Christum den Juden eine Aerger- niß und den Heyden eine Thorheit: Denen aber, die beruffen sind, bey- de Juden und Griechen, predigen wir Christum göttliche Kraft und göttliche Weißheit. Der Sinn die- ser Worte ist wol unstreitig dieser: wir predigen Christum den gecreutzigten, in welchem sich besondere Kraft und Weiß- heit GOttes offenbahrt. Wir meinen hieraus mit Recht folgenden Satz schlies- sen zu können: Die Einrichtung GOt- tes, nach welcher er Christum in die Welt gesandt und für die Sünden der Menschen creutzigen lassen, ist voll gött- licher Kraft und Weißheit. Denn of- fenbahret sich in Christo, auch in so fern er gecreutziget worden, besondere Weiß-
heit,
tzen Welt Besten gereichte. Wir sind in dieser Anmerckung unter andern des- wegen weitläuftig gewesen, damit wir gewissen grossen Gönnern, bey welchen wir verdächtig gemacht, als wenn wir der Vernunft zu viel einräumten, bewei- sen mögen, daß wir die engen Grentzen der menschlichen Wissenschaften gar ge- nau kennen, und vielleicht der höchsten menschlichen Weißheit einen niedrigern Grad zueignen, als denen selbst zu thun beliebt, welche uns in einen solchen Ver- dacht setzen wollen.
Chriſtum den Juden eine Aerger- niß und den Heyden eine Thorheit: Denen aber, die beruffen ſind, bey- de Juden und Griechen, predigen wir Chriſtum goͤttliche Kraft und goͤttliche Weißheit. Der Sinn die- ſer Worte iſt wol unſtreitig dieſer: wir predigen Chriſtum den gecreutzigten, in welchem ſich beſondere Kraft und Weiß- heit GOttes offenbahrt. Wir meinen hieraus mit Recht folgenden Satz ſchlieſ- ſen zu koͤnnen: Die Einrichtung GOt- tes, nach welcher er Chriſtum in die Welt geſandt und fuͤr die Suͤnden der Menſchen creutzigen laſſen, iſt voll goͤtt- licher Kraft und Weißheit. Denn of- fenbahret ſich in Chriſto, auch in ſo fern er gecreutziget worden, beſondere Weiß-
heit,
tzen Welt Beſten gereichte. Wir ſind in dieſer Anmerckung unter andern des- wegen weitlaͤuftig geweſen, damit wir gewiſſen groſſen Goͤnnern, bey welchen wir verdaͤchtig gemacht, als wenn wir der Vernunft zu viel einraͤumten, bewei- ſen moͤgen, daß wir die engen Grentzen der menſchlichen Wiſſenſchaften gar ge- nau kennen, und vielleicht der hoͤchſten menſchlichen Weißheit einen niedrigern Grad zueignen, als denen ſelbſt zu thun beliebt, welche uns in einen ſolchen Ver- dacht ſetzen wollen.
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[397[393]/0429]
Chriſtum den Juden eine Aerger-
niß und den Heyden eine Thorheit:
Denen aber, die beruffen ſind, bey-
de Juden und Griechen, predigen
wir Chriſtum goͤttliche Kraft und
goͤttliche Weißheit. Der Sinn die-
ſer Worte iſt wol unſtreitig dieſer: wir
predigen Chriſtum den gecreutzigten, in
welchem ſich beſondere Kraft und Weiß-
heit GOttes offenbahrt. Wir meinen
hieraus mit Recht folgenden Satz ſchlieſ-
ſen zu koͤnnen: Die Einrichtung GOt-
tes, nach welcher er Chriſtum in die
Welt geſandt und fuͤr die Suͤnden der
Menſchen creutzigen laſſen, iſt voll goͤtt-
licher Kraft und Weißheit. Denn of-
fenbahret ſich in Chriſto, auch in ſo fern
er gecreutziget worden, beſondere Weiß-
heit,
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(*) tzen Welt Beſten gereichte. Wir ſind
in dieſer Anmerckung unter andern des-
wegen weitlaͤuftig geweſen, damit wir
gewiſſen groſſen Goͤnnern, bey welchen
wir verdaͤchtig gemacht, als wenn wir
der Vernunft zu viel einraͤumten, bewei-
ſen moͤgen, daß wir die engen Grentzen
der menſchlichen Wiſſenſchaften gar ge-
nau kennen, und vielleicht der hoͤchſten
menſchlichen Weißheit einen niedrigern
Grad zueignen, als denen ſelbſt zu thun
beliebt, welche uns in einen ſolchen Ver-
dacht ſetzen wollen.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 397[393]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/429>, abgerufen am 16.07.2024.
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