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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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muß im Ausdruck des Argen; da schlappt,
Odemleer, die Nase, verkündiget Stadt-
Neuigkeiten, Skandale, und weiter nichts;
da senkt sich die kraftlose Stirne, auf welche
Furchtsamkeit und Mißtrauen die Hauptrun-
zeln geprägt haben. -- Es ist ein peinlicher
Anblick, ein wahres Höllenbild, so ein ganz
verkommener Mensch, der nun offenbar heil-
los in die Erde hinunter starrt! -- Meine
Mutter, die Süße, Liebe, o, wie war die so
schön durch ihre schöne Seele! -- Sie ver-
schwand wie ein Engel. Nie werde ich das
liebe Bild vergessen; werde es noch oft wieder
anfrischen mit Thränen, mit Freudenthrä-
nen über die liebe Mutter, daß sie so war,
und daß sie so aussah.

Ich möchte wissen was Ihr heute treibt.
Beysammen seyd Ihr gewiß, denn es ist
Sonntag; aber was für eine Art Wohlleben
Ihr mit einander habt, wie und wohin Ihr
Euch mit einander weidet, darauf sinn ich.
Ist Amalia die Heerführerin, dann gehts

H

muß im Ausdruck des Argen; da ſchlappt,
Odemleer, die Naſe, verkuͤndiget Stadt-
Neuigkeiten, Skandale, und weiter nichts;
da ſenkt ſich die kraftloſe Stirne, auf welche
Furchtſamkeit und Mißtrauen die Hauptrun-
zeln gepraͤgt haben. — Es iſt ein peinlicher
Anblick, ein wahres Hoͤllenbild, ſo ein ganz
verkommener Menſch, der nun offenbar heil-
los in die Erde hinunter ſtarrt! — Meine
Mutter, die Suͤße, Liebe, o, wie war die ſo
ſchoͤn durch ihre ſchoͤne Seele! — Sie ver-
ſchwand wie ein Engel. Nie werde ich das
liebe Bild vergeſſen; werde es noch oft wieder
anfriſchen mit Thraͤnen, mit Freudenthraͤ-
nen uͤber die liebe Mutter, daß ſie ſo war,
und daß ſie ſo ausſah.

Ich moͤchte wiſſen was Ihr heute treibt.
Beyſammen ſeyd Ihr gewiß, denn es iſt
Sonntag; aber was fuͤr eine Art Wohlleben
Ihr mit einander habt, wie und wohin Ihr
Euch mit einander weidet, darauf ſinn ich.
Iſt Amalia die Heerfuͤhrerin, dann gehts

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[113/0151] muß im Ausdruck des Argen; da ſchlappt, Odemleer, die Naſe, verkuͤndiget Stadt- Neuigkeiten, Skandale, und weiter nichts; da ſenkt ſich die kraftloſe Stirne, auf welche Furchtſamkeit und Mißtrauen die Hauptrun- zeln gepraͤgt haben. — Es iſt ein peinlicher Anblick, ein wahres Hoͤllenbild, ſo ein ganz verkommener Menſch, der nun offenbar heil- los in die Erde hinunter ſtarrt! — Meine Mutter, die Suͤße, Liebe, o, wie war die ſo ſchoͤn durch ihre ſchoͤne Seele! — Sie ver- ſchwand wie ein Engel. Nie werde ich das liebe Bild vergeſſen; werde es noch oft wieder anfriſchen mit Thraͤnen, mit Freudenthraͤ- nen uͤber die liebe Mutter, daß ſie ſo war, und daß ſie ſo ausſah. Ich moͤchte wiſſen was Ihr heute treibt. Beyſammen ſeyd Ihr gewiß, denn es iſt Sonntag; aber was fuͤr eine Art Wohlleben Ihr mit einander habt, wie und wohin Ihr Euch mit einander weidet, darauf ſinn ich. Iſt Amalia die Heerfuͤhrerin, dann gehts H

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/151>, abgerufen am 24.11.2024.