Kopfkissen, welches Ihr Jahraus, Jahrein, sobald wir die Stadt verlassen, eingeknöpft auf dem Un- terleibe tragt, die Witterung mag so schön seyn, wie sie will, muß Euch das Blut wallen machen und die Säfte zu Kopfe treiben.
Es ist nicht dieses, mein Herr Diaconus, er- wiederte der Küster, indem er seinen ausgestopften Unterleib streichelte, welcher sich in sonderbaren Wellenlinien, Wülsten und Knoten darwies, weil der Inhaber die Federn des Kissens nicht ganz gleich vertheilt und verstrichen hatte. Es ist nicht dieses. Besser bewahrt, wie beklagt, ich weiß ja, was eine hartnäckige Verkältung auf sich hat. Das Kissen ist gleichsam ein Theil von mir geworden und ruht mir ohne die mindeste Beschwer auf dem Herzen. Aber weshalb ich beklommen bin, das ist die Furcht vor einer Herabsetzung meines Anse- hens und vor einer Schändung so zu sagen des ganzen Küsterstandes, welche mir auf dieser unglück- seligen Hochzeit bevorsteht.
Wie denn so?
Der Herr Diaconus wissen, daß der Schul- meister loci vor nunmehr beinahe acht Tagen ver- storben ist, und seine Stelle noch keine Besetzung
Kopfkiſſen, welches Ihr Jahraus, Jahrein, ſobald wir die Stadt verlaſſen, eingeknöpft auf dem Un- terleibe tragt, die Witterung mag ſo ſchön ſeyn, wie ſie will, muß Euch das Blut wallen machen und die Säfte zu Kopfe treiben.
Es iſt nicht dieſes, mein Herr Diaconus, er- wiederte der Küſter, indem er ſeinen ausgeſtopften Unterleib ſtreichelte, welcher ſich in ſonderbaren Wellenlinien, Wülſten und Knoten darwies, weil der Inhaber die Federn des Kiſſens nicht ganz gleich vertheilt und verſtrichen hatte. Es iſt nicht dieſes. Beſſer bewahrt, wie beklagt, ich weiß ja, was eine hartnäckige Verkältung auf ſich hat. Das Kiſſen iſt gleichſam ein Theil von mir geworden und ruht mir ohne die mindeſte Beſchwer auf dem Herzen. Aber weshalb ich beklommen bin, das iſt die Furcht vor einer Herabſetzung meines Anſe- hens und vor einer Schändung ſo zu ſagen des ganzen Küſterſtandes, welche mir auf dieſer unglück- ſeligen Hochzeit bevorſteht.
Wie denn ſo?
Der Herr Diaconus wiſſen, daß der Schul- meiſter loci vor nunmehr beinahe acht Tagen ver- ſtorben iſt, und ſeine Stelle noch keine Beſetzung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0075"n="61"/><choice><sic>Kopfkiſſeu</sic><corr>Kopfkiſſen</corr></choice>, welches Ihr Jahraus, Jahrein, ſobald<lb/>
wir die Stadt verlaſſen, eingeknöpft auf dem Un-<lb/>
terleibe tragt, die Witterung mag ſo ſchön ſeyn,<lb/>
wie ſie will, muß Euch das Blut wallen machen<lb/>
und die Säfte zu Kopfe treiben.</p><lb/><p>Es iſt nicht dieſes, mein Herr Diaconus, er-<lb/>
wiederte der Küſter, indem er ſeinen ausgeſtopften<lb/>
Unterleib ſtreichelte, welcher ſich in ſonderbaren<lb/>
Wellenlinien, Wülſten und Knoten darwies, weil<lb/>
der Inhaber die Federn des Kiſſens nicht ganz<lb/>
gleich vertheilt und verſtrichen hatte. Es iſt nicht<lb/>
dieſes. Beſſer bewahrt, wie beklagt, ich weiß ja,<lb/>
was eine hartnäckige Verkältung auf ſich hat. Das<lb/>
Kiſſen iſt gleichſam ein Theil von mir geworden<lb/>
und ruht mir ohne die mindeſte Beſchwer auf dem<lb/>
Herzen. Aber weshalb ich beklommen bin, das iſt<lb/>
die Furcht vor einer Herabſetzung meines Anſe-<lb/>
hens und vor einer Schändung ſo zu ſagen des<lb/>
ganzen Küſterſtandes, welche mir auf dieſer unglück-<lb/>ſeligen Hochzeit bevorſteht.</p><lb/><p>Wie denn ſo?</p><lb/><p>Der Herr Diaconus wiſſen, daß der Schul-<lb/>
meiſter <hirendition="#aq">loci</hi> vor nunmehr beinahe acht Tagen ver-<lb/>ſtorben iſt, und ſeine Stelle noch keine Beſetzung<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[61/0075]
Kopfkiſſen, welches Ihr Jahraus, Jahrein, ſobald
wir die Stadt verlaſſen, eingeknöpft auf dem Un-
terleibe tragt, die Witterung mag ſo ſchön ſeyn,
wie ſie will, muß Euch das Blut wallen machen
und die Säfte zu Kopfe treiben.
Es iſt nicht dieſes, mein Herr Diaconus, er-
wiederte der Küſter, indem er ſeinen ausgeſtopften
Unterleib ſtreichelte, welcher ſich in ſonderbaren
Wellenlinien, Wülſten und Knoten darwies, weil
der Inhaber die Federn des Kiſſens nicht ganz
gleich vertheilt und verſtrichen hatte. Es iſt nicht
dieſes. Beſſer bewahrt, wie beklagt, ich weiß ja,
was eine hartnäckige Verkältung auf ſich hat. Das
Kiſſen iſt gleichſam ein Theil von mir geworden
und ruht mir ohne die mindeſte Beſchwer auf dem
Herzen. Aber weshalb ich beklommen bin, das iſt
die Furcht vor einer Herabſetzung meines Anſe-
hens und vor einer Schändung ſo zu ſagen des
ganzen Küſterſtandes, welche mir auf dieſer unglück-
ſeligen Hochzeit bevorſteht.
Wie denn ſo?
Der Herr Diaconus wiſſen, daß der Schul-
meiſter loci vor nunmehr beinahe acht Tagen ver-
ſtorben iſt, und ſeine Stelle noch keine Beſetzung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/75>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.