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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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So verdrießlich der Sammler war; diese An-
rede, in welcher er nur die Ankündigung eines
Fundes für sein Cabinet zu hören glaubte, machte
ihn aufmerksam. Er stand still und fragte: Was
ist es denn, Caspar? -- Nein, versetzte der Spiel-
mann, indem er seinen Leierkasten über den Rücken
warf, hier kann es nicht geschehen, sondern an
Ort und Stelle muß es veroffenbart werden.

Er ging dem Sammler auf dem Wege, der
nach dem Hofe des Schwiegersohnes führte, voran,
bog jedoch einige hundert Schritte von diesem
Hofe in einen Seitenpfad ein, der zwischen Erd-
wänden vertieft unter hohen Rüstern dunkel fort-
lief. Nicht weit hinein kreuzte den ersten Pfad
ein zweiter. Er war noch dunkler, weil ihn noch
höhere Bäume überschatteten.

An diesem Kreuzwege, der einsam und schauer-
lich zwischen den Erdwällen, Rüstern, zwischen
Brombeergebüsch, Nachtschatten und Schierling lag,
setzte der Spielmann seinen Leierkasten ab, bog
einen Brombeerbusch zurück, so daß ein großer
Stein entblößt wurde, kniete vor dem Steine
nieder und sagte dann, halbrückwärts nach dem
Sammler gewendet: Hier war's.


So verdrießlich der Sammler war; dieſe An-
rede, in welcher er nur die Ankündigung eines
Fundes für ſein Cabinet zu hören glaubte, machte
ihn aufmerkſam. Er ſtand ſtill und fragte: Was
iſt es denn, Caspar? — Nein, verſetzte der Spiel-
mann, indem er ſeinen Leierkaſten über den Rücken
warf, hier kann es nicht geſchehen, ſondern an
Ort und Stelle muß es veroffenbart werden.

Er ging dem Sammler auf dem Wege, der
nach dem Hofe des Schwiegerſohnes führte, voran,
bog jedoch einige hundert Schritte von dieſem
Hofe in einen Seitenpfad ein, der zwiſchen Erd-
wänden vertieft unter hohen Rüſtern dunkel fort-
lief. Nicht weit hinein kreuzte den erſten Pfad
ein zweiter. Er war noch dunkler, weil ihn noch
höhere Bäume überſchatteten.

An dieſem Kreuzwege, der einſam und ſchauer-
lich zwiſchen den Erdwällen, Rüſtern, zwiſchen
Brombeergebüſch, Nachtſchatten und Schierling lag,
ſetzte der Spielmann ſeinen Leierkaſten ab, bog
einen Brombeerbuſch zurück, ſo daß ein großer
Stein entblößt wurde, kniete vor dem Steine
nieder und ſagte dann, halbrückwärts nach dem
Sammler gewendet: Hier war’s.


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[43/0055] So verdrießlich der Sammler war; dieſe An- rede, in welcher er nur die Ankündigung eines Fundes für ſein Cabinet zu hören glaubte, machte ihn aufmerkſam. Er ſtand ſtill und fragte: Was iſt es denn, Caspar? — Nein, verſetzte der Spiel- mann, indem er ſeinen Leierkaſten über den Rücken warf, hier kann es nicht geſchehen, ſondern an Ort und Stelle muß es veroffenbart werden. Er ging dem Sammler auf dem Wege, der nach dem Hofe des Schwiegerſohnes führte, voran, bog jedoch einige hundert Schritte von dieſem Hofe in einen Seitenpfad ein, der zwiſchen Erd- wänden vertieft unter hohen Rüſtern dunkel fort- lief. Nicht weit hinein kreuzte den erſten Pfad ein zweiter. Er war noch dunkler, weil ihn noch höhere Bäume überſchatteten. An dieſem Kreuzwege, der einſam und ſchauer- lich zwiſchen den Erdwällen, Rüſtern, zwiſchen Brombeergebüſch, Nachtſchatten und Schierling lag, ſetzte der Spielmann ſeinen Leierkaſten ab, bog einen Brombeerbuſch zurück, ſo daß ein großer Stein entblößt wurde, kniete vor dem Steine nieder und ſagte dann, halbrückwärts nach dem Sammler gewendet: Hier war’s.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/55>, abgerufen am 28.11.2024.