Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

chen nur Eins. Der Gegenstand des un-
bedingten Triebes, welchen wir den Grund-
trieb
nennen, ist unmittelbar die Form des
Wesens, dessen Trieb oder wirksames Vermö-
gen er ist. Diese Form im Daseyn zu erhal-
ten, sich in ihr auszudrücken, ist sein unbe-
dingter Zweck und das Princip aller Selbst-
bestimmung in der Kreatur; so daß kein Wesen
vermag sich einen Zweck vorzusetzen, als Kraft
seines Triebes und ihm gemäß. Ueber-
haupt
beziehen sich die Triebe auf Bedürf-
niß
. Alles Lebendige in der Natur bewegt
sich mit Absicht, das ist, nach Verhältnissen
der Bedürfnisse. Der erste Grund und
die Art der Entstehung dieser Verhältnisse ist
unerforschlich, und wir können daher eben so we-
nig den Trieb aus dem Bedürfnisse, als das
Bedürfniß aus dem Triebe erklären; können
eben so wenig sagen, dieser bestimme jenes,
als jenes diesen. Der erste Anfang von bey-
den ist ausser ihnen, und ist ein gemein-
schaftlicher
Anfang. Nur das Geschäft des
Triebes: einen gewissen Zusammenhang zu er-

chen nur Eins. Der Gegenſtand des un-
bedingten Triebes, welchen wir den Grund-
trieb
nennen, iſt unmittelbar die Form des
Weſens, deſſen Trieb oder wirkſames Vermoͤ-
gen er iſt. Dieſe Form im Daſeyn zu erhal-
ten, ſich in ihr auszudruͤcken, iſt ſein unbe-
dingter Zweck und das Princip aller Selbſt-
beſtimmung in der Kreatur; ſo daß kein Weſen
vermag ſich einen Zweck vorzuſetzen, als Kraft
ſeines Triebes und ihm gemaͤß. Ueber-
haupt
beziehen ſich die Triebe auf Beduͤrf-
niß
. Alles Lebendige in der Natur bewegt
ſich mit Abſicht, das iſt, nach Verhaͤltniſſen
der Beduͤrfniſſe. Der erſte Grund und
die Art der Entſtehung dieſer Verhaͤltniſſe iſt
unerforſchlich, und wir koͤnnen daher eben ſo we-
nig den Trieb aus dem Beduͤrfniſſe, als das
Beduͤrfniß aus dem Triebe erklaͤren; koͤnnen
eben ſo wenig ſagen, dieſer beſtimme jenes,
als jenes dieſen. Der erſte Anfang von bey-
den iſt auſſer ihnen, und iſt ein gemein-
ſchaftlicher
Anfang. Nur das Geſchaͤft des
Triebes: einen gewiſſen Zuſammenhang zu er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0336" n="298"/><hi rendition="#g">chen</hi> nur Eins. Der <hi rendition="#g">Gegen&#x017F;tand</hi> des un-<lb/>
bedingten Triebes, welchen wir den <hi rendition="#g">Grund-<lb/>
trieb</hi> nennen, i&#x017F;t unmittelbar die <hi rendition="#g">Form</hi> des<lb/>
We&#x017F;ens, de&#x017F;&#x017F;en Trieb oder wirk&#x017F;ames Vermo&#x0364;-<lb/>
gen er i&#x017F;t. Die&#x017F;e Form im Da&#x017F;eyn zu erhal-<lb/>
ten, &#x017F;ich in ihr auszudru&#x0364;cken, i&#x017F;t &#x017F;ein unbe-<lb/>
dingter Zweck und das Princip aller Selb&#x017F;t-<lb/>
be&#x017F;timmung in der Kreatur; &#x017F;o daß kein We&#x017F;en<lb/>
vermag &#x017F;ich einen Zweck vorzu&#x017F;etzen, als Kraft<lb/>
&#x017F;eines Triebes und ihm gema&#x0364;ß. <hi rendition="#g">Ueber-<lb/>
haupt</hi> beziehen &#x017F;ich die Triebe auf <hi rendition="#g">Bedu&#x0364;rf-<lb/>
niß</hi>. Alles Lebendige in der Natur bewegt<lb/>
&#x017F;ich mit <hi rendition="#g">Ab&#x017F;icht</hi>, das i&#x017F;t, nach Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
der <hi rendition="#g">Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e</hi>. Der er&#x017F;te Grund und<lb/>
die Art der Ent&#x017F;tehung die&#x017F;er Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t<lb/>
unerfor&#x017F;chlich, und wir ko&#x0364;nnen daher eben &#x017F;o we-<lb/>
nig den Trieb aus dem Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e, als das<lb/>
Bedu&#x0364;rfniß aus dem Triebe erkla&#x0364;ren; ko&#x0364;nnen<lb/>
eben &#x017F;o wenig &#x017F;agen, die&#x017F;er be&#x017F;timme jenes,<lb/>
als jenes die&#x017F;en. Der er&#x017F;te Anfang von bey-<lb/>
den i&#x017F;t au&#x017F;&#x017F;er ihnen, und i&#x017F;t ein <hi rendition="#g">gemein-<lb/>
&#x017F;chaftlicher</hi> Anfang. Nur das Ge&#x017F;cha&#x0364;ft des<lb/>
Triebes: einen gewi&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;ammenhang zu <hi rendition="#g">er-<lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0336] chen nur Eins. Der Gegenſtand des un- bedingten Triebes, welchen wir den Grund- trieb nennen, iſt unmittelbar die Form des Weſens, deſſen Trieb oder wirkſames Vermoͤ- gen er iſt. Dieſe Form im Daſeyn zu erhal- ten, ſich in ihr auszudruͤcken, iſt ſein unbe- dingter Zweck und das Princip aller Selbſt- beſtimmung in der Kreatur; ſo daß kein Weſen vermag ſich einen Zweck vorzuſetzen, als Kraft ſeines Triebes und ihm gemaͤß. Ueber- haupt beziehen ſich die Triebe auf Beduͤrf- niß. Alles Lebendige in der Natur bewegt ſich mit Abſicht, das iſt, nach Verhaͤltniſſen der Beduͤrfniſſe. Der erſte Grund und die Art der Entſtehung dieſer Verhaͤltniſſe iſt unerforſchlich, und wir koͤnnen daher eben ſo we- nig den Trieb aus dem Beduͤrfniſſe, als das Beduͤrfniß aus dem Triebe erklaͤren; koͤnnen eben ſo wenig ſagen, dieſer beſtimme jenes, als jenes dieſen. Der erſte Anfang von bey- den iſt auſſer ihnen, und iſt ein gemein- ſchaftlicher Anfang. Nur das Geſchaͤft des Triebes: einen gewiſſen Zuſammenhang zu er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/336
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/336>, abgerufen am 24.11.2024.