Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



meiniglich, indem sie eine andere Frau zu
heirathen pflegten, auch Ehebruch begien-
gen und verursachten, daß ihre gewesene
Frau und mit ihr ein ander ebenfalls in
Ehebruch verfiele. Man schlage hiebey
zugleich nach Matth. Cap. 5. v. 32. Ein
jeder siehet, daß Christus hier als eine Er-
fahrung annimmt, und zum Voraus setzet,
daß der Mann insgemein seiner Frauen
den Scheide-Brief gegeben, wenn er zu
einer andern mehr Liebe getragen, als zu
der, so er hatte, und folglich diese abgeschie-
den um eine andere zu nehmen. Wäre
in den damahligen Zeiten die Scheidung
und die Heyrath mit einer andern Person
nicht insgemein mit einander verbunden
gewesen, so wäre gar keine Ursache zu fin-
den, warum Christus diese beyden Dinge,
da er wider die Ehescheidung geeiffert, bey
einander gesetzt, und wegen des letztern die
Männer, so der Frau ohne wichtige Ur-
sache den Scheide-Brief gegeben, unter
die Ehebrecher gezehlet. Wäre es nicht
gantz gewöhnlich gewesen und insgemein
geschehen, daß die Männer, so die Frau
geschieden, sich sogleich wieder verheirathet,
so wäre es ein schlechter Grund wider die

leicht-



meiniglich, indem ſie eine andere Frau zu
heirathen pflegten, auch Ehebruch begien-
gen und verurſachten, daß ihre geweſene
Frau und mit ihr ein ander ebenfalls in
Ehebruch verfiele. Man ſchlage hiebey
zugleich nach Matth. Cap. 5. v. 32. Ein
jeder ſiehet, daß Chriſtus hier als eine Er-
fahrung annimmt, und zum Voraus ſetzet,
daß der Mann insgemein ſeiner Frauen
den Scheide-Brief gegeben, wenn er zu
einer andern mehr Liebe getragen, als zu
der, ſo er hatte, und folglich dieſe abgeſchie-
den um eine andere zu nehmen. Waͤre
in den damahligen Zeiten die Scheidung
und die Heyrath mit einer andern Perſon
nicht insgemein mit einander verbunden
geweſen, ſo waͤre gar keine Urſache zu fin-
den, warum Chriſtus dieſe beyden Dinge,
da er wider die Eheſcheidung geeiffert, bey
einander geſetzt, und wegen des letztern die
Maͤnner, ſo der Frau ohne wichtige Ur-
ſache den Scheide-Brief gegeben, unter
die Ehebrecher gezehlet. Waͤre es nicht
gantz gewoͤhnlich geweſen und insgemein
geſchehen, daß die Maͤnner, ſo die Frau
geſchieden, ſich ſogleich wieder verheirathet,
ſo waͤre es ein ſchlechter Grund wider die

leicht-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0241" n="223"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
meiniglich, indem &#x017F;ie eine andere Frau zu<lb/>
heirathen pflegten, auch Ehebruch begien-<lb/>
gen und verur&#x017F;achten, daß ihre gewe&#x017F;ene<lb/>
Frau und mit ihr ein ander ebenfalls in<lb/>
Ehebruch verfiele. Man &#x017F;chlage hiebey<lb/>
zugleich nach Matth. Cap. 5. v. 32. Ein<lb/>
jeder &#x017F;iehet, daß Chri&#x017F;tus hier als eine Er-<lb/>
fahrung annimmt, und zum Voraus &#x017F;etzet,<lb/>
daß der Mann insgemein &#x017F;einer Frauen<lb/>
den Scheide-Brief gegeben, wenn er zu<lb/>
einer andern mehr Liebe getragen, als zu<lb/>
der, &#x017F;o er hatte, und folglich die&#x017F;e abge&#x017F;chie-<lb/>
den um eine andere zu nehmen. Wa&#x0364;re<lb/>
in den damahligen Zeiten die Scheidung<lb/>
und die Heyrath mit einer andern Per&#x017F;on<lb/>
nicht insgemein mit einander verbunden<lb/>
gewe&#x017F;en, &#x017F;o wa&#x0364;re gar keine Ur&#x017F;ache zu fin-<lb/>
den, warum Chri&#x017F;tus die&#x017F;e beyden Dinge,<lb/>
da er wider die Ehe&#x017F;cheidung geeiffert, bey<lb/>
einander ge&#x017F;etzt, und wegen des letztern die<lb/>
Ma&#x0364;nner, &#x017F;o der Frau ohne wichtige Ur-<lb/>
&#x017F;ache den Scheide-Brief gegeben, unter<lb/>
die Ehebrecher gezehlet. Wa&#x0364;re es nicht<lb/>
gantz gewo&#x0364;hnlich gewe&#x017F;en und insgemein<lb/>
ge&#x017F;chehen, daß die Ma&#x0364;nner, &#x017F;o die Frau<lb/>
ge&#x017F;chieden, &#x017F;ich &#x017F;ogleich wieder verheirathet,<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;re es ein &#x017F;chlechter Grund wider die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">leicht-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0241] meiniglich, indem ſie eine andere Frau zu heirathen pflegten, auch Ehebruch begien- gen und verurſachten, daß ihre geweſene Frau und mit ihr ein ander ebenfalls in Ehebruch verfiele. Man ſchlage hiebey zugleich nach Matth. Cap. 5. v. 32. Ein jeder ſiehet, daß Chriſtus hier als eine Er- fahrung annimmt, und zum Voraus ſetzet, daß der Mann insgemein ſeiner Frauen den Scheide-Brief gegeben, wenn er zu einer andern mehr Liebe getragen, als zu der, ſo er hatte, und folglich dieſe abgeſchie- den um eine andere zu nehmen. Waͤre in den damahligen Zeiten die Scheidung und die Heyrath mit einer andern Perſon nicht insgemein mit einander verbunden geweſen, ſo waͤre gar keine Urſache zu fin- den, warum Chriſtus dieſe beyden Dinge, da er wider die Eheſcheidung geeiffert, bey einander geſetzt, und wegen des letztern die Maͤnner, ſo der Frau ohne wichtige Ur- ſache den Scheide-Brief gegeben, unter die Ehebrecher gezehlet. Waͤre es nicht gantz gewoͤhnlich geweſen und insgemein geſchehen, daß die Maͤnner, ſo die Frau geſchieden, ſich ſogleich wieder verheirathet, ſo waͤre es ein ſchlechter Grund wider die leicht-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/241
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/241>, abgerufen am 21.11.2024.