gebrauchen das Wort glauben nur von dem Beyfall, den wir einer Sache we- gen des Zeugnisses eines andern oder we- gen anderer nur wahrscheinlichen Grün- de geben, und sagen, was man bewei- sen könne, wisse man gewiß, was uns aber ein ander erzähle oder nur mit wahr- scheinlichen Muthmassungen erkannt wer- de, müsse man glauben. (**) Diese se- tzen also Wissenschaft und Glauben ein- ander entgegen. Wir aber nehmen hier des Wort glauben überhaupt betrach- tet in der ersten Bedeutung, mit dem Zusatz, daß es uns eben so viel heisset als etwas für eine so gewisse Wahr- heit annehmen, daß man sich auf die Gewißheit derselben völlig ver- lässet, es mag solches aus histori- schen oder andern Gründen oder auch aus beyden zugleich erkannt werden. Nach der Schrift heisset denn glauben so viel, als GOtt und seine heiligsten Zeugnisse von sich und den nöthigen Stücken unserer
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sem Worte beyzulegen seyn, besonders da sie auch viele von solchen Wahrhei- ten vorträgt, die unsere Vernunft auf das bündigste beweisen kan.
(**) Siehe REUSCHII Systema Logicum Cap. XII. §. 664. sqq. pag. 754. sqq.
gebrauchen das Wort glauben nur von dem Beyfall, den wir einer Sache we- gen des Zeugniſſes eines andern oder we- gen anderer nur wahrſcheinlichen Gruͤn- de geben, und ſagen, was man bewei- ſen koͤnne, wiſſe man gewiß, was uns aber ein ander erzaͤhle oder nur mit wahr- ſcheinlichen Muthmaſſungen erkannt wer- de, muͤſſe man glauben. (**) Dieſe ſe- tzen alſo Wiſſenſchaft und Glauben ein- ander entgegen. Wir aber nehmen hier des Wort glauben uͤberhaupt betrach- tet in der erſten Bedeutung, mit dem Zuſatz, daß es uns eben ſo viel heiſſet als etwas fuͤr eine ſo gewiſſe Wahr- heit annehmen, daß man ſich auf die Gewißheit derſelben voͤllig ver- laͤſſet, es mag ſolches aus hiſtori- ſchen oder andern Gruͤnden oder auch aus beyden zugleich erkannt werden. Nach der Schrift heiſſet denn glauben ſo viel, als GOtt und ſeine heiligſten Zeugniſſe von ſich und den noͤthigen Stuͤcken unſerer
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ſem Worte beyzulegen ſeyn, beſonders da ſie auch viele von ſolchen Wahrhei- ten vortraͤgt, die unſere Vernunft auf das buͤndigſte beweiſen kan.
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[496[492]/0528]
gebrauchen das Wort glauben nur von
dem Beyfall, den wir einer Sache we-
gen des Zeugniſſes eines andern oder we-
gen anderer nur wahrſcheinlichen Gruͤn-
de geben, und ſagen, was man bewei-
ſen koͤnne, wiſſe man gewiß, was uns
aber ein ander erzaͤhle oder nur mit wahr-
ſcheinlichen Muthmaſſungen erkannt wer-
de, muͤſſe man glauben. (**) Dieſe ſe-
tzen alſo Wiſſenſchaft und Glauben ein-
ander entgegen. Wir aber nehmen hier
des Wort glauben uͤberhaupt betrach-
tet in der erſten Bedeutung, mit dem
Zuſatz, daß es uns eben ſo viel heiſſet
als etwas fuͤr eine ſo gewiſſe Wahr-
heit annehmen, daß man ſich auf
die Gewißheit derſelben voͤllig ver-
laͤſſet, es mag ſolches aus hiſtori-
ſchen oder andern Gruͤnden oder
auch aus beyden zugleich erkannt
werden. Nach der Schrift heiſſet
denn glauben ſo viel, als GOtt und
ſeine heiligſten Zeugniſſe von ſich
und den noͤthigen Stuͤcken unſerer
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(*)
(**) Siehe REUSCHII Syſtema Logicum
Cap. XII. §. 664. ſqq. pag. 754. ſqq.
(*) ſem Worte beyzulegen ſeyn, beſonders
da ſie auch viele von ſolchen Wahrhei-
ten vortraͤgt, die unſere Vernunft auf das
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 496[492]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/528>, abgerufen am 27.11.2024.
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