Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.die Schaafe. Soll derowegen die Heer- de gut seyn, so müssen die Hohen der Er- den mehr durch ein gutes Exempel als durch Gesetze herrschen. Einen ähnlichen Schluß, als wir jetzt verworfen haben, hat man aus des seligen Thomasens Abhandlung de Jure Principis aggra- tiandi homicidam gezogen. Dieser ge- lehrte Mann behauptet, es könnten sich Fälle begeben, darinne ein Fürst sich aus dringenden Ursachen gezwungen sähe, ei- nem Mörder das Leben zu lassen, wie dorten David dem Joab. Hieraus zie- hen andere den falschen Schluß: Ein Fürst kan mit Recht und gutem Gewissen nach seinem Belieben Mördern das Leben schencken. Und daher kommt es, daß auf Veranlassung solcher Rathgeber jener Liebling eines Hofes, der einen Unschul- digen bey dem Spiel ersticht, sein Leben behält. Jener arme und sonst fromme Bauer aber, der nur alle Jahr etwa ein- mal Bier zu kosten bekommt, und selbi- ges
die Schaafe. Soll derowegen die Heer- de gut ſeyn, ſo muͤſſen die Hohen der Er- den mehr durch ein gutes Exempel als durch Geſetze herrſchen. Einen aͤhnlichen Schluß, als wir jetzt verworfen haben, hat man aus des ſeligen Thomaſens Abhandlung de Jure Principis aggra- tiandi homicidam gezogen. Dieſer ge- lehrte Mann behauptet, es koͤnnten ſich Faͤlle begeben, darinne ein Fuͤrſt ſich aus dringenden Urſachen gezwungen ſaͤhe, ei- nem Moͤrder das Leben zu laſſen, wie dorten David dem Joab. Hieraus zie- hen andere den falſchen Schluß: Ein Fuͤrſt kan mit Recht und gutem Gewiſſen nach ſeinem Belieben Moͤrdern das Leben ſchencken. Und daher kommt es, daß auf Veranlaſſung ſolcher Rathgeber jener Liebling eines Hofes, der einen Unſchul- digen bey dem Spiel erſticht, ſein Leben behaͤlt. Jener arme und ſonſt fromme Bauer aber, der nur alle Jahr etwa ein- mal Bier zu koſten bekommt, und ſelbi- ges
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0272" n="254"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> die Schaafe. Soll derowegen die Heer-<lb/> de gut ſeyn, ſo muͤſſen die Hohen der Er-<lb/> den mehr durch ein gutes Exempel als<lb/> durch Geſetze herrſchen. Einen aͤhnlichen<lb/> Schluß, als wir jetzt verworfen haben,<lb/> hat man aus des ſeligen <hi rendition="#fr">Thomaſens</hi><lb/> Abhandlung <hi rendition="#aq">de Jure Principis aggra-<lb/> tiandi homicidam</hi> gezogen. Dieſer ge-<lb/> lehrte Mann behauptet, es koͤnnten ſich<lb/> Faͤlle begeben, darinne ein Fuͤrſt ſich aus<lb/> dringenden Urſachen gezwungen ſaͤhe, ei-<lb/> nem Moͤrder das Leben zu laſſen, wie<lb/> dorten David dem Joab. Hieraus zie-<lb/> hen andere den falſchen Schluß: Ein<lb/> Fuͤrſt kan mit Recht und gutem Gewiſſen<lb/> nach ſeinem Belieben Moͤrdern das Leben<lb/> ſchencken. Und daher kommt es, daß auf<lb/> Veranlaſſung ſolcher Rathgeber jener<lb/> Liebling eines Hofes, der einen Unſchul-<lb/> digen bey dem Spiel erſticht, ſein Leben<lb/> behaͤlt. Jener arme und ſonſt fromme<lb/> Bauer aber, der nur alle Jahr etwa ein-<lb/> mal Bier zu koſten bekommt, und ſelbi-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ges</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0272]
die Schaafe. Soll derowegen die Heer-
de gut ſeyn, ſo muͤſſen die Hohen der Er-
den mehr durch ein gutes Exempel als
durch Geſetze herrſchen. Einen aͤhnlichen
Schluß, als wir jetzt verworfen haben,
hat man aus des ſeligen Thomaſens
Abhandlung de Jure Principis aggra-
tiandi homicidam gezogen. Dieſer ge-
lehrte Mann behauptet, es koͤnnten ſich
Faͤlle begeben, darinne ein Fuͤrſt ſich aus
dringenden Urſachen gezwungen ſaͤhe, ei-
nem Moͤrder das Leben zu laſſen, wie
dorten David dem Joab. Hieraus zie-
hen andere den falſchen Schluß: Ein
Fuͤrſt kan mit Recht und gutem Gewiſſen
nach ſeinem Belieben Moͤrdern das Leben
ſchencken. Und daher kommt es, daß auf
Veranlaſſung ſolcher Rathgeber jener
Liebling eines Hofes, der einen Unſchul-
digen bey dem Spiel erſticht, ſein Leben
behaͤlt. Jener arme und ſonſt fromme
Bauer aber, der nur alle Jahr etwa ein-
mal Bier zu koſten bekommt, und ſelbi-
ges
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |