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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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uns und die Welt durch unsere Laster in
Unordnung und Unruhe setzen? Jst es
aber schwehr sein gantzes Gemüth zu än-
dern, ist es schwehr die natürlichen Nei-
gungen zu besiegen, gehöret viel Ueber-
legung und ein grosser Kampf dazu, kan
man von den Grentzen der Höllen nicht
durch einen Sprung vor die Pforte des
Himmels kommen, so sage man ob es
vernünftig, wenn man diese so grosse
und wichtige Veränderung auf eine
Stunde verschiebt, die höchst ungewiß
ist? Jst es weise, wenn man ein so gros-
ses Werck in einer sehr kurtzen Zeit aus-
zuführen gedencket? Jst es klug, ein
Werck, daß die gröste Ueberlegung und
Ueberwindung seiner selbst erfordert, auf
eine Zeit auszusetzen, wo der Verstand
durch die Schmertzen und die Furcht
des Todes gantz verwirret, die Gedan-
cken durch die unordentlichen Bewegun-
gen des Leibes zerstreuet und die Kräfte
der Seelen ausser den Stand gesetzet
werden, wichtige Dinge zu überlegen?
Daß die Bekehrung aber sehr schwehr
sey, erhellet eben daraus, weil man sie
immer von einer Zeit zur andern ausse-
tzet und sich so sehr scheuet an der ver-
derbten Seele zu arbeiten. Pflegen wir
sonst wol so sehr zu zaudern eine Sache
anzugreiffen, die in einem Augenblick

voll-





uns und die Welt durch unſere Laſter in
Unordnung und Unruhe ſetzen? Jſt es
aber ſchwehr ſein gantzes Gemuͤth zu aͤn-
dern, iſt es ſchwehr die natuͤrlichen Nei-
gungen zu beſiegen, gehoͤret viel Ueber-
legung und ein groſſer Kampf dazu, kan
man von den Grentzen der Hoͤllen nicht
durch einen Sprung vor die Pforte des
Himmels kommen, ſo ſage man ob es
vernuͤnftig, wenn man dieſe ſo groſſe
und wichtige Veraͤnderung auf eine
Stunde verſchiebt, die hoͤchſt ungewiß
iſt? Jſt es weiſe, wenn man ein ſo groſ-
ſes Werck in einer ſehr kurtzen Zeit aus-
zufuͤhren gedencket? Jſt es klug, ein
Werck, daß die groͤſte Ueberlegung und
Ueberwindung ſeiner ſelbſt erfordert, auf
eine Zeit auszuſetzen, wo der Verſtand
durch die Schmertzen und die Furcht
des Todes gantz verwirret, die Gedan-
cken durch die unordentlichen Bewegun-
gen des Leibes zerſtreuet und die Kraͤfte
der Seelen auſſer den Stand geſetzet
werden, wichtige Dinge zu uͤberlegen?
Daß die Bekehrung aber ſehr ſchwehr
ſey, erhellet eben daraus, weil man ſie
immer von einer Zeit zur andern ausſe-
tzet und ſich ſo ſehr ſcheuet an der ver-
derbten Seele zu arbeiten. Pflegen wir
ſonſt wol ſo ſehr zu zaudern eine Sache
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[476[472]/0508] uns und die Welt durch unſere Laſter in Unordnung und Unruhe ſetzen? Jſt es aber ſchwehr ſein gantzes Gemuͤth zu aͤn- dern, iſt es ſchwehr die natuͤrlichen Nei- gungen zu beſiegen, gehoͤret viel Ueber- legung und ein groſſer Kampf dazu, kan man von den Grentzen der Hoͤllen nicht durch einen Sprung vor die Pforte des Himmels kommen, ſo ſage man ob es vernuͤnftig, wenn man dieſe ſo groſſe und wichtige Veraͤnderung auf eine Stunde verſchiebt, die hoͤchſt ungewiß iſt? Jſt es weiſe, wenn man ein ſo groſ- ſes Werck in einer ſehr kurtzen Zeit aus- zufuͤhren gedencket? Jſt es klug, ein Werck, daß die groͤſte Ueberlegung und Ueberwindung ſeiner ſelbſt erfordert, auf eine Zeit auszuſetzen, wo der Verſtand durch die Schmertzen und die Furcht des Todes gantz verwirret, die Gedan- cken durch die unordentlichen Bewegun- gen des Leibes zerſtreuet und die Kraͤfte der Seelen auſſer den Stand geſetzet werden, wichtige Dinge zu uͤberlegen? Daß die Bekehrung aber ſehr ſchwehr ſey, erhellet eben daraus, weil man ſie immer von einer Zeit zur andern ausſe- tzet und ſich ſo ſehr ſcheuet an der ver- derbten Seele zu arbeiten. Pflegen wir ſonſt wol ſo ſehr zu zaudern eine Sache anzugreiffen, die in einem Augenblick voll-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 476[472]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/508>, abgerufen am 29.11.2024.