Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Wird der Weisere vielleicht ihn deuten, in-
dem er das Lebendige aus dem Unlebendigen,
das Vernünftige aus dem Unvernünftigen, das
Sittliche aus dem Viehischen -- ergründet?
Wahrlich, das hiesse thörichter die Todten
fragen
, als noch kein Aberglaube sie zu fra-
gen je und irgendwo versuchte!

Man hat Milton getadelt, daß er von
einer sichtbaren Finsterniß sprach, weil sich eine
sichtbare Finsterniß nicht denken lasse. Es gieng
diesem wie allen Sehern: ihre Auslegung und
Rechtfertigung ist der Fülle der Zeiten aufbe-
halten. Milton prophezeyte von der Weisheit
unserer Tage, welche durch Mondscheine und
Dämmerungen des Irrens und Wähnens bis
zu der materiellen Nacht und sichtbaren Fin-
sterniß einer positiven Unwissenheit kühn
hindurch gedrungen ist (*). Ehmals dachte

(*) The opinions of the Academics and Epicu-
reans were of a less religious cast -- (than
those of the Stoics and Platonists) --; but
T

Wird der Weiſere vielleicht ihn deuten, in-
dem er das Lebendige aus dem Unlebendigen,
das Vernuͤnftige aus dem Unvernuͤnftigen, das
Sittliche aus dem Viehiſchen — ergruͤndet?
Wahrlich, das hieſſe thoͤrichter die Todten
fragen
, als noch kein Aberglaube ſie zu fra-
gen je und irgendwo verſuchte!

Man hat Milton getadelt, daß er von
einer ſichtbaren Finſterniß ſprach, weil ſich eine
ſichtbare Finſterniß nicht denken laſſe. Es gieng
dieſem wie allen Sehern: ihre Auslegung und
Rechtfertigung iſt der Fuͤlle der Zeiten aufbe-
halten. Milton prophezeyte von der Weisheit
unſerer Tage, welche durch Mondſcheine und
Daͤmmerungen des Irrens und Waͤhnens bis
zu der materiellen Nacht und ſichtbaren Fin-
ſterniß einer poſitiven Unwiſſenheit kuͤhn
hindurch gedrungen iſt (*). Ehmals dachte

(*) The opinions of the Academics and Epicu-
reans were of a leſs religious caſt — (than
thoſe of the Stoics and Platoniſts) —; but
T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0327" n="289"/>
          <p>Wird der Wei&#x017F;ere vielleicht ihn deuten, in-<lb/>
dem er das Lebendige aus dem Unlebendigen,<lb/>
das Vernu&#x0364;nftige aus dem Unvernu&#x0364;nftigen, das<lb/>
Sittliche aus dem Viehi&#x017F;chen &#x2014; ergru&#x0364;ndet?<lb/>
Wahrlich, das hie&#x017F;&#x017F;e tho&#x0364;richter <hi rendition="#g">die Todten<lb/>
fragen</hi>, als noch kein Aberglaube &#x017F;ie zu fra-<lb/>
gen je und irgendwo ver&#x017F;uchte!</p><lb/>
          <p>Man hat <hi rendition="#g">Milton</hi> getadelt, daß er von<lb/>
einer &#x017F;ichtbaren Fin&#x017F;terniß &#x017F;prach, weil &#x017F;ich eine<lb/>
&#x017F;ichtbare Fin&#x017F;terniß nicht denken la&#x017F;&#x017F;e. Es gieng<lb/>
die&#x017F;em wie allen Sehern: ihre Auslegung und<lb/>
Rechtfertigung i&#x017F;t der Fu&#x0364;lle der Zeiten aufbe-<lb/>
halten. Milton prophezeyte von der Weisheit<lb/>
un&#x017F;erer Tage, welche durch Mond&#x017F;cheine und<lb/>
Da&#x0364;mmerungen des Irrens und Wa&#x0364;hnens bis<lb/>
zu der materiellen Nacht und &#x017F;ichtbaren Fin-<lb/>
&#x017F;terniß einer <hi rendition="#g">po&#x017F;itiven Unwi&#x017F;&#x017F;enheit</hi> ku&#x0364;hn<lb/>
hindurch gedrungen i&#x017F;t <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq">The opinions of the Academics and Epicu-<lb/>
reans were of a le&#x017F;s religious ca&#x017F;t &#x2014; (than<lb/>
tho&#x017F;e of the Stoics and Platoni&#x017F;ts) &#x2014;; but</hi></note>. Ehmals dachte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0327] Wird der Weiſere vielleicht ihn deuten, in- dem er das Lebendige aus dem Unlebendigen, das Vernuͤnftige aus dem Unvernuͤnftigen, das Sittliche aus dem Viehiſchen — ergruͤndet? Wahrlich, das hieſſe thoͤrichter die Todten fragen, als noch kein Aberglaube ſie zu fra- gen je und irgendwo verſuchte! Man hat Milton getadelt, daß er von einer ſichtbaren Finſterniß ſprach, weil ſich eine ſichtbare Finſterniß nicht denken laſſe. Es gieng dieſem wie allen Sehern: ihre Auslegung und Rechtfertigung iſt der Fuͤlle der Zeiten aufbe- halten. Milton prophezeyte von der Weisheit unſerer Tage, welche durch Mondſcheine und Daͤmmerungen des Irrens und Waͤhnens bis zu der materiellen Nacht und ſichtbaren Fin- ſterniß einer poſitiven Unwiſſenheit kuͤhn hindurch gedrungen iſt (*). Ehmals dachte (*) The opinions of the Academics and Epicu- reans were of a leſs religious caſt — (than thoſe of the Stoics and Platoniſts) —; but T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/327
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/327>, abgerufen am 24.11.2024.