Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





man gleich meinen solte, es wäre der Lie-
be des höchsten Wesens anständiger einen
solchen Menschen durch ein Wunder zu er-
halten Kommt ein Hagelwetter, so schmeis-
set solches den Acker des Gerechten so wol
nieder als die Früchte des Ungerechten.
Und so finden wir überhaupt, daß GOtt
von den Gesetzen der Natur ohne die äus-
serste Nothwendigkeit niemahls abgehet.
Wir können daraus schliessen: GOtt hat
eine Geneigtheit alles so zu ordnen, daß die
gröste Accuratesse und Uebereinstimmung
darinne zu finden, dergestalt, daß das er-
stere das folgende hervorbringet, und der
Erfolg so beschaffen, wie die vorhergehen-
den Ursachen es mit sich bringen. Wer
solte zweifeln, daß es die Schönheit der
Welt vermehre, wenn er in dem Zusam-
menhange der freien Handlungen gleiche
Accuratesse und Uebereinstimmung beob-
achte, und dadurch Proben seiner unend-
lichen
Gerechtigkeit ablege, und daß er ei-
ne gleiche Neigung dazu habe? Nun aber
fragt sichs, wie soll dieses geschehen? Die
Menschen haben gesündiget, und sich da-
durch in die betrübten Umstände gesetzt,
daß sie aus einem Elend in das andere
kommen. Soll hier kein Wunderwerck
geschehen, so sind wir ewig unglücklich. (§
19.) Soll aber die Allmacht GOttes sich
ins Mittel schlagen, so ist keine Ueberein-

stim-
C c 3





man gleich meinen ſolte, es waͤre der Lie-
be des hoͤchſten Weſens anſtaͤndiger einen
ſolchen Menſchen durch ein Wunder zu er-
halten Kommt ein Hagelwetter, ſo ſchmeiſ-
ſet ſolches den Acker des Gerechten ſo wol
nieder als die Fruͤchte des Ungerechten.
Und ſo finden wir uͤberhaupt, daß GOtt
von den Geſetzen der Natur ohne die aͤuſ-
ſerſte Nothwendigkeit niemahls abgehet.
Wir koͤnnen daraus ſchlieſſen: GOtt hat
eine Geneigtheit alles ſo zu ordnen, daß die
groͤſte Accurateſſe und Uebereinſtimmung
darinne zu finden, dergeſtalt, daß das er-
ſtere das folgende hervorbringet, und der
Erfolg ſo beſchaffen, wie die vorhergehen-
den Urſachen es mit ſich bringen. Wer
ſolte zweifeln, daß es die Schoͤnheit der
Welt vermehre, wenn er in dem Zuſam-
menhange der freien Handlungen gleiche
Accurateſſe und Uebereinſtimmung beob-
achte, und dadurch Proben ſeiner unend-
lichen
Gerechtigkeit ablege, und daß er ei-
ne gleiche Neigung dazu habe? Nun aber
fragt ſichs, wie ſoll dieſes geſchehen? Die
Menſchen haben geſuͤndiget, und ſich da-
durch in die betruͤbten Umſtaͤnde geſetzt,
daß ſie aus einem Elend in das andere
kommen. Soll hier kein Wunderwerck
geſchehen, ſo ſind wir ewig ungluͤcklich. (§
19.) Soll aber die Allmacht GOttes ſich
ins Mittel ſchlagen, ſo iſt keine Ueberein-

