ihn fort? Wie wenig ruͤhret uns das Ungluͤck, in
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iſt? Ueberleget, Menſchen-Kinder, wie
weit gehet unſere Liebe gegen einen wider-
ſpaͤnſtigen und liederlichen Knecht? Wie
lange haben wir Gedult mit ihm? Wie
lange gehen wir ihm nach? Wie weit er-
ſtrecken ſich unſere Bemuͤhungen, ihn zu
beſſern und gluͤcklich zu machen? Wie viel
thun wir um einen ſolchen, der nichts nach
uns fraget, unſere Wohlthaten gering ſchaͤ-
tzet, unſere Befehle verachtet, und daran
ſein Vergnuͤgen ſuchet, was unſer Haus in
beſtaͤndige Unruhe ſetzet? O! wie gar enge
Schrancken hat nicht unſere Liebe gegen
einen ſolchen, der doch unſers Geſchlechtes
iſt? Haltet mit dieſer unſerer eigenen Liebe
diejenige Liebe zuſammen, ſo GOtt gegen
uns in dem Werck der Erloͤſung offenbah-
ret. Majeſtaͤtiſcher GOtt, was iſt doch
der Menſch, daß du dich ſein ſo an-
nimmſt? und des Menſchen Kind, daß
du ihn ſo achteſt? Wir halten uns viel
zu hoch, viel zu edel, uns lange mit dem
Gluͤck eines unarthigen und undanckbaren
Knechts zu beſchaͤftigen. Wie bald er-
klaͤren wir ihn unſerer Liebe und Wohltha-
ten unwuͤrdig? Wie bald ſtoſſen wir ihn
fort? Wie wenig ruͤhret uns das Ungluͤck,
in
Pſ. 144,3.
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