Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.an, daß Christus solches bey seinem Aus- spruche nicht zum Voraus gesetzt, so strei- tet er abermahls mit den Regeln der Weißheit, und was in der That einerley wäre, würde von Christo für gantz unter- schiedene Dinge ausgegeben. Christus will der leichtsinnigen Ehe-Scheidung da- durch abhelfen, daß er diejenigen, welche nach der Scheidung wieder heiratheten, des Ehebruchs schuldig erkläret. Man nehme an, Christus hätte hiebey zum Vor- aus gesetzt, die Vielweiberey sollte noch fer- ner nachgesehen werden, hätte aldenn auch dieser Ausspruch die geringste Kraft ge- habt? Hätten sich die Vornehmen und Reichen nicht vor der Scheidung mit so vielen Weibern versehen können, daß sie hernach nicht eine, sondern mehrere ver- stossen können, ohne sich durch eine ander- weitige Verheirathung des Ehebruchs nach dem Ausspruche Christi schuldig zu machen? Würde alsdenn dieser Aus- spruch Christi der leichtsinnigen Ehe-Schei- dunge sonderliche Grentzen gesetzet haben? Gewiß keinesweges. Kan man nun glau- ben, daß der Weiseste der liederlichen Ehe- Scheidung, die er hassete, einen so niedri- gen
an, daß Chriſtus ſolches bey ſeinem Aus- ſpruche nicht zum Voraus geſetzt, ſo ſtrei- tet er abermahls mit den Regeln der Weißheit, und was in der That einerley waͤre, wuͤrde von Chriſto fuͤr gantz unter- ſchiedene Dinge ausgegeben. Chriſtus will der leichtſinnigen Ehe-Scheidung da- durch abhelfen, daß er diejenigen, welche nach der Scheidung wieder heiratheten, des Ehebruchs ſchuldig erklaͤret. Man nehme an, Chriſtus haͤtte hiebey zum Vor- aus geſetzt, die Vielweiberey ſollte noch fer- ner nachgeſehen werden, haͤtte aldenn auch dieſer Ausſpruch die geringſte Kraft ge- habt? Haͤtten ſich die Vornehmen und Reichen nicht vor der Scheidung mit ſo vielen Weibern verſehen koͤnnen, daß ſie hernach nicht eine, ſondern mehrere ver- ſtoſſen koͤnnen, ohne ſich durch eine ander- weitige Verheirathung des Ehebruchs nach dem Ausſpruche Chriſti ſchuldig zu machen? Wuͤrde alsdenn dieſer Aus- ſpruch Chriſti der leichtſinnigen Ehe-Schei- dunge ſonderliche Grentzen geſetzet haben? Gewiß keinesweges. Kan man nun glau- ben, daß der Weiſeſte der liederlichen Ehe- Scheidung, die er haſſete, einen ſo niedri- gen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0248" n="230"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> an, daß Chriſtus ſolches bey ſeinem Aus-<lb/> ſpruche nicht zum Voraus geſetzt, ſo ſtrei-<lb/> tet er abermahls mit den Regeln der<lb/> Weißheit, und was in der That einerley<lb/> waͤre, wuͤrde von Chriſto fuͤr gantz unter-<lb/> ſchiedene Dinge ausgegeben. Chriſtus<lb/> will der leichtſinnigen Ehe-Scheidung da-<lb/> durch abhelfen, daß er diejenigen, welche<lb/> nach der Scheidung wieder heiratheten,<lb/> des Ehebruchs ſchuldig erklaͤret. Man<lb/> nehme an, Chriſtus haͤtte hiebey zum Vor-<lb/> aus geſetzt, die Vielweiberey ſollte noch fer-<lb/> ner nachgeſehen werden, haͤtte aldenn auch<lb/> dieſer Ausſpruch die geringſte Kraft ge-<lb/> habt? Haͤtten ſich die Vornehmen und<lb/> Reichen nicht vor der Scheidung mit ſo<lb/> vielen Weibern verſehen koͤnnen, daß ſie<lb/> hernach nicht eine, ſondern mehrere ver-<lb/> ſtoſſen koͤnnen, ohne ſich durch eine ander-<lb/> weitige Verheirathung des Ehebruchs<lb/> nach dem Ausſpruche Chriſti ſchuldig zu<lb/> machen? Wuͤrde alsdenn dieſer Aus-<lb/> ſpruch Chriſti der leichtſinnigen Ehe-Schei-<lb/> dunge ſonderliche Grentzen geſetzet haben?<lb/> Gewiß keinesweges. Kan man nun glau-<lb/> ben, daß der Weiſeſte der liederlichen Ehe-<lb/> Scheidung, die er haſſete, einen ſo niedri-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0248]
an, daß Chriſtus ſolches bey ſeinem Aus-
ſpruche nicht zum Voraus geſetzt, ſo ſtrei-
tet er abermahls mit den Regeln der
Weißheit, und was in der That einerley
waͤre, wuͤrde von Chriſto fuͤr gantz unter-
ſchiedene Dinge ausgegeben. Chriſtus
will der leichtſinnigen Ehe-Scheidung da-
durch abhelfen, daß er diejenigen, welche
nach der Scheidung wieder heiratheten,
des Ehebruchs ſchuldig erklaͤret. Man
nehme an, Chriſtus haͤtte hiebey zum Vor-
aus geſetzt, die Vielweiberey ſollte noch fer-
ner nachgeſehen werden, haͤtte aldenn auch
dieſer Ausſpruch die geringſte Kraft ge-
habt? Haͤtten ſich die Vornehmen und
Reichen nicht vor der Scheidung mit ſo
vielen Weibern verſehen koͤnnen, daß ſie
hernach nicht eine, ſondern mehrere ver-
ſtoſſen koͤnnen, ohne ſich durch eine ander-
weitige Verheirathung des Ehebruchs
nach dem Ausſpruche Chriſti ſchuldig zu
machen? Wuͤrde alsdenn dieſer Aus-
ſpruch Chriſti der leichtſinnigen Ehe-Schei-
dunge ſonderliche Grentzen geſetzet haben?
Gewiß keinesweges. Kan man nun glau-
ben, daß der Weiſeſte der liederlichen Ehe-
Scheidung, die er haſſete, einen ſo niedri-
gen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |