Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.eines vernünftigen Mannes, wenn ich gleich nicht den geringsten Vortheil davon hoffen kan, rühre, und wie es zugehe, daß eine Kugel weit fort laufe, wenn man ihr nur einen eintzigen starcken Stoß giebt. Dergleichen zu erklären wird die Erkennt- niß des innern Wesens der Dinge erfor- dert. So weit aber gehet unsere Weiß- heit noch nicht. (*) §. 2. (*) Jch sehe leicht zum Voraus, daß einige
über dasjenige, was ich hier und in dem fol- genden von den Bewegungen meines Ge- müths über den Tod eines Kindes offenher- tzig erzehle, lachen, und mich einer unan- ständigen Weichlichkeit beschuldigen wer- den. Jch hätte diesen entgehen können, wenn das, was ich von mir sage, in einer erdichtetn Erzehlung vorgetragen. Da ich aber die wahre Krafft von der Gewißheit einer allwissenden und gnädigen Vorsehung zeigen wollen, so habe nichts Erdichtetes einmischen mögen. Da ich auch finde, daß ein Brockes und Bodmer bey dem Leichen geliebter Kinder weinen, und Canitz, Werl- hof, Haller und Richey über den Abschied werther Ehegatten öffentliche Klagen füh- ren, so habe kein Bedencken getragen frey zu sagen, was ich gefühlt, als ich ein ange- nehmes Kind der Verwesung überlassen müssen. eines vernuͤnftigen Mannes, wenn ich gleich nicht den geringſten Vortheil davon hoffen kan, ruͤhre, und wie es zugehe, daß eine Kugel weit fort laufe, wenn man ihr nur einen eintzigen ſtarcken Stoß giebt. Dergleichen zu erklaͤren wird die Erkennt- niß des innern Weſens der Dinge erfor- dert. So weit aber gehet unſere Weiß- heit noch nicht. (*) §. 2. (*) Jch ſehe leicht zum Voraus, daß einige
uͤber dasjenige, was ich hier und in dem fol- genden von den Bewegungen meines Ge- muͤths uͤber den Tod eines Kindes offenher- tzig erzehle, lachen, und mich einer unan- ſtaͤndigen Weichlichkeit beſchuldigen wer- den. Jch haͤtte dieſen entgehen koͤnnen, wenn das, was ich von mir ſage, in einer erdichtetn Erzehlung vorgetragen. Da ich aber die wahre Krafft von der Gewißheit einer allwiſſenden und gnaͤdigen Vorſehung zeigen wollen, ſo habe nichts Erdichtetes einmiſchen moͤgen. Da ich auch finde, daß ein Brockes und Bodmer bey dem Leichen geliebter Kinder weinen, und Canitz, Werl- hof, Haller und Richey uͤber den Abſchied werther Ehegatten oͤffentliche Klagen fuͤh- ren, ſo habe kein Bedencken getragen frey zu ſagen, was ich gefuͤhlt, als ich ein ange- nehmes Kind der Verweſung uͤberlaſſen muͤſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0280" n="262"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> eines vernuͤnftigen Mannes, wenn ich<lb/> gleich nicht den geringſten Vortheil davon<lb/> hoffen kan, ruͤhre, und wie es zugehe, daß<lb/> eine Kugel weit fort laufe, wenn man ihr<lb/> nur einen eintzigen ſtarcken Stoß giebt.<lb/> Dergleichen zu erklaͤren wird die Erkennt-<lb/> niß des innern Weſens der Dinge erfor-<lb/> dert. So weit aber gehet unſere Weiß-<lb/> heit noch nicht. <note place="foot" n="(*)">Jch ſehe leicht zum Voraus, daß einige<lb/> uͤber dasjenige, was ich hier und in dem fol-<lb/> genden von den Bewegungen meines Ge-<lb/> muͤths uͤber den Tod eines Kindes offenher-<lb/> tzig erzehle, lachen, und mich einer unan-<lb/> ſtaͤndigen Weichlichkeit beſchuldigen wer-<lb/> den. Jch haͤtte dieſen entgehen koͤnnen,<lb/> wenn das, was ich von mir ſage, in einer<lb/> erdichtetn Erzehlung vorgetragen. Da ich<lb/> aber die wahre Krafft von der Gewißheit<lb/> einer allwiſſenden und gnaͤdigen Vorſehung<lb/> zeigen wollen, ſo habe nichts Erdichtetes<lb/> einmiſchen moͤgen. Da ich auch finde, daß<lb/> ein <hi rendition="#fr">Brockes</hi> und <hi rendition="#fr">Bodmer</hi> bey dem Leichen<lb/> geliebter Kinder weinen, und <hi rendition="#fr">Canitz, Werl-<lb/> hof, Haller</hi> und <hi rendition="#fr">Richey</hi> uͤber den Abſchied<lb/> werther Ehegatten oͤffentliche Klagen fuͤh-<lb/> ren, ſo habe kein Bedencken getragen frey<lb/> zu ſagen, was ich gefuͤhlt, als ich ein ange-<lb/> nehmes Kind der Verweſung uͤberlaſſen<lb/> muͤſſen.</note></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 2.</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [262/0280]
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gleich nicht den geringſten Vortheil davon
hoffen kan, ruͤhre, und wie es zugehe, daß
eine Kugel weit fort laufe, wenn man ihr
nur einen eintzigen ſtarcken Stoß giebt.
Dergleichen zu erklaͤren wird die Erkennt-
niß des innern Weſens der Dinge erfor-
dert. So weit aber gehet unſere Weiß-
heit noch nicht. (*)
§. 2.
(*) Jch ſehe leicht zum Voraus, daß einige
uͤber dasjenige, was ich hier und in dem fol-
genden von den Bewegungen meines Ge-
muͤths uͤber den Tod eines Kindes offenher-
tzig erzehle, lachen, und mich einer unan-
ſtaͤndigen Weichlichkeit beſchuldigen wer-
den. Jch haͤtte dieſen entgehen koͤnnen,
wenn das, was ich von mir ſage, in einer
erdichtetn Erzehlung vorgetragen. Da ich
aber die wahre Krafft von der Gewißheit
einer allwiſſenden und gnaͤdigen Vorſehung
zeigen wollen, ſo habe nichts Erdichtetes
einmiſchen moͤgen. Da ich auch finde, daß
ein Brockes und Bodmer bey dem Leichen
geliebter Kinder weinen, und Canitz, Werl-
hof, Haller und Richey uͤber den Abſchied
werther Ehegatten oͤffentliche Klagen fuͤh-
ren, ſo habe kein Bedencken getragen frey
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nehmes Kind der Verweſung uͤberlaſſen
muͤſſen.
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