ausgebildet; aber ein unbegreifliches Durch- einander von Mensch ist er noch immer. Sein Vater erzählte jüngst von ihm, er wäre, als Knabe, seit seinem dritten Jahre nie heil gewesen, hätte immer ein Paar Beulen am Kopfe, und Wunden überall ge- habt. Man wird nicht müde, den guten Major von den seltsamen Streichen des Kna- ben erzählen zu hören; und wie er selbst und die Herren Präceptoren ihn eben für kein Kind guter Hofnung gehalten hätten: weil er, bey aller seiner Lebhaftigkeit, im Studieren doch sehr träge, und bey aller seiner Gutherzigkeit äusserst hartnäckig, ausgelassen und trotzig gewesen wäre. Für etwas schwach am Geist hielt man ihn, weil seine Cameraden ihn bestän- dig überlisteten, ohne Mühe ihn zu allem be- redeten, und ihn die Zeche überall bezahlen ließen. Mir fallen eben ein Paar Züge ein, die kurz und leicht zu erzählen sind.
Gegen sein sechstes Jahr hatte er sich in den Kopf gesetzt, sein treues Schaukelpferd,
ausgebildet; aber ein unbegreifliches Durch- einander von Menſch iſt er noch immer. Sein Vater erzaͤhlte juͤngſt von ihm, er waͤre, als Knabe, ſeit ſeinem dritten Jahre nie heil geweſen, haͤtte immer ein Paar Beulen am Kopfe, und Wunden uͤberall ge- habt. Man wird nicht muͤde, den guten Major von den ſeltſamen Streichen des Kna- ben erzaͤhlen zu hoͤren; und wie er ſelbſt und die Herren Praͤceptoren ihn eben fuͤr kein Kind guter Hofnung gehalten haͤtten: weil er, bey aller ſeiner Lebhaftigkeit, im Studieren doch ſehr traͤge, und bey aller ſeiner Gutherzigkeit aͤuſſerſt hartnaͤckig, ausgelaſſen und trotzig geweſen waͤre. Fuͤr etwas ſchwach am Geiſt hielt man ihn, weil ſeine Cameraden ihn beſtaͤn- dig uͤberliſteten, ohne Muͤhe ihn zu allem be- redeten, und ihn die Zeche uͤberall bezahlen ließen. Mir fallen eben ein Paar Zuͤge ein, die kurz und leicht zu erzaͤhlen ſind.
Gegen ſein ſechſtes Jahr hatte er ſich in den Kopf geſetzt, ſein treues Schaukelpferd,
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ausgebildet; aber ein unbegreifliches Durch-
einander von Menſch iſt er noch immer.
Sein Vater erzaͤhlte juͤngſt von ihm, er
waͤre, als Knabe, ſeit ſeinem dritten Jahre
nie heil geweſen, haͤtte immer ein Paar
Beulen am Kopfe, und Wunden uͤberall ge-
habt. Man wird nicht muͤde, den guten
Major von den ſeltſamen Streichen des Kna-
ben erzaͤhlen zu hoͤren; und wie er ſelbſt und
die Herren Praͤceptoren ihn eben fuͤr kein Kind
guter Hofnung gehalten haͤtten: weil er, bey
aller ſeiner Lebhaftigkeit, im Studieren doch
ſehr traͤge, und bey aller ſeiner Gutherzigkeit
aͤuſſerſt hartnaͤckig, ausgelaſſen und trotzig
geweſen waͤre. Fuͤr etwas ſchwach am Geiſt
hielt man ihn, weil ſeine Cameraden ihn beſtaͤn-
dig uͤberliſteten, ohne Muͤhe ihn zu allem be-
redeten, und ihn die Zeche uͤberall bezahlen
ließen. Mir fallen eben ein Paar Zuͤge ein,
die kurz und leicht zu erzaͤhlen ſind.
Gegen ſein ſechſtes Jahr hatte er ſich in
den Kopf geſetzt, ſein treues Schaukelpferd,
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/67>, abgerufen am 22.11.2024.
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