ſtim-
C c 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0437" n="405[401]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
man gleich meinen &#x017F;olte, es wa&#x0364;re der Lie-<lb/>
be des ho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;ens an&#x017F;ta&#x0364;ndiger einen<lb/>
&#x017F;olchen Men&#x017F;chen durch ein Wunder zu er-<lb/>
halten Kommt ein Hagelwetter, &#x017F;o &#x017F;chmei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et &#x017F;olches den Acker des Gerechten &#x017F;o wol<lb/>
nieder als die Fru&#x0364;chte des Ungerechten.<lb/>
Und &#x017F;o finden wir u&#x0364;berhaupt, daß GOtt<lb/>
von den Ge&#x017F;etzen der Natur ohne die a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er&#x017F;te Nothwendigkeit niemahls abgehet.<lb/>
Wir ko&#x0364;nnen daraus &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en: GOtt hat<lb/>
eine Geneigtheit alles &#x017F;o zu ordnen, daß die<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;te Accurate&#x017F;&#x017F;e und Ueberein&#x017F;timmung<lb/>
darinne zu finden, derge&#x017F;talt, daß das er-<lb/>
&#x017F;tere das folgende hervorbringet, und der<lb/>
Erfolg &#x017F;o be&#x017F;chaffen, wie die vorhergehen-<lb/>
den Ur&#x017F;achen es mit &#x017F;ich bringen. Wer<lb/>
&#x017F;olte zweifeln, daß es die Scho&#x0364;nheit der<lb/>
Welt vermehre, wenn er in dem Zu&#x017F;am-<lb/>
menhange der freien Handlungen gleiche<lb/>
Accurate&#x017F;&#x017F;e und Ueberein&#x017F;timmung beob-<lb/>
achte, und dadurch Proben &#x017F;einer <hi rendition="#fr">unend-<lb/>
lichen</hi> Gerechtigkeit ablege, und daß er ei-<lb/>
ne gleiche Neigung dazu habe? Nun aber<lb/>
fragt &#x017F;ichs, wie &#x017F;oll die&#x017F;es ge&#x017F;chehen? Die<lb/>
Men&#x017F;chen haben ge&#x017F;u&#x0364;ndiget, und &#x017F;ich da-<lb/>
durch in die betru&#x0364;bten Um&#x017F;ta&#x0364;nde ge&#x017F;etzt,<lb/>
daß &#x017F;ie aus einem Elend in das andere<lb/>
kommen. Soll hier kein Wunderwerck<lb/>
ge&#x017F;chehen, &#x017F;o &#x017F;ind wir ewig unglu&#x0364;cklich. (§<lb/>
19.) Soll aber die Allmacht GOttes &#x017F;ich<lb/>
ins Mittel &#x017F;chlagen, &#x017F;o i&#x017F;t keine Ueberein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tim-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405[401]/0437] man gleich meinen ſolte, es waͤre der Lie- be des hoͤchſten Weſens anſtaͤndiger einen ſolchen Menſchen durch ein Wunder zu er- halten Kommt ein Hagelwetter, ſo ſchmeiſ- ſet ſolches den Acker des Gerechten ſo wol nieder als die Fruͤchte des Ungerechten. Und ſo finden wir uͤberhaupt, daß GOtt von den Geſetzen der Natur ohne die aͤuſ- ſerſte Nothwendigkeit niemahls abgehet. Wir koͤnnen daraus ſchlieſſen: GOtt hat eine Geneigtheit alles ſo zu ordnen, daß die groͤſte Accurateſſe und Uebereinſtimmung darinne zu finden, dergeſtalt, daß das er- ſtere das folgende hervorbringet, und der Erfolg ſo beſchaffen, wie die vorhergehen- den Urſachen es mit ſich bringen. Wer ſolte zweifeln, daß es die Schoͤnheit der Welt vermehre, wenn er in dem Zuſam- menhange der freien Handlungen gleiche Accurateſſe und Uebereinſtimmung beob- achte, und dadurch Proben ſeiner unend- lichen Gerechtigkeit ablege, und daß er ei- ne gleiche Neigung dazu habe? Nun aber fragt ſichs, wie ſoll dieſes geſchehen? Die Menſchen haben geſuͤndiget, und ſich da- durch in die betruͤbten Umſtaͤnde geſetzt, daß ſie aus einem Elend in das andere kommen. Soll hier kein Wunderwerck geſchehen, ſo ſind wir ewig ungluͤcklich. (§ 19.) Soll aber die Allmacht GOttes ſich ins Mittel ſchlagen, ſo iſt keine Ueberein- ſtim- C c 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/437
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 405[401]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/437>, abgerufen am 24.11.2024.