Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



zum Christenthum meldet. Was ist als-
denn zu thun, besonders, wenn die letzte-
re Frau keine gar zu grosse Gabe der Ent-
haltung hat? Können sie zum Christen-
thum angenommen werden, ohne daß
man die letztere Frau scheidet; oder ist ei-
ne Scheidung vorzunehmen und die letz-
tere Frau an einen andern zu verehlichen?
Jch zweifele nicht, einige werden sagen,
man müsse die letztere Frau scheiden und
sie an einen andern verheirathen. Jhr
Grund wird dieser seyn: Nach den Grund-
Sätzen des Christenthums ist die Ehe mit
der letztern Frau keine rechtmäßige Ehe
und folglich muß sie bey Annehmung der
Christlichen Religion aufgehoben werden.
Und wer weiß, was in den ersten Zeiten
des Christenthums in solchen Fällen, wenn
sie sich anders begeben, geschehen? Ver-
muthlich aber werden auch einige behaup-
ten, man könne solche Personen bey ein-
ander lassen. Sie hätten sich zusammen
verbunden, ehe ihnen die Gesetze des Chri-
stenthums bekannt worden, und als Che-
Leute Kinder gezeuget. So wohl den
Kindern von der letzten Frau, als auch ihr

selber



zum Chriſtenthum meldet. Was iſt als-
denn zu thun, beſonders, wenn die letzte-
re Frau keine gar zu groſſe Gabe der Ent-
haltung hat? Koͤnnen ſie zum Chriſten-
thum angenommen werden, ohne daß
man die letztere Frau ſcheidet; oder iſt ei-
ne Scheidung vorzunehmen und die letz-
tere Frau an einen andern zu verehlichen?
Jch zweifele nicht, einige werden ſagen,
man muͤſſe die letztere Frau ſcheiden und
ſie an einen andern verheirathen. Jhr
Grund wird dieſer ſeyn: Nach den Grund-
Saͤtzen des Chriſtenthums iſt die Ehe mit
der letztern Frau keine rechtmaͤßige Ehe
und folglich muß ſie bey Annehmung der
Chriſtlichen Religion aufgehoben werden.
Und wer weiß, was in den erſten Zeiten
des Chriſtenthums in ſolchen Faͤllen, wenn
ſie ſich anders begeben, geſchehen? Ver-
muthlich aber werden auch einige behaup-
ten, man koͤnne ſolche Perſonen bey ein-
ander laſſen. Sie haͤtten ſich zuſammen
verbunden, ehe ihnen die Geſetze des Chri-
ſtenthums bekannt worden, und als Che-
Leute Kinder gezeuget. So wohl den
Kindern von der letzten Frau, als auch ihr

ſelber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="250"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
zum Chri&#x017F;tenthum meldet. Was i&#x017F;t als-<lb/>
denn zu thun, be&#x017F;onders, wenn die letzte-<lb/>
re Frau keine gar zu gro&#x017F;&#x017F;e Gabe der Ent-<lb/>
haltung hat? Ko&#x0364;nnen &#x017F;ie zum Chri&#x017F;ten-<lb/>
thum angenommen werden, ohne daß<lb/>
man die letztere Frau &#x017F;cheidet; oder i&#x017F;t ei-<lb/>
ne Scheidung vorzunehmen und die letz-<lb/>
tere Frau an einen andern zu verehlichen?<lb/>
Jch zweifele nicht, einige werden &#x017F;agen,<lb/>
man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die letztere Frau &#x017F;cheiden und<lb/>
&#x017F;ie an einen andern verheirathen. Jhr<lb/>
Grund wird die&#x017F;er &#x017F;eyn: Nach den Grund-<lb/>
Sa&#x0364;tzen des Chri&#x017F;tenthums i&#x017F;t die Ehe mit<lb/>
der letztern Frau keine rechtma&#x0364;ßige Ehe<lb/>
und folglich muß &#x017F;ie bey Annehmung der<lb/>
Chri&#x017F;tlichen Religion aufgehoben werden.<lb/>
Und wer weiß, was in den er&#x017F;ten Zeiten<lb/>
des Chri&#x017F;tenthums in &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen, wenn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich anders begeben, ge&#x017F;chehen? Ver-<lb/>
muthlich aber werden auch einige behaup-<lb/>
ten, man ko&#x0364;nne &#x017F;olche Per&#x017F;onen bey ein-<lb/>
ander la&#x017F;&#x017F;en. Sie ha&#x0364;tten &#x017F;ich zu&#x017F;ammen<lb/>
verbunden, ehe ihnen die Ge&#x017F;etze des Chri-<lb/>
&#x017F;tenthums bekannt worden, und als Che-<lb/>
Leute Kinder gezeuget. So wohl den<lb/>
Kindern von der letzten Frau, als auch ihr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0268] zum Chriſtenthum meldet. Was iſt als- denn zu thun, beſonders, wenn die letzte- re Frau keine gar zu groſſe Gabe der Ent- haltung hat? Koͤnnen ſie zum Chriſten- thum angenommen werden, ohne daß man die letztere Frau ſcheidet; oder iſt ei- ne Scheidung vorzunehmen und die letz- tere Frau an einen andern zu verehlichen? Jch zweifele nicht, einige werden ſagen, man muͤſſe die letztere Frau ſcheiden und ſie an einen andern verheirathen. Jhr Grund wird dieſer ſeyn: Nach den Grund- Saͤtzen des Chriſtenthums iſt die Ehe mit der letztern Frau keine rechtmaͤßige Ehe und folglich muß ſie bey Annehmung der Chriſtlichen Religion aufgehoben werden. Und wer weiß, was in den erſten Zeiten des Chriſtenthums in ſolchen Faͤllen, wenn ſie ſich anders begeben, geſchehen? Ver- muthlich aber werden auch einige behaup- ten, man koͤnne ſolche Perſonen bey ein- ander laſſen. Sie haͤtten ſich zuſammen verbunden, ehe ihnen die Geſetze des Chri- ſtenthums bekannt worden, und als Che- Leute Kinder gezeuget. So wohl den Kindern von der letzten Frau, als auch ihr ſelber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/268
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/268>, abgerufen am 24.11.2024.