Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.ren die Gottlosen an der Seele oder an dem Leibe kranck, so würde die Arbeit, welche sonst das unartige Geschlecht verrichtet, allein auf das kleine Häufflein der Gerech- ten kommen, und würden diese ärger ge- plagt seyn als die Jsraeliten in Aegypten. Die Frommen würden zehnmahl so viel ackern und andere Arbeit verrichten müs- sen, wenn anders nicht die gröste Noth und Theurung in die Welt kommen solte. Sie müsten der Sünder Knechte werden, und sie verpflegen helffen. Wolte aber GOtt die Boßhaftigen an ihren Gütern strafen und sie in Armuth setzen, so wür- den die Frommen abermahls diese Armuth müssen tragen helffen. Sie würden sel- bige nicht nur in ihrer Armuth mit Almo- sen unterstützen, sondern auch die gemeinen Ausgaben des Staats allein übernehmen müssen. Und wie groß würde die Anzahl der Diebe und Räuber werden, welche den Frommen nachstelleten und ihr Gut suchten? §. 4. Man wird dencken: es würden die wer- b 5
ren die Gottloſen an der Seele oder an dem Leibe kranck, ſo wuͤrde die Arbeit, welche ſonſt das unartige Geſchlecht verrichtet, allein auf das kleine Haͤufflein der Gerech- ten kommen, und wuͤrden dieſe aͤrger ge- plagt ſeyn als die Jſraeliten in Aegypten. Die Frommen wuͤrden zehnmahl ſo viel ackern und andere Arbeit verrichten muͤſ- ſen, wenn anders nicht die groͤſte Noth und Theurung in die Welt kommen ſolte. Sie muͤſten der Suͤnder Knechte werden, und ſie verpflegen helffen. Wolte aber GOtt die Boßhaftigen an ihren Guͤtern ſtrafen und ſie in Armuth ſetzen, ſo wuͤr- den die Frommen abermahls dieſe Armuth muͤſſen tragen helffen. Sie wuͤrden ſel- bige nicht nur in ihrer Armuth mit Almo- ſen unterſtuͤtzen, ſondern auch die gemeinen Ausgaben des Staats allein uͤbernehmen muͤſſen. Und wie groß wuͤrde die Anzahl der Diebe und Raͤuber werden, welche den Frommen nachſtelleten und ihr Gut ſuchten? §. 4. Man wird dencken: es wuͤrden die wer- b 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0029" n="25"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ren die Gottloſen an der Seele oder an dem<lb/> Leibe kranck, ſo wuͤrde die Arbeit, welche<lb/> ſonſt das unartige Geſchlecht verrichtet,<lb/> allein auf das kleine Haͤufflein der Gerech-<lb/> ten kommen, und wuͤrden dieſe aͤrger ge-<lb/> plagt ſeyn als die Jſraeliten in Aegypten.<lb/> Die Frommen wuͤrden zehnmahl ſo viel<lb/> ackern und andere Arbeit verrichten muͤſ-<lb/> ſen, wenn anders nicht die groͤſte Noth<lb/> und Theurung in die Welt kommen ſolte.<lb/> Sie muͤſten der Suͤnder Knechte werden,<lb/> und ſie verpflegen helffen. Wolte aber<lb/> GOtt die Boßhaftigen an ihren Guͤtern<lb/> ſtrafen und ſie in Armuth ſetzen, ſo wuͤr-<lb/> den die Frommen abermahls dieſe Armuth<lb/> muͤſſen tragen helffen. Sie wuͤrden ſel-<lb/> bige nicht nur in ihrer Armuth mit Almo-<lb/> ſen unterſtuͤtzen, ſondern auch die gemeinen<lb/> Ausgaben des Staats allein uͤbernehmen<lb/> muͤſſen. Und wie groß wuͤrde die Anzahl<lb/> der Diebe und Raͤuber werden, welche<lb/> den Frommen nachſtelleten und ihr Gut<lb/> ſuchten?</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 4.</head><lb/> <p>Man wird dencken: es wuͤrden die<lb/> Gottloſen ſich alsdenn bald bekehren und<lb/> tugendhaft werden. Allein die dieſes<lb/> muthmaſſen, erwegen die wahre Beſchaf-<lb/> fenheit einer rechten Bekehrung, und be-<lb/> trachten dabey die Gemuͤther der Men-<lb/> ſchen, ſo wird man bald anderer Meinung<lb/> <fw place="bottom" type="sig">b 5</fw><fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0029]
ren die Gottloſen an der Seele oder an dem
Leibe kranck, ſo wuͤrde die Arbeit, welche
ſonſt das unartige Geſchlecht verrichtet,
allein auf das kleine Haͤufflein der Gerech-
ten kommen, und wuͤrden dieſe aͤrger ge-
plagt ſeyn als die Jſraeliten in Aegypten.
Die Frommen wuͤrden zehnmahl ſo viel
ackern und andere Arbeit verrichten muͤſ-
ſen, wenn anders nicht die groͤſte Noth
und Theurung in die Welt kommen ſolte.
Sie muͤſten der Suͤnder Knechte werden,
und ſie verpflegen helffen. Wolte aber
GOtt die Boßhaftigen an ihren Guͤtern
ſtrafen und ſie in Armuth ſetzen, ſo wuͤr-
den die Frommen abermahls dieſe Armuth
muͤſſen tragen helffen. Sie wuͤrden ſel-
bige nicht nur in ihrer Armuth mit Almo-
ſen unterſtuͤtzen, ſondern auch die gemeinen
Ausgaben des Staats allein uͤbernehmen
muͤſſen. Und wie groß wuͤrde die Anzahl
der Diebe und Raͤuber werden, welche
den Frommen nachſtelleten und ihr Gut
ſuchten?
§. 4.
Man wird dencken: es wuͤrden die
Gottloſen ſich alsdenn bald bekehren und
tugendhaft werden. Allein die dieſes
muthmaſſen, erwegen die wahre Beſchaf-
fenheit einer rechten Bekehrung, und be-
trachten dabey die Gemuͤther der Men-
ſchen, ſo wird man bald anderer Meinung
wer-
b 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |