Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Es wäre nicht zu verwundern, wenn die gnä-
dige Frau heftig würden, denn so lange auf sich
warten zu lassen, ist unerlaubt, erwiederte Fancy.

Die junge Dame bedachte sich und sagte: Aber
wenn mir recht ist, so habe ich ihr ja gar nicht
ankündigen lassen, daß ich mit ihr reden wollte.

Nein, sie weiß nichts davon, sagte Fancy.

Nun, so darf ich ihr ja auch deßhalb nicht zür-
nen! rief Clelia zornig.

Wenn Sie sonst nicht wollen, gnädige Frau, nein.

Der Stramin, dieser Zeitvertreiber, wurde aber-
mals zur Hand genommen. Clelia nähte eine halbe
Dreifaltigkeitsblume, seufzte aber plötzlich, ließ den
Stramin in den Schooß sinken und sagte gepreßt
und schwer: Edmund kann es nie verantworten,
was er an mir gethan hat.

Fancy seufzte auch und sprach: Ich hätte
das nimmermehr von dem Herrn gedacht.

Jungfer, sagte ihre Gebieterin mit einem stren-
gen Tone, ich verbitte mir alle Bemerkungen über
meinen Gemahl.

O mein Gott! rief Fancy und weinte, nun
sehen die gnädige Frau, was es zur Folge hat,
wenn Herrschaften ihre Untergebenen durch zu große

Es wäre nicht zu verwundern, wenn die gnä-
dige Frau heftig würden, denn ſo lange auf ſich
warten zu laſſen, iſt unerlaubt, erwiederte Fancy.

Die junge Dame bedachte ſich und ſagte: Aber
wenn mir recht iſt, ſo habe ich ihr ja gar nicht
ankündigen laſſen, daß ich mit ihr reden wollte.

Nein, ſie weiß nichts davon, ſagte Fancy.

Nun, ſo darf ich ihr ja auch deßhalb nicht zür-
nen! rief Clelia zornig.

Wenn Sie ſonſt nicht wollen, gnädige Frau, nein.

Der Stramin, dieſer Zeitvertreiber, wurde aber-
mals zur Hand genommen. Clelia nähte eine halbe
Dreifaltigkeitsblume, ſeufzte aber plötzlich, ließ den
Stramin in den Schooß ſinken und ſagte gepreßt
und ſchwer: Edmund kann es nie verantworten,
was er an mir gethan hat.

Fancy ſeufzte auch und ſprach: Ich hätte
das nimmermehr von dem Herrn gedacht.

Jungfer, ſagte ihre Gebieterin mit einem ſtren-
gen Tone, ich verbitte mir alle Bemerkungen über
meinen Gemahl.

O mein Gott! rief Fancy und weinte, nun
ſehen die gnädige Frau, was es zur Folge hat,
wenn Herrſchaften ihre Untergebenen durch zu große

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0262" n="250"/>
          <p>Es wäre nicht zu verwundern, wenn die gnä-<lb/>
dige Frau heftig würden, denn &#x017F;o lange auf &#x017F;ich<lb/>
warten zu la&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t unerlaubt, erwiederte Fancy.</p><lb/>
          <p>Die junge Dame bedachte &#x017F;ich und &#x017F;agte: Aber<lb/>
wenn mir recht i&#x017F;t, &#x017F;o habe ich ihr ja gar nicht<lb/>
ankündigen la&#x017F;&#x017F;en, daß ich mit ihr reden wollte.</p><lb/>
          <p>Nein, &#x017F;ie weiß nichts davon, &#x017F;agte Fancy.</p><lb/>
          <p>Nun, &#x017F;o darf ich ihr ja auch deßhalb nicht zür-<lb/>
nen! rief Clelia zornig.</p><lb/>
          <p>Wenn Sie &#x017F;on&#x017F;t nicht wollen, gnädige Frau, nein.</p><lb/>
          <p>Der Stramin, die&#x017F;er Zeitvertreiber, wurde aber-<lb/>
mals zur Hand genommen. Clelia nähte eine halbe<lb/>
Dreifaltigkeitsblume, &#x017F;eufzte aber plötzlich, ließ den<lb/>
Stramin in den Schooß &#x017F;inken und &#x017F;agte gepreßt<lb/>
und &#x017F;chwer: Edmund kann es nie verantworten,<lb/>
was er an mir gethan hat.</p><lb/>
          <p>Fancy &#x017F;eufzte auch und &#x017F;prach: Ich hätte<lb/>
das nimmermehr von dem Herrn gedacht.</p><lb/>
          <p>Jungfer, &#x017F;agte ihre Gebieterin mit einem &#x017F;tren-<lb/>
gen Tone, ich verbitte mir alle Bemerkungen über<lb/>
meinen Gemahl.</p><lb/>
          <p>O mein Gott! rief Fancy und weinte, nun<lb/>
&#x017F;ehen die gnädige Frau, was es zur Folge hat,<lb/>
wenn Herr&#x017F;chaften ihre Untergebenen durch zu große<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0262] Es wäre nicht zu verwundern, wenn die gnä- dige Frau heftig würden, denn ſo lange auf ſich warten zu laſſen, iſt unerlaubt, erwiederte Fancy. Die junge Dame bedachte ſich und ſagte: Aber wenn mir recht iſt, ſo habe ich ihr ja gar nicht ankündigen laſſen, daß ich mit ihr reden wollte. Nein, ſie weiß nichts davon, ſagte Fancy. Nun, ſo darf ich ihr ja auch deßhalb nicht zür- nen! rief Clelia zornig. Wenn Sie ſonſt nicht wollen, gnädige Frau, nein. Der Stramin, dieſer Zeitvertreiber, wurde aber- mals zur Hand genommen. Clelia nähte eine halbe Dreifaltigkeitsblume, ſeufzte aber plötzlich, ließ den Stramin in den Schooß ſinken und ſagte gepreßt und ſchwer: Edmund kann es nie verantworten, was er an mir gethan hat. Fancy ſeufzte auch und ſprach: Ich hätte das nimmermehr von dem Herrn gedacht. Jungfer, ſagte ihre Gebieterin mit einem ſtren- gen Tone, ich verbitte mir alle Bemerkungen über meinen Gemahl. O mein Gott! rief Fancy und weinte, nun ſehen die gnädige Frau, was es zur Folge hat, wenn Herrſchaften ihre Untergebenen durch zu große

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/262
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/262>, abgerufen am 24.11.2024.