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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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selbe so gleich erhöhen. Er kan ja so gleich
anfangen, die Heiden zu bekehren und sie zu
seinem Volck zu sammlen, die Wider-
spenstigen aber zu Boden zu werffen und
auszutilgen. Da aber die Heiden noch
so viele hundert Jahr die gröste Macht
und Herrlichkeit der Erden besitzen, das
Volck GOttes aber nicht einmal den
sichern und ruhigen Genuß eines gantz
kleinen Ländgens haben, sondern öffters
ein Opffer der Heiden werden soll, so
ist zweiffelhafft, was man von diesem
GOTT und dessen Regierung geden-
cken soll. Es ist vergebens, daß man
auf ihn hoffet und ihn verehret. Wä-
re er allmächtig und liebte die, so sich
zu ihm halten, so würde er solches ehen-
der zeigen. Und gewiß, ich drucke die-
sen Schluß für jene Zeiten noch viel zu
glimpflich aus. Man lese, wie die Frau
des Hiobs sich ausdrücket. Buch Hiob
Cap. 2. v. 9. Wer weiß nicht, was
für Gedancken bey einem Menschen ent-
stehen, wenn er lange Zeit mit widri-
gen Schicksalen streiten muß? Wir
haben gar zu wenig Einsicht in den Zu-
sammenhang der Dinge, und in die

Folgen,



ſelbe ſo gleich erhoͤhen. Er kan ja ſo gleich
anfangen, die Heiden zu bekehren und ſie zu
ſeinem Volck zu ſammlen, die Wider-
ſpenſtigen aber zu Boden zu werffen und
auszutilgen. Da aber die Heiden noch
ſo viele hundert Jahr die groͤſte Macht
und Herrlichkeit der Erden beſitzen, das
Volck GOttes aber nicht einmal den
ſichern und ruhigen Genuß eines gantz
kleinen Laͤndgens haben, ſondern oͤffters
ein Opffer der Heiden werden ſoll, ſo
iſt zweiffelhafft, was man von dieſem
GOTT und deſſen Regierung geden-
cken ſoll. Es iſt vergebens, daß man
auf ihn hoffet und ihn verehret. Waͤ-
re er allmaͤchtig und liebte die, ſo ſich
zu ihm halten, ſo wuͤrde er ſolches ehen-
der zeigen. Und gewiß, ich drucke die-
ſen Schluß fuͤr jene Zeiten noch viel zu
glimpflich aus. Man leſe, wie die Frau
des Hiobs ſich ausdruͤcket. Buch Hiob
Cap. 2. v. 9. Wer weiß nicht, was
fuͤr Gedancken bey einem Menſchen ent-
ſtehen, wenn er lange Zeit mit widri-
gen Schickſalen ſtreiten muß? Wir
haben gar zu wenig Einſicht in den Zu-
ſammenhang der Dinge, und in die

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[141/0159] ſelbe ſo gleich erhoͤhen. Er kan ja ſo gleich anfangen, die Heiden zu bekehren und ſie zu ſeinem Volck zu ſammlen, die Wider- ſpenſtigen aber zu Boden zu werffen und auszutilgen. Da aber die Heiden noch ſo viele hundert Jahr die groͤſte Macht und Herrlichkeit der Erden beſitzen, das Volck GOttes aber nicht einmal den ſichern und ruhigen Genuß eines gantz kleinen Laͤndgens haben, ſondern oͤffters ein Opffer der Heiden werden ſoll, ſo iſt zweiffelhafft, was man von dieſem GOTT und deſſen Regierung geden- cken ſoll. Es iſt vergebens, daß man auf ihn hoffet und ihn verehret. Waͤ- re er allmaͤchtig und liebte die, ſo ſich zu ihm halten, ſo wuͤrde er ſolches ehen- der zeigen. Und gewiß, ich drucke die- ſen Schluß fuͤr jene Zeiten noch viel zu glimpflich aus. Man leſe, wie die Frau des Hiobs ſich ausdruͤcket. Buch Hiob Cap. 2. v. 9. Wer weiß nicht, was fuͤr Gedancken bey einem Menſchen ent- ſtehen, wenn er lange Zeit mit widri- gen Schickſalen ſtreiten muß? Wir haben gar zu wenig Einſicht in den Zu- ſammenhang der Dinge, und in die Folgen,

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/159>, abgerufen am 24.11.2024.