ich als ein blosser Philosoph darauf ant- worten, so habe ich folgende Ursach, warum ich nicht glauben kan, daß alle böse Neigungen durch Gelegenheit ge- wisser Säfte des Leibes erregt werden, ob gleich am Tage, daß sie zu einigen Gemüthsbewegungen Anlaß geben. Hät- ten alle unordentliche Begierden ihren Grund in den Säften des Leibes, so scheint mir zu folgen, daß der Wille nicht durch blosse Vorstellung könte ver- bessert werden, sondern es würde die Verbesserung des Willens mehrentheils aus der Apotheck müssen geholet werden, welches wider die Erfahrung. Jch hal- te also dafür, daß der gröste Theil bö- ser Begierden seine Quelle unmittelbar in der Seele habe, und daß also die er- stere Muthmassung von Fortpflantzung böser Neigungen nicht ohne Ursach hie- her gesetzt sey.
§. 28.
Zum Beschluß will ich noch diesesEine Er- innerung. erinnern, daß ich dieser meiner vorgetra- genen Muthmassung nur einen geringen Grad der Wahrscheinlichkeit beymesse, und also noch vielweniger sie andern als eine ausgemachte Wahrheit anzuprei- sen suche. Jch habe ihr aber indessen doch einen Platz in diesen Blättern gön-
nen
ich als ein bloſſer Philoſoph darauf ant- worten, ſo habe ich folgende Urſach, warum ich nicht glauben kan, daß alle boͤſe Neigungen durch Gelegenheit ge- wiſſer Saͤfte des Leibes erregt werden, ob gleich am Tage, daß ſie zu einigen Gemuͤthsbewegungen Anlaß geben. Haͤt- ten alle unordentliche Begierden ihren Grund in den Saͤften des Leibes, ſo ſcheint mir zu folgen, daß der Wille nicht durch bloſſe Vorſtellung koͤnte ver- beſſert werden, ſondern es wuͤrde die Verbeſſerung des Willens mehrentheils aus der Apotheck muͤſſen geholet werden, welches wider die Erfahrung. Jch hal- te alſo dafuͤr, daß der groͤſte Theil boͤ- ſer Begierden ſeine Quelle unmittelbar in der Seele habe, und daß alſo die er- ſtere Muthmaſſung von Fortpflantzung boͤſer Neigungen nicht ohne Urſach hie- her geſetzt ſey.
§. 28.
Zum Beſchluß will ich noch dieſesEine Er- innerung. erinnern, daß ich dieſer meiner vorgetra- genen Muthmaſſung nur einen geringen Grad der Wahrſcheinlichkeit beymeſſe, und alſo noch vielweniger ſie andern als eine ausgemachte Wahrheit anzuprei- ſen ſuche. Jch habe ihr aber indeſſen doch einen Platz in dieſen Blaͤttern goͤn-
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[283[279]/0315]
ich als ein bloſſer Philoſoph darauf ant-
worten, ſo habe ich folgende Urſach,
warum ich nicht glauben kan, daß alle
boͤſe Neigungen durch Gelegenheit ge-
wiſſer Saͤfte des Leibes erregt werden,
ob gleich am Tage, daß ſie zu einigen
Gemuͤthsbewegungen Anlaß geben. Haͤt-
ten alle unordentliche Begierden ihren
Grund in den Saͤften des Leibes, ſo
ſcheint mir zu folgen, daß der Wille
nicht durch bloſſe Vorſtellung koͤnte ver-
beſſert werden, ſondern es wuͤrde die
Verbeſſerung des Willens mehrentheils
aus der Apotheck muͤſſen geholet werden,
welches wider die Erfahrung. Jch hal-
te alſo dafuͤr, daß der groͤſte Theil boͤ-
ſer Begierden ſeine Quelle unmittelbar
in der Seele habe, und daß alſo die er-
ſtere Muthmaſſung von Fortpflantzung
boͤſer Neigungen nicht ohne Urſach hie-
her geſetzt ſey.
§. 28.
Zum Beſchluß will ich noch dieſes
erinnern, daß ich dieſer meiner vorgetra-
genen Muthmaſſung nur einen geringen
Grad der Wahrſcheinlichkeit beymeſſe,
und alſo noch vielweniger ſie andern als
eine ausgemachte Wahrheit anzuprei-
ſen ſuche. Jch habe ihr aber indeſſen
doch einen Platz in dieſen Blaͤttern goͤn-
nen
Eine Er-
innerung.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 283[279]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/315>, abgerufen am 20.11.2024.
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