Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.auch über eine Sache vergnügen, welche unsere Vollkommenheiten nicht vermeh- ren, blos deswegen, weil wir schon gewisse Vollkommenheiten besitzen, die dieses Ver- gnügen in uns verursachen. Z. E. Wenn wir leutselig und mitleidig sind,| und hören daß ein unschuldig verdammter auf eine wunderbahre Weise ist gerettet worden, so freuen wir uns und empfinden darüber ein recht innerliches Vergnügen, ob wir gleich nicht den geringsten Vortheil davon zu erwarten haben, sondern bloß weil un- sere Leutseligkeit unser Gemüth zum Mit- leiden über solche Leute beweget. Ja es kann so gar eine auf diese Weise erdichtete Geschichte in einem Roman diese ver- gnügte Empfindung bey einem| leutseligen Gemüth erregen. Daß also gewiß ist: es kann sich einer, der gewisse innere Voll- kommenheiten hat, vermöge derselben über etwas vergnügen und selbiges lieben, ohne daß er dadurch neuer Vorzüge theilhafftig wird. §. 7. GOTT ist das allervollkommensteWoher oder B 3
auch uͤber eine Sache vergnuͤgen, welche unſere Vollkommenheiten nicht vermeh- ren, blos deswegen, weil wir ſchon gewiſſe Vollkommenheiten beſitzen, die dieſes Ver- gnuͤgen in uns verurſachen. Z. E. Wenn wir leutſelig und mitleidig ſind,| und hoͤren daß ein unſchuldig verdammter auf eine wunderbahre Weiſe iſt gerettet worden, ſo freuen wir uns und empfinden daruͤber ein recht innerliches Vergnuͤgen, ob wir gleich nicht den geringſten Vortheil davon zu erwarten haben, ſondern bloß weil un- ſere Leutſeligkeit unſer Gemuͤth zum Mit- leiden uͤber ſolche Leute beweget. Ja es kann ſo gar eine auf dieſe Weiſe erdichtete Geſchichte in einem Roman dieſe ver- gnuͤgte Empfindung bey einem| leutſeligen Gemuͤth erregen. Daß alſo gewiß iſt: es kann ſich einer, der gewiſſe innere Voll- kommenheiten hat, vermoͤge derſelben uͤber etwas vergnuͤgen und ſelbiges lieben, ohne daß er dadurch neuer Vorzuͤge theilhafftig wird. §. 7. GOTT iſt das allervollkommenſteWoher oder B 3
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auch uͤber eine Sache vergnuͤgen, welche
unſere Vollkommenheiten nicht vermeh-
ren, blos deswegen, weil wir ſchon gewiſſe
Vollkommenheiten beſitzen, die dieſes Ver-
gnuͤgen in uns verurſachen. Z. E. Wenn
wir leutſelig und mitleidig ſind,| und hoͤren
daß ein unſchuldig verdammter auf eine
wunderbahre Weiſe iſt gerettet worden,
ſo freuen wir uns und empfinden daruͤber
ein recht innerliches Vergnuͤgen, ob wir
gleich nicht den geringſten Vortheil davon
zu erwarten haben, ſondern bloß weil un-
ſere Leutſeligkeit unſer Gemuͤth zum Mit-
leiden uͤber ſolche Leute beweget. Ja es
kann ſo gar eine auf dieſe Weiſe erdichtete
Geſchichte in einem Roman dieſe ver-
gnuͤgte Empfindung bey einem| leutſeligen
Gemuͤth erregen. Daß alſo gewiß iſt:
es kann ſich einer, der gewiſſe innere Voll-
kommenheiten hat, vermoͤge derſelben uͤber
etwas vergnuͤgen und ſelbiges lieben, ohne
daß er dadurch neuer Vorzuͤge theilhafftig
wird.
§. 7.
GOTT iſt das allervollkommenſte
Weſen, und iſt ſelbiges von Ewigkeit her
geweſen. Es koͤnnen alſo ſeine Vollkom-
menheiten in ihm durch nichts erhoͤhet
oder
Woher
die Liebe
GOttes
gegen die
Geſchoͤpf-
fe ruͤhre?
B 3
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