Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Theages, glühend von Begierde, in seinem
Umgange Weisheit zu lernen.

Um ihn zu prüfen, that der Mann mit
dem Genius
seinem Verlangen Widerstand.
Er rieth ihm, sich an einen unter den vielen be-
rühmten Männern zu wenden, welche den
Vortheil in ihrer
eigenen Gewalt
hätten, womit sie andern Menschen
fortzuhelfen wüßten; und nicht wie
er
einem Genius, ohne den er nichts ver-
möchte, unterworfen wären.

Des Sokrates Widerstand machte den Jüng-
ling traurig. Ach, sagte er zu seinem Vater
Demodokus, in dessen Begleitung er gekom-
men war, und der für ihn das Wort führte:
Sokrates treibt nur sein Spiel mit uns, indem
er diese Dinge redet; denn ich kenne einige,
die mit mir entweder gleiches Alters, oder auch
noch etwas älter sind als ich, welche, ehe sie
mit diesem Umgang hatten, nichts taugende Leute
waren; nachdem sie aber in seine Gesellschaft

Theages, gluͤhend von Begierde, in ſeinem
Umgange Weisheit zu lernen.

Um ihn zu pruͤfen, that der Mann mit
dem Genius
ſeinem Verlangen Widerſtand.
Er rieth ihm, ſich an einen unter den vielen be-
ruͤhmten Maͤnnern zu wenden, welche den
Vortheil in ihrer
eigenen Gewalt
haͤtten, womit ſie andern Menſchen
fortzuhelfen wuͤßten; und nicht wie
er
einem Genius, ohne den er nichts ver-
moͤchte, unterworfen waͤren.

Des Sokrates Widerſtand machte den Juͤng-
ling traurig. Ach, ſagte er zu ſeinem Vater
Demodokus, in deſſen Begleitung er gekom-
men war, und der fuͤr ihn das Wort fuͤhrte:
Sokrates treibt nur ſein Spiel mit uns, indem
er dieſe Dinge redet; denn ich kenne einige,
die mit mir entweder gleiches Alters, oder auch
noch etwas aͤlter ſind als ich, welche, ehe ſie
mit dieſem Umgang hatten, nichts taugende Leute
waren; nachdem ſie aber in ſeine Geſellſchaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="172"/><hi rendition="#g">Theages</hi>, glu&#x0364;hend von Begierde, in &#x017F;einem<lb/>
Umgange Weisheit zu lernen.</p><lb/>
          <p>Um ihn zu pru&#x0364;fen, that der <hi rendition="#g">Mann mit<lb/>
dem Genius</hi> &#x017F;einem Verlangen Wider&#x017F;tand.<lb/>
Er rieth ihm, &#x017F;ich an einen unter den vielen be-<lb/>
ru&#x0364;hmten Ma&#x0364;nnern zu wenden, <hi rendition="#g">welche den<lb/>
Vortheil in ihrer</hi> <hi rendition="#fr">eigenen</hi> <hi rendition="#g">Gewalt<lb/>
ha&#x0364;tten, womit &#x017F;ie andern Men&#x017F;chen<lb/>
fortzuhelfen wu&#x0364;ßten; und nicht wie<lb/>
er</hi> <hi rendition="#fr">einem Genius</hi>, ohne den er nichts ver-<lb/>
mo&#x0364;chte, unterworfen wa&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Des Sokrates Wider&#x017F;tand machte den Ju&#x0364;ng-<lb/>
ling traurig. Ach, &#x017F;agte er zu &#x017F;einem Vater<lb/><hi rendition="#g">Demodokus</hi>, in de&#x017F;&#x017F;en Begleitung er gekom-<lb/>
men war, und der fu&#x0364;r ihn das Wort fu&#x0364;hrte:<lb/>
Sokrates treibt nur &#x017F;ein Spiel mit uns, indem<lb/>
er die&#x017F;e Dinge redet; denn ich kenne einige,<lb/>
die mit mir entweder gleiches Alters, oder auch<lb/>
noch etwas a&#x0364;lter &#x017F;ind als ich, welche, ehe &#x017F;ie<lb/>
mit die&#x017F;em Umgang hatten, nichts taugende Leute<lb/>
waren; nachdem &#x017F;ie aber in &#x017F;eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0210] Theages, gluͤhend von Begierde, in ſeinem Umgange Weisheit zu lernen. Um ihn zu pruͤfen, that der Mann mit dem Genius ſeinem Verlangen Widerſtand. Er rieth ihm, ſich an einen unter den vielen be- ruͤhmten Maͤnnern zu wenden, welche den Vortheil in ihrer eigenen Gewalt haͤtten, womit ſie andern Menſchen fortzuhelfen wuͤßten; und nicht wie er einem Genius, ohne den er nichts ver- moͤchte, unterworfen waͤren. Des Sokrates Widerſtand machte den Juͤng- ling traurig. Ach, ſagte er zu ſeinem Vater Demodokus, in deſſen Begleitung er gekom- men war, und der fuͤr ihn das Wort fuͤhrte: Sokrates treibt nur ſein Spiel mit uns, indem er dieſe Dinge redet; denn ich kenne einige, die mit mir entweder gleiches Alters, oder auch noch etwas aͤlter ſind als ich, welche, ehe ſie mit dieſem Umgang hatten, nichts taugende Leute waren; nachdem ſie aber in ſeine Geſellſchaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/210
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/210>, abgerufen am 24.11.2024.