Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.su huldiget und den Eid der Treue ab- schweret: (§. 9.) folglich geschiehet die Rechtfertigung eher, als ein solcher Mensch gute Wercke thun kan. Denn die Wercke, welche ein Mensch thut, ehe er GOtt, seine Zeugnisse und Ord- nungen geziemender massen annimmt, können demselben nicht als etwas gu- tes dergestalt beygeleget werden, daß ihn solches in den Augen GOttes zu einem würdigen Gliede seines Reiches machte. Die Ursache liegt am Tage. Man las- se einen Rebellen ausser dem Reiche, des- sen Haupte er sich unterwerffen solte, noch so viel Gutes thun, wird ihn dieses von seinem rechtmäßigen Könige, so lange als er ihn nicht für seinen Herrn erken- nen und seine Gesetze annehmen will, als ein Verdienst können zugerechnet werden, um deßwillen er diesen wie- derspänstigen Kopf unter seine treu- en Bürger zählen könte? Niemand wird dieses bejahen. Kan dieses aber nicht seyn, so können auch keine Wer- cke, die der Sünder ohne Glauben an GOtt und seine Zeugnisse verrichtet, eine Bedingung seiner Rechtfertigung abgeben. Denn alles, was er verrich- tet, thut er bloß seinetwegen als ein wi- derspänstiger Rebell ohne die geringste Ab-
ſu huldiget und den Eid der Treue ab- ſchweret: (§. 9.) folglich geſchiehet die Rechtfertigung eher, als ein ſolcher Menſch gute Wercke thun kan. Denn die Wercke, welche ein Menſch thut, ehe er GOtt, ſeine Zeugniſſe und Ord- nungen geziemender maſſen annimmt, koͤnnen demſelben nicht als etwas gu- tes dergeſtalt beygeleget werden, daß ihn ſolches in den Augen GOttes zu einem wuͤrdigen Gliede ſeines Reiches machte. Die Urſache liegt am Tage. Man laſ- ſe einen Rebellen auſſer dem Reiche, deſ- ſen Haupte er ſich unterwerffen ſolte, noch ſo viel Gutes thun, wird ihn dieſes von ſeinem rechtmaͤßigen Koͤnige, ſo lange als er ihn nicht fuͤr ſeinen Herrn erken- nen und ſeine Geſetze annehmen will, als ein Verdienſt koͤnnen zugerechnet werden, um deßwillen er dieſen wie- derſpaͤnſtigen Kopf unter ſeine treu- en Buͤrger zaͤhlen koͤnte? Niemand wird dieſes bejahen. Kan dieſes aber nicht ſeyn, ſo koͤnnen auch keine Wer- cke, die der Suͤnder ohne Glauben an GOtt und ſeine Zeugniſſe verrichtet, eine Bedingung ſeiner Rechtfertigung abgeben. Denn alles, was er verrich- tet, thut er bloß ſeinetwegen als ein wi- derſpaͤnſtiger Rebell ohne die geringſte Ab-
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ſu huldiget und den Eid der Treue ab-
ſchweret: (§. 9.) folglich geſchiehet
die Rechtfertigung eher, als ein ſolcher
Menſch gute Wercke thun kan. Denn
die Wercke, welche ein Menſch thut,
ehe er GOtt, ſeine Zeugniſſe und Ord-
nungen geziemender maſſen annimmt,
koͤnnen demſelben nicht als etwas gu-
tes dergeſtalt beygeleget werden, daß ihn
ſolches in den Augen GOttes zu einem
wuͤrdigen Gliede ſeines Reiches machte.
Die Urſache liegt am Tage. Man laſ-
ſe einen Rebellen auſſer dem Reiche, deſ-
ſen Haupte er ſich unterwerffen ſolte, noch
ſo viel Gutes thun, wird ihn dieſes von
ſeinem rechtmaͤßigen Koͤnige, ſo lange
als er ihn nicht fuͤr ſeinen Herrn erken-
nen und ſeine Geſetze annehmen will,
als ein Verdienſt koͤnnen zugerechnet
werden, um deßwillen er dieſen wie-
derſpaͤnſtigen Kopf unter ſeine treu-
en Buͤrger zaͤhlen koͤnte? Niemand
wird dieſes bejahen. Kan dieſes aber
nicht ſeyn, ſo koͤnnen auch keine Wer-
cke, die der Suͤnder ohne Glauben an
GOtt und ſeine Zeugniſſe verrichtet,
eine Bedingung ſeiner Rechtfertigung
abgeben. Denn alles, was er verrich-
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 506[502]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/538>, abgerufen am 16.07.2024. |