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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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daß so ein Hofschulte es wie eine Gnade ansah,
wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte:
Ich baue so gut mein Feld, wie Ihr, was habt
Ihr denn also voraus? Ich setzte mich also dreist
zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zusammen-
traf, ich sprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn
ich an einem der Großen vorüberging, that ich
so als müsse er mich zuerst grüßen, und meinte,
es wohl mit ihnen durchsetzen zu können. Aber,
Herr Schmitz, man setzt dergleichen mit den Men-
schen nicht durch, denn man ist immer nur Einer
und sie sind Viele, und das hält zusammen wie
Pech und Schwefel. Grob behandelten sie mich,
wenn ich sie besuchte, im Kruge rückten sie von
mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landstraße
und Nachbarweg zuerst gegrüßt seyn, so lachten
sie mir unter die Nase und Keiner lupfte den
Hut. Von Allen aber war der Hofschulze im
Oberhofe der Gröbste und Stolzeste und Schlimmste;
denn er ist immer unmenschlich reich gewesen und
hat großes Ansehen von jeher gehabt.

Also, Herr Schmitz, den Hofschulzen nahm ich
mir apart auf's Korn und dachte: Du sollst mir
daran glauben. -- Er hatte aber eine Tochter aus

daß ſo ein Hofſchulte es wie eine Gnade anſah,
wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte:
Ich baue ſo gut mein Feld, wie Ihr, was habt
Ihr denn alſo voraus? Ich ſetzte mich alſo dreiſt
zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zuſammen-
traf, ich ſprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn
ich an einem der Großen vorüberging, that ich
ſo als müſſe er mich zuerſt grüßen, und meinte,
es wohl mit ihnen durchſetzen zu können. Aber,
Herr Schmitz, man ſetzt dergleichen mit den Men-
ſchen nicht durch, denn man iſt immer nur Einer
und ſie ſind Viele, und das hält zuſammen wie
Pech und Schwefel. Grob behandelten ſie mich,
wenn ich ſie beſuchte, im Kruge rückten ſie von
mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landſtraße
und Nachbarweg zuerſt gegrüßt ſeyn, ſo lachten
ſie mir unter die Naſe und Keiner lupfte den
Hut. Von Allen aber war der Hofſchulze im
Oberhofe der Gröbſte und Stolzeſte und Schlimmſte;
denn er iſt immer unmenſchlich reich geweſen und
hat großes Anſehen von jeher gehabt.

Alſo, Herr Schmitz, den Hofſchulzen nahm ich
mir apart auf’s Korn und dachte: Du ſollſt mir
daran glauben. — Er hatte aber eine Tochter aus

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[50/0062] daß ſo ein Hofſchulte es wie eine Gnade anſah, wenn er mit einem Kötter trank. Denn ich dachte: Ich baue ſo gut mein Feld, wie Ihr, was habt Ihr denn alſo voraus? Ich ſetzte mich alſo dreiſt zu ihnen, wenn ich im Kruge mit ihnen zuſammen- traf, ich ſprach bei ihnen ungefordert ein. Wenn ich an einem der Großen vorüberging, that ich ſo als müſſe er mich zuerſt grüßen, und meinte, es wohl mit ihnen durchſetzen zu können. Aber, Herr Schmitz, man ſetzt dergleichen mit den Men- ſchen nicht durch, denn man iſt immer nur Einer und ſie ſind Viele, und das hält zuſammen wie Pech und Schwefel. Grob behandelten ſie mich, wenn ich ſie beſuchte, im Kruge rückten ſie von mir weg, und wollte ich von ihnen auf Landſtraße und Nachbarweg zuerſt gegrüßt ſeyn, ſo lachten ſie mir unter die Naſe und Keiner lupfte den Hut. Von Allen aber war der Hofſchulze im Oberhofe der Gröbſte und Stolzeſte und Schlimmſte; denn er iſt immer unmenſchlich reich geweſen und hat großes Anſehen von jeher gehabt. Alſo, Herr Schmitz, den Hofſchulzen nahm ich mir apart auf’s Korn und dachte: Du ſollſt mir daran glauben. — Er hatte aber eine Tochter aus

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/62>, abgerufen am 24.11.2024.