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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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gebohntes Parquet, auf dem bei dem Schalle der
Flöten und Geigen reizende Mädchen und hübsche
Jünglinge den Cotillon tanzen, den reichen, tou-
renunerschöpflichen Tanz, und alte Herren umher-
stehen, und zärtliche verwelkte Mütter umhersitzen?
Niemand weiß, ob ihn nicht eine Schöne in einer
artigen Caprice, wie das launenvolle Glück, holt,
auf daß er mit dem holdathmenden Glücke noch
eine unerwartete Runde durch den Saal mache;
und Andere, welche meinen, ihnen könne es nicht
entgehen, bleiben ungeholt. -- Plötzlich zerstört
ein ungeschickter und übersehener Stuhl die künst-
lichsten Reigen und manche zärtliche Mutter wird
unversehens auf den Fuß getreten, und die alten
Herren wissen nicht, wohin sie sich vor einer im-
provisirten wilden Promenade der Jugend retten
sollen. Mänadisch raset der Schwarm bis in die
fernsten Seitenzimmer, und die Whisttische werden
umkreiset; einen Augenblick sehen runzlichte Ge-
sichter aus Gallakleidern von der gemalten Coeur-
dame auf nach den lustklopfenden Busen der tan-
zenden Mädchen und zwei Tiefdenker, die Punsch
trinken und philosophiren über schwerbewegliche
Dinge, sind gestört und versenken sich in die Be-

gebohntes Parquet, auf dem bei dem Schalle der
Flöten und Geigen reizende Mädchen und hübſche
Jünglinge den Cotillon tanzen, den reichen, tou-
renunerſchöpflichen Tanz, und alte Herren umher-
ſtehen, und zärtliche verwelkte Mütter umherſitzen?
Niemand weiß, ob ihn nicht eine Schöne in einer
artigen Caprice, wie das launenvolle Glück, holt,
auf daß er mit dem holdathmenden Glücke noch
eine unerwartete Runde durch den Saal mache;
und Andere, welche meinen, ihnen könne es nicht
entgehen, bleiben ungeholt. — Plötzlich zerſtört
ein ungeſchickter und überſehener Stuhl die künſt-
lichſten Reigen und manche zärtliche Mutter wird
unverſehens auf den Fuß getreten, und die alten
Herren wiſſen nicht, wohin ſie ſich vor einer im-
proviſirten wilden Promenade der Jugend retten
ſollen. Mänadiſch raſet der Schwarm bis in die
fernſten Seitenzimmer, und die Whiſttiſche werden
umkreiſet; einen Augenblick ſehen runzlichte Ge-
ſichter aus Gallakleidern von der gemalten Coeur-
dame auf nach den luſtklopfenden Buſen der tan-
zenden Mädchen und zwei Tiefdenker, die Punſch
trinken und philoſophiren über ſchwerbewegliche
Dinge, ſind geſtört und verſenken ſich in die Be-

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[426/0440] gebohntes Parquet, auf dem bei dem Schalle der Flöten und Geigen reizende Mädchen und hübſche Jünglinge den Cotillon tanzen, den reichen, tou- renunerſchöpflichen Tanz, und alte Herren umher- ſtehen, und zärtliche verwelkte Mütter umherſitzen? Niemand weiß, ob ihn nicht eine Schöne in einer artigen Caprice, wie das launenvolle Glück, holt, auf daß er mit dem holdathmenden Glücke noch eine unerwartete Runde durch den Saal mache; und Andere, welche meinen, ihnen könne es nicht entgehen, bleiben ungeholt. — Plötzlich zerſtört ein ungeſchickter und überſehener Stuhl die künſt- lichſten Reigen und manche zärtliche Mutter wird unverſehens auf den Fuß getreten, und die alten Herren wiſſen nicht, wohin ſie ſich vor einer im- proviſirten wilden Promenade der Jugend retten ſollen. Mänadiſch raſet der Schwarm bis in die fernſten Seitenzimmer, und die Whiſttiſche werden umkreiſet; einen Augenblick ſehen runzlichte Ge- ſichter aus Gallakleidern von der gemalten Coeur- dame auf nach den luſtklopfenden Buſen der tan- zenden Mädchen und zwei Tiefdenker, die Punſch trinken und philoſophiren über ſchwerbewegliche Dinge, ſind geſtört und verſenken ſich in die Be-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/440>, abgerufen am 23.11.2024.