Stande gekommen. Auch er überzeugte sich zwar, daß die Sache verjährt sei, gleichwohl meinte er, sie habe eine solche Gestalt, daß wenigstens das Thatsächliche in aller Form Rechtens festgestellt werden müsse. Der Amtseifer des Geschäftsman- nes wurde selbst durch den traurigen Zwischen- fall mit seinem jungen Freunde nicht von dieser Bahn abgeleitet. Er trug daher, was er geschrie- ben, zu dem Vorstande des Gerichts, gab die nöthigen Erläuterungen dazu und das Gericht ging ebenfalls in die Ansicht ein, daß ein geständiger Mörder wenn auch von noch so alter Zeit her, wenigstens vor der Hand nicht auf freien Füßen stehen und unverhört bleiben dürfe.
Man schritt daher gegen den Patriotencaspar zur Verhaftung. Dieser hielt von dem Leiterwagen herunter, auf dem man ihn einbrachte, Reden an das Volk, verfluchte die Gerichte von seines Glei- chen und pries die Gerichte des Königs, vor denen er nunmehr seine alte Schuld abbüßen wolle. Zu- gleich berühmte er sich des Torts, den er seinem Todfeinde angethan. Das Gericht wollte sich in- dessen auch nicht so ohne Weiteres mit einer viel- leicht nachher getadelten Arbeit belasten, fragte
Stande gekommen. Auch er überzeugte ſich zwar, daß die Sache verjährt ſei, gleichwohl meinte er, ſie habe eine ſolche Geſtalt, daß wenigſtens das Thatſächliche in aller Form Rechtens feſtgeſtellt werden müſſe. Der Amtseifer des Geſchäftsman- nes wurde ſelbſt durch den traurigen Zwiſchen- fall mit ſeinem jungen Freunde nicht von dieſer Bahn abgeleitet. Er trug daher, was er geſchrie- ben, zu dem Vorſtande des Gerichts, gab die nöthigen Erläuterungen dazu und das Gericht ging ebenfalls in die Anſicht ein, daß ein geſtändiger Mörder wenn auch von noch ſo alter Zeit her, wenigſtens vor der Hand nicht auf freien Füßen ſtehen und unverhört bleiben dürfe.
Man ſchritt daher gegen den Patriotencaspar zur Verhaftung. Dieſer hielt von dem Leiterwagen herunter, auf dem man ihn einbrachte, Reden an das Volk, verfluchte die Gerichte von ſeines Glei- chen und pries die Gerichte des Königs, vor denen er nunmehr ſeine alte Schuld abbüßen wolle. Zu- gleich berühmte er ſich des Torts, den er ſeinem Todfeinde angethan. Das Gericht wollte ſich in- deſſen auch nicht ſo ohne Weiteres mit einer viel- leicht nachher getadelten Arbeit belaſten, fragte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0242"n="230"/>
Stande gekommen. Auch er überzeugte ſich zwar,<lb/>
daß die Sache verjährt ſei, gleichwohl meinte er,<lb/>ſie habe eine ſolche Geſtalt, daß wenigſtens das<lb/>
Thatſächliche in aller Form Rechtens feſtgeſtellt<lb/>
werden müſſe. Der Amtseifer des Geſchäftsman-<lb/>
nes wurde ſelbſt durch den traurigen Zwiſchen-<lb/>
fall mit ſeinem jungen Freunde nicht von dieſer<lb/>
Bahn abgeleitet. Er trug daher, was er geſchrie-<lb/>
ben, zu dem Vorſtande des Gerichts, gab die<lb/>
nöthigen Erläuterungen dazu und das Gericht ging<lb/>
ebenfalls in die Anſicht ein, daß ein geſtändiger<lb/>
Mörder wenn auch von noch ſo alter Zeit her,<lb/>
wenigſtens vor der Hand nicht auf freien Füßen<lb/>ſtehen und unverhört bleiben dürfe.</p><lb/><p>Man ſchritt daher gegen den Patriotencaspar<lb/>
zur Verhaftung. Dieſer hielt von dem Leiterwagen<lb/>
herunter, auf dem man ihn einbrachte, Reden an<lb/>
das Volk, verfluchte die Gerichte von ſeines Glei-<lb/>
chen und pries die Gerichte des Königs, vor denen<lb/>
er nunmehr ſeine alte Schuld abbüßen wolle. Zu-<lb/>
gleich berühmte er ſich des Torts, den er ſeinem<lb/>
Todfeinde angethan. Das Gericht wollte ſich in-<lb/>
deſſen auch nicht ſo ohne Weiteres mit einer viel-<lb/>
leicht nachher getadelten Arbeit belaſten, fragte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[230/0242]
Stande gekommen. Auch er überzeugte ſich zwar,
daß die Sache verjährt ſei, gleichwohl meinte er,
ſie habe eine ſolche Geſtalt, daß wenigſtens das
Thatſächliche in aller Form Rechtens feſtgeſtellt
werden müſſe. Der Amtseifer des Geſchäftsman-
nes wurde ſelbſt durch den traurigen Zwiſchen-
fall mit ſeinem jungen Freunde nicht von dieſer
Bahn abgeleitet. Er trug daher, was er geſchrie-
ben, zu dem Vorſtande des Gerichts, gab die
nöthigen Erläuterungen dazu und das Gericht ging
ebenfalls in die Anſicht ein, daß ein geſtändiger
Mörder wenn auch von noch ſo alter Zeit her,
wenigſtens vor der Hand nicht auf freien Füßen
ſtehen und unverhört bleiben dürfe.
Man ſchritt daher gegen den Patriotencaspar
zur Verhaftung. Dieſer hielt von dem Leiterwagen
herunter, auf dem man ihn einbrachte, Reden an
das Volk, verfluchte die Gerichte von ſeines Glei-
chen und pries die Gerichte des Königs, vor denen
er nunmehr ſeine alte Schuld abbüßen wolle. Zu-
gleich berühmte er ſich des Torts, den er ſeinem
Todfeinde angethan. Das Gericht wollte ſich in-
deſſen auch nicht ſo ohne Weiteres mit einer viel-
leicht nachher getadelten Arbeit belaſten, fragte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/242>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.