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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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von der Tochter eines Assistenten und auch vom
Küster, der ihr mit seiner barocken Weise aufge-
fallen war, und über den sie bei der und der
Gelegenheit herzlich hatte lachen müssen, so komisch
war sein Betragen gewesen.

Der Stoff dieser Mittheilungen hatte sich noch
lange nicht erschöpft, als die Dame sie unterbrach
und sie um Gotteswillen bat aufzuhören mit dem
albernen Zeuge von Steuereinnehmerfrauen und
Assistententöchtern und Küstern, denn sie habe ent-
setzliches Kopfweh. Fancy verstummte auf der
Stelle, holte kölnisches Wasser und rieb ihrer lei-
denden Herrin die Schläfe damit ein. -- Du bist
ein gutes Mädchen, Fancy, sagte Clelia sanft
während dieser Mühwaltung zu der Dienerin, aber
sehr langweilig kannst du mitunter seyn.

Gnädige Frau, antwortete Fancy schüchtern
und doch mit einem gewissen Pathos, all mein
Verdienst ist, Ihnen treu zu seyn und Ihnen zu
gehorchen wie eine Sclavin. Unterhaltung kann
freilich ein so beschränktes Mädchen, wie ich bin,
nicht haben.

Clelia ließ sich darauf bei ihrem Vetter an-
melden. Die Begrüßung beider Verwandten war

von der Tochter eines Aſſiſtenten und auch vom
Küſter, der ihr mit ſeiner barocken Weiſe aufge-
fallen war, und über den ſie bei der und der
Gelegenheit herzlich hatte lachen müſſen, ſo komiſch
war ſein Betragen geweſen.

Der Stoff dieſer Mittheilungen hatte ſich noch
lange nicht erſchöpft, als die Dame ſie unterbrach
und ſie um Gotteswillen bat aufzuhören mit dem
albernen Zeuge von Steuereinnehmerfrauen und
Aſſiſtententöchtern und Küſtern, denn ſie habe ent-
ſetzliches Kopfweh. Fancy verſtummte auf der
Stelle, holte kölniſches Waſſer und rieb ihrer lei-
denden Herrin die Schläfe damit ein. — Du biſt
ein gutes Mädchen, Fancy, ſagte Clelia ſanft
während dieſer Mühwaltung zu der Dienerin, aber
ſehr langweilig kannſt du mitunter ſeyn.

Gnädige Frau, antwortete Fancy ſchüchtern
und doch mit einem gewiſſen Pathos, all mein
Verdienſt iſt, Ihnen treu zu ſeyn und Ihnen zu
gehorchen wie eine Sclavin. Unterhaltung kann
freilich ein ſo beſchränktes Mädchen, wie ich bin,
nicht haben.

Clelia ließ ſich darauf bei ihrem Vetter an-
melden. Die Begrüßung beider Verwandten war

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[217/0229] von der Tochter eines Aſſiſtenten und auch vom Küſter, der ihr mit ſeiner barocken Weiſe aufge- fallen war, und über den ſie bei der und der Gelegenheit herzlich hatte lachen müſſen, ſo komiſch war ſein Betragen geweſen. Der Stoff dieſer Mittheilungen hatte ſich noch lange nicht erſchöpft, als die Dame ſie unterbrach und ſie um Gotteswillen bat aufzuhören mit dem albernen Zeuge von Steuereinnehmerfrauen und Aſſiſtententöchtern und Küſtern, denn ſie habe ent- ſetzliches Kopfweh. Fancy verſtummte auf der Stelle, holte kölniſches Waſſer und rieb ihrer lei- denden Herrin die Schläfe damit ein. — Du biſt ein gutes Mädchen, Fancy, ſagte Clelia ſanft während dieſer Mühwaltung zu der Dienerin, aber ſehr langweilig kannſt du mitunter ſeyn. Gnädige Frau, antwortete Fancy ſchüchtern und doch mit einem gewiſſen Pathos, all mein Verdienſt iſt, Ihnen treu zu ſeyn und Ihnen zu gehorchen wie eine Sclavin. Unterhaltung kann freilich ein ſo beſchränktes Mädchen, wie ich bin, nicht haben. Clelia ließ ſich darauf bei ihrem Vetter an- melden. Die Begrüßung beider Verwandten war

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/229>, abgerufen am 24.11.2024.