Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

diese allein sind gemeint; und von dieser beson-
dern Gattung blos weichschwachherziger Be-
ber
(tremblers) habe ich wenig gelitten. Ihre
Zärteley und Heucheley; ihre Ohnmacht und
ihre Tücke widerstanden mir so sichrbar, daß sie
mich nicht weniger flohen, als ich sie vermied.
Mit den Allwillen vertrage ich mich weit
eher, zumal da nur wenige unter ihnen die
Vollkommenheit ihrer Gattung erreichen. Sie
widerstehen mir auch weniger, als die Plan-
vollen kalten Egoisten, wenn diese schon nicht
zu der niedrigsten Classe ihrer Art gehören;
keine Gierigsteine sind. Weil die All-
wille
sich selbst äusserlich nicht schonen, Größe,
und in manchen Fällen Edelmuth beweisen,
auch, so lange sie nicht ganz verdorben sind,
die schönsten Regungen der Seele häufig blicken
lassen, ja, durch sie nicht selten auch geleitet
werden; so kann man sie weder ganz verachten,
noch beständig hassen. Und dies eben macht sie
so gefährlich. Denn ihre Eigensucht ist hart
und grausam, wie keine andere. Einer eigent-
lichen Verläugnung sind sie nicht fähig, und die

dieſe allein ſind gemeint; und von dieſer beſon-
dern Gattung blos weichſchwachherziger Be-
ber
(tremblers) habe ich wenig gelitten. Ihre
Zaͤrteley und Heucheley; ihre Ohnmacht und
ihre Tuͤcke widerſtanden mir ſo ſichrbar, daß ſie
mich nicht weniger flohen, als ich ſie vermied.
Mit den Allwillen vertrage ich mich weit
eher, zumal da nur wenige unter ihnen die
Vollkommenheit ihrer Gattung erreichen. Sie
widerſtehen mir auch weniger, als die Plan-
vollen kalten Egoiſten, wenn dieſe ſchon nicht
zu der niedrigſten Claſſe ihrer Art gehoͤren;
keine Gierigſteine ſind. Weil die All-
wille
ſich ſelbſt aͤuſſerlich nicht ſchonen, Groͤße,
und in manchen Faͤllen Edelmuth beweiſen,
auch, ſo lange ſie nicht ganz verdorben ſind,
die ſchoͤnſten Regungen der Seele haͤufig blicken
laſſen, ja, durch ſie nicht ſelten auch geleitet
werden; ſo kann man ſie weder ganz verachten,
noch beſtaͤndig haſſen. Und dies eben macht ſie
ſo gefaͤhrlich. Denn ihre Eigenſucht iſt hart
und grauſam, wie keine andere. Einer eigent-
lichen Verlaͤugnung ſind ſie nicht faͤhig, und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0259" n="221"/>
die&#x017F;e allein &#x017F;ind gemeint; und von die&#x017F;er be&#x017F;on-<lb/>
dern Gattung blos weich&#x017F;chwachherziger <hi rendition="#g">Be-<lb/>
ber</hi> (<hi rendition="#aq">tremblers</hi>) habe ich wenig gelitten. Ihre<lb/>
Za&#x0364;rteley und Heucheley; ihre Ohnmacht und<lb/>
ihre Tu&#x0364;cke wider&#x017F;tanden mir &#x017F;o &#x017F;ichrbar, daß &#x017F;ie<lb/>
mich nicht weniger flohen, als ich &#x017F;ie vermied.<lb/>
Mit den <hi rendition="#g">Allwillen</hi> vertrage ich mich weit<lb/>
eher, zumal da nur wenige unter ihnen die<lb/>
Vollkommenheit ihrer Gattung erreichen. Sie<lb/>
wider&#x017F;tehen mir auch weniger, als die Plan-<lb/>
vollen <hi rendition="#g">kalten</hi> Egoi&#x017F;ten, wenn die&#x017F;e &#x017F;chon nicht<lb/>
zu der niedrig&#x017F;ten Cla&#x017F;&#x017F;e ihrer Art geho&#x0364;ren;<lb/>
keine <hi rendition="#g">Gierig&#x017F;teine</hi> &#x017F;ind. Weil die <hi rendition="#g">All-<lb/>
wille</hi> &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich nicht &#x017F;chonen, Gro&#x0364;ße,<lb/>
und in manchen Fa&#x0364;llen Edelmuth bewei&#x017F;en,<lb/>
auch, &#x017F;o lange &#x017F;ie nicht ganz verdorben &#x017F;ind,<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Regungen der Seele ha&#x0364;ufig blicken<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, ja, durch &#x017F;ie nicht &#x017F;elten auch geleitet<lb/>
werden; &#x017F;o kann man &#x017F;ie weder ganz verachten,<lb/>
noch be&#x017F;ta&#x0364;ndig ha&#x017F;&#x017F;en. Und dies eben macht &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o gefa&#x0364;hrlich. Denn ihre Eigen&#x017F;ucht i&#x017F;t hart<lb/>
und grau&#x017F;am, wie keine andere. Einer eigent-<lb/>
lichen Verla&#x0364;ugnung &#x017F;ind &#x017F;ie nicht fa&#x0364;hig, und die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0259] dieſe allein ſind gemeint; und von dieſer beſon- dern Gattung blos weichſchwachherziger Be- ber (tremblers) habe ich wenig gelitten. Ihre Zaͤrteley und Heucheley; ihre Ohnmacht und ihre Tuͤcke widerſtanden mir ſo ſichrbar, daß ſie mich nicht weniger flohen, als ich ſie vermied. Mit den Allwillen vertrage ich mich weit eher, zumal da nur wenige unter ihnen die Vollkommenheit ihrer Gattung erreichen. Sie widerſtehen mir auch weniger, als die Plan- vollen kalten Egoiſten, wenn dieſe ſchon nicht zu der niedrigſten Claſſe ihrer Art gehoͤren; keine Gierigſteine ſind. Weil die All- wille ſich ſelbſt aͤuſſerlich nicht ſchonen, Groͤße, und in manchen Faͤllen Edelmuth beweiſen, auch, ſo lange ſie nicht ganz verdorben ſind, die ſchoͤnſten Regungen der Seele haͤufig blicken laſſen, ja, durch ſie nicht ſelten auch geleitet werden; ſo kann man ſie weder ganz verachten, noch beſtaͤndig haſſen. Und dies eben macht ſie ſo gefaͤhrlich. Denn ihre Eigenſucht iſt hart und grauſam, wie keine andere. Einer eigent- lichen Verlaͤugnung ſind ſie nicht faͤhig, und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/259
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/259>, abgerufen am 23.11.2024.