nicht hastig und leidenschaftlich, sondern langsam und ruhig. Es dauerte daher einige Zeit, bevor die Magd Gitta herbeikam, und als sie endlich gekom- men war, erschien die Hülfe zu spät, denn der Topf hatte nichts mehr zu verschütten.
Der Hofschulze ließ sich diesen Verlust nicht kümmern, die Magd mußte ihm einen Stuhl vor das Haus setzen, er nahm dort, dem Eichenkampe gegenüber, Platz, und erwartete, die Schenkel ge- rade vor sich hingestreckt, Hut und Stock in der Hand, von der goldenen Sonne prächtig beleuchtet, still und wacker den weiteren Fortgang der Dinge.
Inzwischen schmückten zwei Brautjungfern die Braut auf ihrer Kammer. Rings um sie her stan- den bunt mit Blumen bemalte Laden und Packen in Leinwand, welche die Ausstattung an Gebild, Betten, Garn, Wasche und Flachs enthielten. Selbst in der Thüre und bis weit auf den Gang hinaus war Alles besetzt. Inmitten dieser Reich- thümer saß die Braut vor einem kleinen Spiegel, hochroth und ernsthaft. Die erste Brautjungfer legte ihr die blauen Strümpfe mit rothen Zwickeln an, die zweite warf ihr den Rock von schwarzem, feinem Tuche über, und ließ diesem Stücke die
nicht haſtig und leidenſchaftlich, ſondern langſam und ruhig. Es dauerte daher einige Zeit, bevor die Magd Gitta herbeikam, und als ſie endlich gekom- men war, erſchien die Hülfe zu ſpät, denn der Topf hatte nichts mehr zu verſchütten.
Der Hofſchulze ließ ſich dieſen Verluſt nicht kümmern, die Magd mußte ihm einen Stuhl vor das Haus ſetzen, er nahm dort, dem Eichenkampe gegenüber, Platz, und erwartete, die Schenkel ge- rade vor ſich hingeſtreckt, Hut und Stock in der Hand, von der goldenen Sonne prächtig beleuchtet, ſtill und wacker den weiteren Fortgang der Dinge.
Inzwiſchen ſchmückten zwei Brautjungfern die Braut auf ihrer Kammer. Rings um ſie her ſtan- den bunt mit Blumen bemalte Laden und Packen in Leinwand, welche die Ausſtattung an Gebild, Betten, Garn, Waſche und Flachs enthielten. Selbſt in der Thüre und bis weit auf den Gang hinaus war Alles beſetzt. Inmitten dieſer Reich- thümer ſaß die Braut vor einem kleinen Spiegel, hochroth und ernſthaft. Die erſte Brautjungfer legte ihr die blauen Strümpfe mit rothen Zwickeln an, die zweite warf ihr den Rock von ſchwarzem, feinem Tuche über, und ließ dieſem Stücke die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0037"n="23"/>
nicht haſtig und leidenſchaftlich, ſondern langſam und<lb/>
ruhig. Es dauerte daher einige Zeit, bevor die<lb/>
Magd Gitta herbeikam, und als ſie endlich gekom-<lb/>
men war, erſchien die Hülfe zu ſpät, denn der<lb/>
Topf hatte nichts mehr zu verſchütten.</p><lb/><p>Der Hofſchulze ließ ſich dieſen Verluſt nicht<lb/>
kümmern, die Magd mußte ihm einen Stuhl vor<lb/>
das Haus ſetzen, er nahm dort, dem Eichenkampe<lb/>
gegenüber, Platz, und erwartete, die Schenkel ge-<lb/>
rade vor ſich hingeſtreckt, Hut und Stock in der<lb/>
Hand, von der goldenen Sonne prächtig beleuchtet,<lb/>ſtill und wacker den weiteren Fortgang der Dinge.</p><lb/><p>Inzwiſchen ſchmückten zwei Brautjungfern die<lb/>
Braut auf ihrer Kammer. Rings um ſie her ſtan-<lb/>
den bunt mit Blumen bemalte Laden und Packen<lb/>
in Leinwand, welche die Ausſtattung an Gebild,<lb/>
Betten, Garn, Waſche und Flachs enthielten.<lb/>
Selbſt in der Thüre und bis weit auf den Gang<lb/>
hinaus war Alles beſetzt. Inmitten dieſer Reich-<lb/>
thümer ſaß die Braut vor einem kleinen Spiegel,<lb/>
hochroth und ernſthaft. Die erſte Brautjungfer<lb/>
legte ihr die blauen Strümpfe mit rothen Zwickeln<lb/>
an, die zweite warf ihr den Rock von ſchwarzem,<lb/>
feinem Tuche über, und ließ dieſem Stücke die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[23/0037]
nicht haſtig und leidenſchaftlich, ſondern langſam und
ruhig. Es dauerte daher einige Zeit, bevor die
Magd Gitta herbeikam, und als ſie endlich gekom-
men war, erſchien die Hülfe zu ſpät, denn der
Topf hatte nichts mehr zu verſchütten.
Der Hofſchulze ließ ſich dieſen Verluſt nicht
kümmern, die Magd mußte ihm einen Stuhl vor
das Haus ſetzen, er nahm dort, dem Eichenkampe
gegenüber, Platz, und erwartete, die Schenkel ge-
rade vor ſich hingeſtreckt, Hut und Stock in der
Hand, von der goldenen Sonne prächtig beleuchtet,
ſtill und wacker den weiteren Fortgang der Dinge.
Inzwiſchen ſchmückten zwei Brautjungfern die
Braut auf ihrer Kammer. Rings um ſie her ſtan-
den bunt mit Blumen bemalte Laden und Packen
in Leinwand, welche die Ausſtattung an Gebild,
Betten, Garn, Waſche und Flachs enthielten.
Selbſt in der Thüre und bis weit auf den Gang
hinaus war Alles beſetzt. Inmitten dieſer Reich-
thümer ſaß die Braut vor einem kleinen Spiegel,
hochroth und ernſthaft. Die erſte Brautjungfer
legte ihr die blauen Strümpfe mit rothen Zwickeln
an, die zweite warf ihr den Rock von ſchwarzem,
feinem Tuche über, und ließ dieſem Stücke die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/37>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.