tig gebrauchen müsse. Will man demsel- ben eine Fertigkeit beybringen, allerhand schöne Sachen zu sehen, ohne eine böse Be- gierde zu denselben zu bekommen, so setzt man ihm solche Dinge vor, zu welchen er einige Neigung hat, mit dem Befehl nichts darvon zu nehmen. Man schickt ihn über Geld, Wein und wohlschmeckende Eß- Waaren, und setzt eine Straffe darauf, wenn er sich würde etwas davon gelüsten lassen. Will man jemanden gewöhnen mit andern einen leutseligen und höfflichen Umgang zu pflegen, so bringet man ihn in Gesellschafften artiger Leute, und übet ihn in Worten und Wercken sich leutselig zu bezeigen. Werden solche Ubungen eine Zeitlang fortgesetzet, so gelanget man end- lich zu einer solchen Fertigkeit und Ge- wohnheit in einer Sache, welche man nicht leicht wieder verlieret.
§. 3.
Der erste Mensch hat Ubung von nö- then ge- habt, um im Guten recht fest zu werden.
Der Geneigte Leser wird sich vielleicht wundern, wenn mich unterstehe zu be- haupten, daß bey den ersten Menschen auch im Stande der Unschuld, dergleichen Ubungen nöthig gewesen, um ihn dadurch zu einer völligen Gewohnheit in allen Gu-
ten
tig gebrauchen muͤſſe. Will man demſel- ben eine Fertigkeit beybringen, allerhand ſchoͤne Sachen zu ſehen, ohne eine boͤſe Be- gierde zu denſelben zu bekommen, ſo ſetzt man ihm ſolche Dinge vor, zu welchen er einige Neigung hat, mit dem Befehl nichts darvon zu nehmen. Man ſchickt ihn uͤber Geld, Wein und wohlſchmeckende Eß- Waaren, und ſetzt eine Straffe darauf, wenn er ſich wuͤrde etwas davon geluͤſten laſſen. Will man jemanden gewoͤhnen mit andern einen leutſeligen und hoͤfflichen Umgang zu pflegen, ſo bringet man ihn in Geſellſchafften artiger Leute, und uͤbet ihn in Worten und Wercken ſich leutſelig zu bezeigen. Werden ſolche Ubungen eine Zeitlang fortgeſetzet, ſo gelanget man end- lich zu einer ſolchen Fertigkeit und Ge- wohnheit in einer Sache, welche man nicht leicht wieder verlieret.
§. 3.
Der erſte Menſch hat Ubung von noͤ- then ge- habt, um im Guten recht feſt zu werdẽ.
Der Geneigte Leſer wird ſich vielleicht wundern, wenn mich unterſtehe zu be- haupten, daß bey den erſten Menſchen auch im Stande der Unſchuld, dergleichen Ubungen noͤthig geweſen, um ihn dadurch zu einer voͤlligen Gewohnheit in allen Gu-
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[214[210]/0246]
tig gebrauchen muͤſſe. Will man demſel-
ben eine Fertigkeit beybringen, allerhand
ſchoͤne Sachen zu ſehen, ohne eine boͤſe Be-
gierde zu denſelben zu bekommen, ſo ſetzt
man ihm ſolche Dinge vor, zu welchen er
einige Neigung hat, mit dem Befehl nichts
darvon zu nehmen. Man ſchickt ihn uͤber
Geld, Wein und wohlſchmeckende Eß-
Waaren, und ſetzt eine Straffe darauf,
wenn er ſich wuͤrde etwas davon geluͤſten
laſſen. Will man jemanden gewoͤhnen
mit andern einen leutſeligen und hoͤfflichen
Umgang zu pflegen, ſo bringet man ihn in
Geſellſchafften artiger Leute, und uͤbet ihn
in Worten und Wercken ſich leutſelig zu
bezeigen. Werden ſolche Ubungen eine
Zeitlang fortgeſetzet, ſo gelanget man end-
lich zu einer ſolchen Fertigkeit und Ge-
wohnheit in einer Sache, welche man
nicht leicht wieder verlieret.
§. 3.
Der Geneigte Leſer wird ſich vielleicht
wundern, wenn mich unterſtehe zu be-
haupten, daß bey den erſten Menſchen
auch im Stande der Unſchuld, dergleichen
Ubungen noͤthig geweſen, um ihn dadurch
zu einer voͤlligen Gewohnheit in allen Gu-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 214[210]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/246>, abgerufen am 22.12.2024.
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