Darum habe ich oft gedacht, wir möchten wohl unsern Verstand nicht so ganz an uns selbst haben; und ich denke es gern, wegen der guten Aussichten für das Mehr bekom- men, welche ich da finde, und wegen des Fingers, der mich zurecht weist, den ich er- greifen und mich daran halten kann. Höre nur, wie Clerdon einmal, da ich zu B -- war, geträumt hat. Ich will Dirs von Wort zu Wort aus seinem Briefe abschreiben.
"Was mir die vorige Nacht erschienen ist, liebe Amli, erräthst Du nicht, und kein Mensch wirds errathen. Also laß Dir erzäh- len. Ich hatte mich zu Pferde gesetzt und war bey Dir in B --. Wir sitzen froh und ru- hig beysammen; da kommt der Bediente mit einem Briefe. Nachrichten von Hause! rufst Du; erbrichst mit Ungeduld das Siegel und liesest. Gott im Himmel, Clerdon! sagst Du plötzlich; ich bin gestern mit drey Kindern niedergekommen, zwey Knaben und einem Mädchen. -- Das ist unmöglich, gebe
Darum habe ich oft gedacht, wir moͤchten wohl unſern Verſtand nicht ſo ganz an uns ſelbſt haben; und ich denke es gern, wegen der guten Ausſichten fuͤr das Mehr bekom- men, welche ich da finde, und wegen des Fingers, der mich zurecht weiſt, den ich er- greifen und mich daran halten kann. Hoͤre nur, wie Clerdon einmal, da ich zu B — war, getraͤumt hat. Ich will Dirs von Wort zu Wort aus ſeinem Briefe abſchreiben.
„Was mir die vorige Nacht erſchienen iſt, liebe Amli, erraͤthſt Du nicht, und kein Menſch wirds errathen. Alſo laß Dir erzaͤh- len. Ich hatte mich zu Pferde geſetzt und war bey Dir in B —. Wir ſitzen froh und ru- hig beyſammen; da kommt der Bediente mit einem Briefe. Nachrichten von Hauſe! rufſt Du; erbrichſt mit Ungeduld das Siegel und lieſeſt. Gott im Himmel, Clerdon! ſagſt Du ploͤtzlich; ich bin geſtern mit drey Kindern niedergekommen, zwey Knaben und einem Maͤdchen. — Das iſt unmoͤglich, gebe
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Darum habe ich oft gedacht, wir moͤchten
wohl unſern Verſtand nicht ſo ganz an uns
ſelbſt haben; und ich denke es gern, wegen
der guten Ausſichten fuͤr das Mehr bekom-
men, welche ich da finde, und wegen des
Fingers, der mich zurecht weiſt, den ich er-
greifen und mich daran halten kann. Hoͤre
nur, wie Clerdon einmal, da ich zu B —
war, getraͤumt hat. Ich will Dirs von Wort
zu Wort aus ſeinem Briefe abſchreiben.
„Was mir die vorige Nacht erſchienen iſt,
liebe Amli, erraͤthſt Du nicht, und kein
Menſch wirds errathen. Alſo laß Dir erzaͤh-
len. Ich hatte mich zu Pferde geſetzt und war
bey Dir in B —. Wir ſitzen froh und ru-
hig beyſammen; da kommt der Bediente mit
einem Briefe. Nachrichten von Hauſe!
rufſt Du; erbrichſt mit Ungeduld das Siegel
und lieſeſt. Gott im Himmel, Clerdon!
ſagſt Du ploͤtzlich; ich bin geſtern mit drey
Kindern niedergekommen, zwey Knaben und
einem Maͤdchen. — Das iſt unmoͤglich, gebe
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/142>, abgerufen am 24.11.2024.
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