Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.und Gelegenheit nothwendig aus dem Glauben erfolgen. Man kan durch den blossen Glauben ohne gute Wercke ver- richtet zu haben ein Bürger GOttes werden; allein man kan ohne gute Werke kein treuer Bürger GOttes blei- ben. Ein jeder, der die Sache über- dencket, wird dieses zugeben. Wir wollen daher Kürtze halber solches nicht weitläuftig beweisen. Dieses zum vor- aus gesetzet wollen wir untersuchen, was bey den beyden Aposteln Paulus und Jacobus rechtfertigen heisse. Rechtfer- tigen heisset überhaupt bey GOtt einen Sünder wieder für gerecht, für einen treuen Bürger, oder nach der Erklärung Ja[c]o- bi Jac. Cap. 2. v. 23. für seinen Freund erklären, und könte das griechische Wort unserer Meinung nach am besten übersetzet werden, für gerecht erklären. Dieses aber leidet zweyerlei Erklärung. Erst- lich kan es so viel bedeuten: jemand un- ter die guten Bürger und Freunde wie- der aufnehmen; zweytens aber kan es auch heissen: jemand für gerecht und für sei- nen Freund erklären, dergestalt, daß man ihn unter diejenigen zählet, die schon lan- ge gerecht und gute Bürger gewesen sind. Jst unsere Einsicht nicht zu schwach, so sind diese beyderlei Bedeutungen des Worts
und Gelegenheit nothwendig aus dem Glauben erfolgen. Man kan durch den bloſſen Glauben ohne gute Wercke ver- richtet zu haben ein Buͤrger GOttes werden; allein man kan ohne gute Werke kein treuer Buͤrger GOttes blei- ben. Ein jeder, der die Sache uͤber- dencket, wird dieſes zugeben. Wir wollen daher Kuͤrtze halber ſolches nicht weitlaͤuftig beweiſen. Dieſes zum vor- aus geſetzet wollen wir unterſuchen, was bey den beyden Apoſteln Paulus und Jacobus rechtfertigen heiſſe. Rechtfer- tigen heiſſet uͤberhaupt bey GOtt einen Suͤnder wieder fuͤr gerecht, fuͤr einen treuen Buͤrger, oder nach der Erklaͤrung Ja[c]o- bi Jac. Cap. 2. v. 23. fuͤr ſeinen Freund erklaͤren, und koͤnte das griechiſche Wort unſerer Meinung nach am beſten uͤberſetzet werden, fuͤr gerecht erklaͤren. Dieſes aber leidet zweyerlei Erklaͤrung. Erſt- lich kan es ſo viel bedeuten: jemand un- ter die guten Buͤrger und Freunde wie- der aufnehmen; zweytens aber kan es auch heiſſen: jemand fuͤr gerecht und fuͤr ſei- nen Freund erklaͤren, dergeſtalt, daß man ihn unter diejenigen zaͤhlet, die ſchon lan- ge gerecht und gute Buͤrger geweſen ſind. Jſt unſere Einſicht nicht zu ſchwach, ſo ſind dieſe beyderlei Bedeutungen des Worts
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bloſſen Glauben ohne gute Wercke ver-
richtet zu haben ein Buͤrger GOttes
werden; allein man kan ohne gute
Werke kein treuer Buͤrger GOttes blei-
ben. Ein jeder, der die Sache uͤber-
dencket, wird dieſes zugeben. Wir
wollen daher Kuͤrtze halber ſolches nicht
weitlaͤuftig beweiſen. Dieſes zum vor-
aus geſetzet wollen wir unterſuchen, was
bey den beyden Apoſteln Paulus und
Jacobus rechtfertigen heiſſe. Rechtfer-
tigen heiſſet uͤberhaupt bey GOtt einen
Suͤnder wieder fuͤr gerecht, fuͤr einen treuen
Buͤrger, oder nach der Erklaͤrung Jaco-
bi Jac. Cap. 2. v. 23. fuͤr ſeinen Freund
erklaͤren, und koͤnte das griechiſche Wort
unſerer Meinung nach am beſten uͤberſetzet
werden, fuͤr gerecht erklaͤren. Dieſes
aber leidet zweyerlei Erklaͤrung. Erſt-
lich kan es ſo viel bedeuten: jemand un-
ter die guten Buͤrger und Freunde wie-
der aufnehmen; zweytens aber kan es auch
heiſſen: jemand fuͤr gerecht und fuͤr ſei-
nen Freund erklaͤren, dergeſtalt, daß man
ihn unter diejenigen zaͤhlet, die ſchon lan-
ge gerecht und gute Buͤrger geweſen ſind.
Jſt unſere Einſicht nicht zu ſchwach, ſo
ſind dieſe beyderlei Bedeutungen des
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