dete mit der Geduld einer Heiligen die Bestand- theile des so ungerecht verklagten Lagers. Aber es half Alles nichts und gegen Morgen bekam Clelia einen Anfall von Krämpfen. Fancy pflegte die arme Kranke mit Essigäther und Orangenblü- thenthee, den sie sogleich rasch und still zu bereiten wußte, treulichst. Das Uebel lösete sich auch, und unter Thränen, welche die beklommene Brust er- leichterten, machte Clelia am Busen ihrer Ver- trauten dem verhaltenen Schmerze Luft. Sie weinte sehr und klagte über ihren Gemahl, der sie so herzlos habe verlassen können, sie fürchte, sagte sie, daß er sie doch nicht so liebe, wie sie gedacht, sie nannte sich endlich schluchzend eine arme, auf- gegebene schutzlose Frau. -- Fancy nöthigte ihr so viel Orangenblüthenthee ein, wie nur möglich, und schalt dabei auf das ganze männliche Geschlecht, von dem sie behauptete, daß es im Allgemeinen nichts tauge und nur zum Verderben der Frauen erschaffen sei. Der gnädige Herr mache denn leider auch keine Ausnahme, sagte sie und das Uebelste sei, daß sich, wenn er fest dabei verbleibe, seinen Oheim im Osnabrück'schen so lange zu be- suchen, als die gnädige Frau hier Geschäfte habe,
15*
dete mit der Geduld einer Heiligen die Beſtand- theile des ſo ungerecht verklagten Lagers. Aber es half Alles nichts und gegen Morgen bekam Clelia einen Anfall von Krämpfen. Fancy pflegte die arme Kranke mit Eſſigäther und Orangenblü- thenthee, den ſie ſogleich raſch und ſtill zu bereiten wußte, treulichſt. Das Uebel löſete ſich auch, und unter Thränen, welche die beklommene Bruſt er- leichterten, machte Clelia am Buſen ihrer Ver- trauten dem verhaltenen Schmerze Luft. Sie weinte ſehr und klagte über ihren Gemahl, der ſie ſo herzlos habe verlaſſen können, ſie fürchte, ſagte ſie, daß er ſie doch nicht ſo liebe, wie ſie gedacht, ſie nannte ſich endlich ſchluchzend eine arme, auf- gegebene ſchutzloſe Frau. — Fancy nöthigte ihr ſo viel Orangenblüthenthee ein, wie nur möglich, und ſchalt dabei auf das ganze männliche Geſchlecht, von dem ſie behauptete, daß es im Allgemeinen nichts tauge und nur zum Verderben der Frauen erſchaffen ſei. Der gnädige Herr mache denn leider auch keine Ausnahme, ſagte ſie und das Uebelſte ſei, daß ſich, wenn er feſt dabei verbleibe, ſeinen Oheim im Osnabrück’ſchen ſo lange zu be- ſuchen, als die gnädige Frau hier Geſchäfte habe,
15*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0239"n="227"/>
dete mit der Geduld einer Heiligen die Beſtand-<lb/>
theile des ſo ungerecht verklagten Lagers. Aber<lb/>
es half Alles nichts und gegen Morgen bekam<lb/>
Clelia einen Anfall von Krämpfen. Fancy pflegte<lb/>
die arme Kranke mit Eſſigäther und Orangenblü-<lb/>
thenthee, den ſie ſogleich raſch und ſtill zu bereiten<lb/>
wußte, treulichſt. Das Uebel löſete ſich auch, und<lb/>
unter Thränen, welche die beklommene Bruſt er-<lb/>
leichterten, machte Clelia am Buſen ihrer Ver-<lb/>
trauten dem verhaltenen Schmerze Luft. Sie<lb/>
weinte ſehr und klagte über ihren Gemahl, der ſie<lb/>ſo herzlos habe verlaſſen können, ſie fürchte, ſagte<lb/>ſie, daß er ſie doch nicht ſo liebe, wie ſie gedacht,<lb/>ſie nannte ſich endlich ſchluchzend eine arme, auf-<lb/>
gegebene ſchutzloſe Frau. — Fancy nöthigte ihr<lb/>ſo viel Orangenblüthenthee ein, wie nur möglich,<lb/>
und ſchalt dabei auf das ganze männliche Geſchlecht,<lb/>
von dem ſie behauptete, daß es im Allgemeinen<lb/>
nichts tauge und nur zum Verderben der Frauen<lb/>
erſchaffen ſei. Der gnädige Herr mache denn<lb/>
leider auch keine Ausnahme, ſagte ſie und das<lb/>
Uebelſte ſei, daß ſich, wenn er feſt dabei verbleibe,<lb/>ſeinen Oheim im Osnabrück’ſchen ſo lange zu be-<lb/>ſuchen, als die gnädige Frau hier Geſchäfte habe,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">15*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[227/0239]
dete mit der Geduld einer Heiligen die Beſtand-
theile des ſo ungerecht verklagten Lagers. Aber
es half Alles nichts und gegen Morgen bekam
Clelia einen Anfall von Krämpfen. Fancy pflegte
die arme Kranke mit Eſſigäther und Orangenblü-
thenthee, den ſie ſogleich raſch und ſtill zu bereiten
wußte, treulichſt. Das Uebel löſete ſich auch, und
unter Thränen, welche die beklommene Bruſt er-
leichterten, machte Clelia am Buſen ihrer Ver-
trauten dem verhaltenen Schmerze Luft. Sie
weinte ſehr und klagte über ihren Gemahl, der ſie
ſo herzlos habe verlaſſen können, ſie fürchte, ſagte
ſie, daß er ſie doch nicht ſo liebe, wie ſie gedacht,
ſie nannte ſich endlich ſchluchzend eine arme, auf-
gegebene ſchutzloſe Frau. — Fancy nöthigte ihr
ſo viel Orangenblüthenthee ein, wie nur möglich,
und ſchalt dabei auf das ganze männliche Geſchlecht,
von dem ſie behauptete, daß es im Allgemeinen
nichts tauge und nur zum Verderben der Frauen
erſchaffen ſei. Der gnädige Herr mache denn
leider auch keine Ausnahme, ſagte ſie und das
Uebelſte ſei, daß ſich, wenn er feſt dabei verbleibe,
ſeinen Oheim im Osnabrück’ſchen ſo lange zu be-
ſuchen, als die gnädige Frau hier Geſchäfte habe,
15*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/239>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.