Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.der Welt zu übersehen, und alles zu be- nennen, was hierbey vortheilhaftig und ersprießlich ist, so wird auch unsere Ver- nunft nicht ausmachen können, ob die Vergebung der Sünden mit einer Gnug- thuung oder eine Begnadigung ohne die- selbe mit dem Zusammenhange dieser Welt besser übereinstimme, und also den Vollkommenheiten GOTTes gemässer sey. (*) §. 36. (*) Man beliebe zu bemercken, daß wir be- haupten, unsere Vernunft reiche nicht zu, Dinge von grossen Folgen, und welche mit einem grossen Theile der Welt eine genaue Verbindung haben, zu übersehen und zu urtheilen, ob selbige den Voll- kommenheiten GOttes gemäß sind oder nicht. Hiermit aber wollen wir nicht sagen, daß gar nichts sey, von welchem wir nicht mit Gewißheit wissen könten, daß es den Vollkommenheiten des Schö- pfers anständig oder unanständig sey, denn sonst würden wir vieles aufheben, so wir hier und da in unsern eigenen Ar- beiten bejahet haben. Sondern nach unserer Meinung können wir so weit mit unserer Vernunft kommen. Wir kön- nen aus den Vollkommenheiten GOttes einige allgemeine Regeln schliessen, und überhaupt sagen, dieses und jenes ist GOtt anständig, das Gegentheil davon aber seinen Vollkommenheiten nicht ge- mäß. B b
der Welt zu uͤberſehen, und alles zu be- nennen, was hierbey vortheilhaftig und erſprießlich iſt, ſo wird auch unſere Ver- nunft nicht ausmachen koͤnnen, ob die Vergebung der Suͤnden mit einer Gnug- thuung oder eine Begnadigung ohne die- ſelbe mit dem Zuſammenhange dieſer Welt beſſer uͤbereinſtimme, und alſo den Vollkommenheiten GOTTes gemaͤſſer ſey. (*) §. 36. (*) Man beliebe zu bemercken, daß wir be- haupten, unſere Vernunft reiche nicht zu, Dinge von groſſen Folgen, und welche mit einem groſſen Theile der Welt eine genaue Verbindung haben, zu uͤberſehen und zu urtheilen, ob ſelbige den Voll- kommenheiten GOttes gemaͤß ſind oder nicht. Hiermit aber wollen wir nicht ſagen, daß gar nichts ſey, von welchem wir nicht mit Gewißheit wiſſen koͤnten, daß es den Vollkommenheiten des Schoͤ- pfers anſtaͤndig oder unanſtaͤndig ſey, denn ſonſt wuͤrden wir vieles aufheben, ſo wir hier und da in unſern eigenen Ar- beiten bejahet haben. Sondern nach unſerer Meinung koͤnnen wir ſo weit mit unſerer Vernunft kommen. Wir koͤn- nen aus den Vollkommenheiten GOttes einige allgemeine Regeln ſchlieſſen, und uͤberhaupt ſagen, dieſes und jenes iſt GOtt anſtaͤndig, das Gegentheil davon aber ſeinen Vollkommenheiten nicht ge- maͤß. B b
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0417" n="385[381]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> der Welt zu uͤberſehen, und alles zu be-<lb/> nennen, was hierbey vortheilhaftig und<lb/> erſprießlich iſt, ſo wird auch unſere Ver-<lb/> nunft nicht ausmachen koͤnnen, ob die<lb/> Vergebung der Suͤnden mit einer Gnug-<lb/> thuung oder eine Begnadigung ohne die-<lb/> ſelbe mit dem Zuſammenhange dieſer<lb/> Welt beſſer uͤbereinſtimme, und alſo den<lb/> Vollkommenheiten GOTTes gemaͤſſer<lb/> ſey. <note xml:id="a43" next="#a44" place="foot" n="(*)">Man beliebe zu bemercken, daß wir be-<lb/> haupten, unſere Vernunft reiche nicht zu,<lb/> Dinge von groſſen Folgen, und welche<lb/> mit einem groſſen Theile der Welt eine<lb/> genaue Verbindung haben, zu uͤberſehen<lb/> und zu urtheilen, ob ſelbige den Voll-<lb/> kommenheiten GOttes gemaͤß ſind oder<lb/> nicht. Hiermit aber wollen wir nicht<lb/> ſagen, daß gar nichts ſey, von welchem<lb/> wir nicht mit Gewißheit wiſſen koͤnten,<lb/> daß es den Vollkommenheiten des Schoͤ-<lb/> pfers anſtaͤndig oder unanſtaͤndig ſey,<lb/> denn ſonſt wuͤrden wir vieles aufheben,<lb/> ſo wir hier und da in unſern eigenen Ar-<lb/> beiten bejahet haben. Sondern nach<lb/> unſerer Meinung koͤnnen wir ſo weit mit<lb/> unſerer Vernunft kommen. Wir koͤn-<lb/> nen aus den Vollkommenheiten GOttes<lb/> einige allgemeine Regeln ſchlieſſen, und<lb/> uͤberhaupt ſagen, dieſes und jenes iſt<lb/> GOtt anſtaͤndig, das Gegentheil davon<lb/> aber ſeinen Vollkommenheiten nicht ge-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">maͤß.</fw></note></p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="sig">B b</fw> <fw place="bottom" type="catch">§. 36.</fw><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [385[381]/0417]
der Welt zu uͤberſehen, und alles zu be-
nennen, was hierbey vortheilhaftig und
erſprießlich iſt, ſo wird auch unſere Ver-
nunft nicht ausmachen koͤnnen, ob die
Vergebung der Suͤnden mit einer Gnug-
thuung oder eine Begnadigung ohne die-
ſelbe mit dem Zuſammenhange dieſer
Welt beſſer uͤbereinſtimme, und alſo den
Vollkommenheiten GOTTes gemaͤſſer
ſey. (*)
§. 36.
(*) Man beliebe zu bemercken, daß wir be-
haupten, unſere Vernunft reiche nicht zu,
Dinge von groſſen Folgen, und welche
mit einem groſſen Theile der Welt eine
genaue Verbindung haben, zu uͤberſehen
und zu urtheilen, ob ſelbige den Voll-
kommenheiten GOttes gemaͤß ſind oder
nicht. Hiermit aber wollen wir nicht
ſagen, daß gar nichts ſey, von welchem
wir nicht mit Gewißheit wiſſen koͤnten,
daß es den Vollkommenheiten des Schoͤ-
pfers anſtaͤndig oder unanſtaͤndig ſey,
denn ſonſt wuͤrden wir vieles aufheben,
ſo wir hier und da in unſern eigenen Ar-
beiten bejahet haben. Sondern nach
unſerer Meinung koͤnnen wir ſo weit mit
unſerer Vernunft kommen. Wir koͤn-
nen aus den Vollkommenheiten GOttes
einige allgemeine Regeln ſchlieſſen, und
uͤberhaupt ſagen, dieſes und jenes iſt
GOtt anſtaͤndig, das Gegentheil davon
aber ſeinen Vollkommenheiten nicht ge-
maͤß.
B b
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/417 |
Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 385[381]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/417>, abgerufen am 16.07.2024. |