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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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tem Gewissen, wenn es ihnen nur beliebt,
sich mit mehrern Personen auf die eine
und andere Art zugleich ehlich verbinden.
Es ist dieser Schluß sehr unrichtig und
folgt keinesweges aus dem vorhergehen-
den, und kein Fürst wird leiden, daß seine
Unterthanen bey seinen Gesetzen solche
Schlüsse machen. Ein Ober-Herr der
zugleich ein wahrer Christ seyn will,
muß sein Volck nicht bloß durch seine
Befehle, sondern auch besonders durch
sein Exempel regieren.
Er muß nicht
nur für ihre äusserliche Ruhe sorgen, son-
dern ihnen auch in allen Tugenden
vorleuchten. Er muß daher ausser der
höchsten Noth keine Ausnahmen von den
Gesetzen GOttes machen. Thut er sel-
biges, so muß er eben dergleichen an de-
nen nachsehen, die um ihn sind. Die-
sen folgen die Vornehmen und Beamten
des Landes, und man kan nicht wohl mit
der Schärfe wider sie verfahren. Nach
diesen richten sich die bemittelten Bürger
und Bauern, man drückt dabey die Au-
gen zu, und auf solche Weise wird das
Sprüchwort wahr: Wie der Hirte, so

die



tem Gewiſſen, wenn es ihnen nur beliebt,
ſich mit mehrern Perſonen auf die eine
und andere Art zugleich ehlich verbinden.
Es iſt dieſer Schluß ſehr unrichtig und
folgt keinesweges aus dem vorhergehen-
den, und kein Fuͤrſt wird leiden, daß ſeine
Unterthanen bey ſeinen Geſetzen ſolche
Schluͤſſe machen. Ein Ober-Herr der
zugleich ein wahrer Chriſt ſeyn will,
muß ſein Volck nicht bloß durch ſeine
Befehle, ſondern auch beſonders durch
ſein Exempel regieren.
Er muß nicht
nur fuͤr ihre aͤuſſerliche Ruhe ſorgen, ſon-
dern ihnen auch in allen Tugenden
vorleuchten. Er muß daher auſſer der
hoͤchſten Noth keine Ausnahmen von den
Geſetzen GOttes machen. Thut er ſel-
biges, ſo muß er eben dergleichen an de-
nen nachſehen, die um ihn ſind. Die-
ſen folgen die Vornehmen und Beamten
des Landes, und man kan nicht wohl mit
der Schaͤrfe wider ſie verfahren. Nach
dieſen richten ſich die bemittelten Buͤrger
und Bauern, man druͤckt dabey die Au-
gen zu, und auf ſolche Weiſe wird das
Spruͤchwort wahr: Wie der Hirte, ſo

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[253/0271] tem Gewiſſen, wenn es ihnen nur beliebt, ſich mit mehrern Perſonen auf die eine und andere Art zugleich ehlich verbinden. Es iſt dieſer Schluß ſehr unrichtig und folgt keinesweges aus dem vorhergehen- den, und kein Fuͤrſt wird leiden, daß ſeine Unterthanen bey ſeinen Geſetzen ſolche Schluͤſſe machen. Ein Ober-Herr der zugleich ein wahrer Chriſt ſeyn will, muß ſein Volck nicht bloß durch ſeine Befehle, ſondern auch beſonders durch ſein Exempel regieren. Er muß nicht nur fuͤr ihre aͤuſſerliche Ruhe ſorgen, ſon- dern ihnen auch in allen Tugenden vorleuchten. Er muß daher auſſer der hoͤchſten Noth keine Ausnahmen von den Geſetzen GOttes machen. Thut er ſel- biges, ſo muß er eben dergleichen an de- nen nachſehen, die um ihn ſind. Die- ſen folgen die Vornehmen und Beamten des Landes, und man kan nicht wohl mit der Schaͤrfe wider ſie verfahren. Nach dieſen richten ſich die bemittelten Buͤrger und Bauern, man druͤckt dabey die Au- gen zu, und auf ſolche Weiſe wird das Spruͤchwort wahr: Wie der Hirte, ſo die

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/271>, abgerufen am 24.11.2024.