Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.ein, welche zwar die Vernunfft ohn alzu grosse Mühe einsehen kann, z. E. daß ein jeder müsse dem andern das Seine lassen: aber es erfordert diese Einsicht doch einen aufgemunderten Verstand, und ist dero- wegen nicht gleich ein jeder im Stande die natürliche Verbindlichkeit darzu einzu- sehen. Damit nun auch Einfältige von dergleichen Wahrheiten und Pflichten eine rechte Uberführung bekommen mögen, und die Klugen mit Gewißheit erkennen lernen, daß solche Pflichten auch nach dem Tode etwas nach sich ziehen, so offenbahret GOtt auch solche Lehren und Pflichten, welche sonst die blosse Vernunfft mit Gewißheit ausmachen kann, und zeigt, daß damit nicht nur zeitliche sondern auch ewige Straffen und Belohnungen verknüpfft seyn. GOtt bedienet sich dabey eines Beweises, wel- cher so viel vermag, als die genaueste phi- losophische Verbindung eines Satzes mit seinen Gründen, und doch zugleich von Einfältigen gar leicht kann eingesehen wer- den. GOtt bekräfftiget seine Offenbah- rungen durch Wunder-Wercke. Wie leicht ist es hier nicht auch einen Ungelehr- ten zu schliessen: wem GOtt das Ver- mögen Wunder-Wercke zu verrichten mit- thei-
ein, welche zwar die Vernunfft ohn alzu groſſe Muͤhe einſehen kann, z. E. daß ein jeder muͤſſe dem andern das Seine laſſen: aber es erfordert dieſe Einſicht doch einen aufgemunderten Verſtand, und iſt dero- wegen nicht gleich ein jeder im Stande die natuͤrliche Verbindlichkeit darzu einzu- ſehen. Damit nun auch Einfaͤltige von dergleichen Wahrheiten und Pflichten eine rechte Uberfuͤhrung bekommen moͤgen, und die Klugen mit Gewißheit erkennen lernen, daß ſolche Pflichten auch nach dem Tode etwas nach ſich ziehen, ſo offenbahret GOtt auch ſolche Lehren und Pflichten, welche ſonſt die bloſſe Vernunfft mit Gewißheit ausmachen kann, und zeigt, daß damit nicht nur zeitliche ſondern auch ewige Straffen und Belohnungen verknuͤpfft ſeyn. GOtt bedienet ſich dabey eines Beweiſes, wel- cher ſo viel vermag, als die genaueſte phi- loſophiſche Verbindung eines Satzes mit ſeinen Gruͤnden, und doch zugleich von Einfaͤltigen gar leicht kann eingeſehen wer- den. GOtt bekraͤfftiget ſeine Offenbah- rungen durch Wunder-Wercke. Wie leicht iſt es hier nicht auch einen Ungelehr- ten zu ſchlieſſen: wem GOtt das Ver- moͤgen Wunder-Wercke zu verrichten mit- thei-
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groſſe Muͤhe einſehen kann, z. E. daß ein
jeder muͤſſe dem andern das Seine laſſen:
aber es erfordert dieſe Einſicht doch einen
aufgemunderten Verſtand, und iſt dero-
wegen nicht gleich ein jeder im Stande
die natuͤrliche Verbindlichkeit darzu einzu-
ſehen. Damit nun auch Einfaͤltige von
dergleichen Wahrheiten und Pflichten eine
rechte Uberfuͤhrung bekommen moͤgen, und
die Klugen mit Gewißheit erkennen lernen,
daß ſolche Pflichten auch nach dem Tode
etwas nach ſich ziehen, ſo offenbahret GOtt
auch ſolche Lehren und Pflichten, welche
ſonſt die bloſſe Vernunfft mit Gewißheit
ausmachen kann, und zeigt, daß damit nicht
nur zeitliche ſondern auch ewige Straffen
und Belohnungen verknuͤpfft ſeyn. GOtt
bedienet ſich dabey eines Beweiſes, wel-
cher ſo viel vermag, als die genaueſte phi-
loſophiſche Verbindung eines Satzes mit
ſeinen Gruͤnden, und doch zugleich von
Einfaͤltigen gar leicht kann eingeſehen wer-
den. GOtt bekraͤfftiget ſeine Offenbah-
rungen durch Wunder-Wercke. Wie
leicht iſt es hier nicht auch einen Ungelehr-
ten zu ſchlieſſen: wem GOtt das Ver-
moͤgen Wunder-Wercke zu verrichten mit-
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