Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.angebothene Gnade verachten. Chri- stus hat auch für die künftigen Sünden gnug gethan, nicht aber dergestalt, daß sie uns nicht schaden sollen, wenn wir dar- inne beharren, sondern daß uns dabey, so lange wir hier leben, die Gnaden- mittel zu einer seeligen Umkehrung be- ständig dargebothen werden. Ob gleich die Sünder fortfahren ihren bösen Ver- gnügen zu folgen, so will GOtt doch vermöge der Gnugthuung Christi nicht aufhören sich gegen sie in so weit als einen Vater zu erweisen: er will ihnen noch beständig seine liebreiche Hand darbie- then, er will ihnen in seinem Wort zu- rufen ihre unseelige Gesellschaft zu ver- lassen, er will ihnen unter der Bedingung wahrer Busse die begangenen Sünden vergeben und die betrübten Folgen der- selben aufheben. (Siehe Betracht. VIII. §. 19. 20.) Verachten sie aber diese Gna- de, so will er sie auch ihrem Verderben überlassen. Wer derowegen sich überre- det, daß die Gnugthuung Christi deswe- gen geschehen, daß man sicher sündigen könne, der nimmt etwas an, so der Schrift und dem Wesen einer Gnug- thuung entgegen ist. Eben so ungegrün- det ist dieser Satz: Christus hat uns den Himmel dergestalt erworben, daß wir bey der unordentlichen Verfassung unsers Ge- G g 3
angebothene Gnade verachten. Chri- ſtus hat auch fuͤr die kuͤnftigen Suͤnden gnug gethan, nicht aber dergeſtalt, daß ſie uns nicht ſchaden ſollen, wenn wir dar- inne beharren, ſondern daß uns dabey, ſo lange wir hier leben, die Gnaden- mittel zu einer ſeeligen Umkehrung be- ſtaͤndig dargebothen werden. Ob gleich die Suͤnder fortfahren ihren boͤſen Ver- gnuͤgen zu folgen, ſo will GOtt doch vermoͤge der Gnugthuung Chriſti nicht aufhoͤren ſich gegen ſie in ſo weit als einen Vater zu erweiſen: er will ihnen noch beſtaͤndig ſeine liebreiche Hand darbie- then, er will ihnen in ſeinem Wort zu- rufen ihre unſeelige Geſellſchaft zu ver- laſſen, er will ihnen unter der Bedingung wahrer Buſſe die begangenen Suͤnden vergeben und die betruͤbten Folgen der- ſelben aufheben. (Siehe Betracht. VIII. §. 19. 20.) Verachten ſie aber dieſe Gna- de, ſo will er ſie auch ihrem Verderben uͤberlaſſen. Wer derowegen ſich uͤberre- det, daß die Gnugthuung Chriſti deswe- gen geſchehen, daß man ſicher ſuͤndigen koͤnne, der nimmt etwas an, ſo der Schrift und dem Weſen einer Gnug- thuung entgegen iſt. Eben ſo ungegruͤn- det iſt dieſer Satz: Chriſtus hat uns den Himmel dergeſtalt erworben, daß wir bey der unordentlichen Verfaſſung unſers Ge- G g 3
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ſtus hat auch fuͤr die kuͤnftigen Suͤnden
gnug gethan, nicht aber dergeſtalt, daß
ſie uns nicht ſchaden ſollen, wenn wir dar-
inne beharren, ſondern daß uns dabey,
ſo lange wir hier leben, die Gnaden-
mittel zu einer ſeeligen Umkehrung be-
ſtaͤndig dargebothen werden. Ob gleich
die Suͤnder fortfahren ihren boͤſen Ver-
gnuͤgen zu folgen, ſo will GOtt doch
vermoͤge der Gnugthuung Chriſti nicht
aufhoͤren ſich gegen ſie in ſo weit als einen
Vater zu erweiſen: er will ihnen noch
beſtaͤndig ſeine liebreiche Hand darbie-
then, er will ihnen in ſeinem Wort zu-
rufen ihre unſeelige Geſellſchaft zu ver-
laſſen, er will ihnen unter der Bedingung
wahrer Buſſe die begangenen Suͤnden
vergeben und die betruͤbten Folgen der-
ſelben aufheben. (Siehe Betracht. VIII.
§. 19. 20.) Verachten ſie aber dieſe Gna-
de, ſo will er ſie auch ihrem Verderben
uͤberlaſſen. Wer derowegen ſich uͤberre-
det, daß die Gnugthuung Chriſti deswe-
gen geſchehen, daß man ſicher ſuͤndigen
koͤnne, der nimmt etwas an, ſo der
Schrift und dem Weſen einer Gnug-
thuung entgegen iſt. Eben ſo ungegruͤn-
det iſt dieſer Satz: Chriſtus hat uns den
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bey der unordentlichen Verfaſſung unſers
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