Begierde auch durch die empfindlichsten Schmertzen bestrafft wird, so wird sie öf- ters doch nicht unterdruckt, sondern das Feuer derselben wird dennoch immer durch einen beständigen Zunder unterhalten. Und eine gleiche Bewandniß hat es mit unsern Abneigungen, welche wir von gewissen Dingen haben, und welche durch die Ge- wohnheit und andere äusserliche Umstände erst Wurtzeln geschlagen, und ist es gleich- fals sehr schwehr, einen alten Eckel abzule- gen und in eine Liebe zu verwandeln.
IV. Endlich bemercke ich auch noch die- ses, daß, wenn wir von einer Sache ein grösser Vergnügen empfinden als von ei- ner andern, wir das geringere Vergnügen ohne Schmertz fahren lassen, so lange wir des grössern können theilhafftig werden. Wer an der Jagd mehr Vergnügen fin- det als an einem Kartenspiel, wird die Kar- ten ohne Verdruß hinweg werffen, wenn ihm Gelegenheit gegeben wird ein Wild- pret zu verfolgen.
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Begierde auch durch die empfindlichſten Schmertzen beſtrafft wird, ſo wird ſie oͤf- ters doch nicht unterdruckt, ſondern das Feuer derſelben wird dennoch immer durch einen beſtaͤndigen Zunder unterhalten. Und eine gleiche Bewandniß hat es mit unſern Abneigungen, welche wir von gewiſſen Dingen haben, und welche durch die Ge- wohnheit und andere aͤuſſerliche Umſtaͤnde erſt Wurtzeln geſchlagen, und iſt es gleich- fals ſehr ſchwehr, einen alten Eckel abzule- gen und in eine Liebe zu verwandeln.
IV. Endlich bemercke ich auch noch die- ſes, daß, wenn wir von einer Sache ein groͤſſer Vergnuͤgen empfinden als von ei- ner andern, wir das geringere Vergnuͤgen ohne Schmertz fahren laſſen, ſo lange wir des groͤſſern koͤnnen theilhafftig werden. Wer an der Jagd mehr Vergnuͤgen fin- det als an einem Kartenſpiel, wird die Kar- ten ohne Verdruß hinweg werffen, wenn ihm Gelegenheit gegeben wird ein Wild- pret zu verfolgen.
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[149[145]/0181]
Begierde auch durch die empfindlichſten
Schmertzen beſtrafft wird, ſo wird ſie oͤf-
ters doch nicht unterdruckt, ſondern das
Feuer derſelben wird dennoch immer durch
einen beſtaͤndigen Zunder unterhalten. Und
eine gleiche Bewandniß hat es mit unſern
Abneigungen, welche wir von gewiſſen
Dingen haben, und welche durch die Ge-
wohnheit und andere aͤuſſerliche Umſtaͤnde
erſt Wurtzeln geſchlagen, und iſt es gleich-
fals ſehr ſchwehr, einen alten Eckel abzule-
gen und in eine Liebe zu verwandeln.
IV. Endlich bemercke ich auch noch die-
ſes, daß, wenn wir von einer Sache ein
groͤſſer Vergnuͤgen empfinden als von ei-
ner andern, wir das geringere Vergnuͤgen
ohne Schmertz fahren laſſen, ſo lange wir
des groͤſſern koͤnnen theilhafftig werden.
Wer an der Jagd mehr Vergnuͤgen fin-
det als an einem Kartenſpiel, wird die Kar-
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ihm Gelegenheit gegeben wird ein Wild-
pret zu verfolgen.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 149[145]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/181>, abgerufen am 22.11.2024.
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