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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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sicht verfahren! Ihr laßt ihn nicht einstecken, son-
dern Ihr steckt ihn ein. -- Ein. Ganz wohl,
Herr Bürgermeister, sagte Marzeters.

Schloßherr und Behörden drangen weiter vor.
Münchhausen schnarchte oben, daß die Luft unten
zitterte. -- Schnarch du nur! rief der alte Baron
hinauf zum Fenster. Lebendig oder todt, wachend
oder schlafend mußt du fort. Könnt Ihr wohl
einen schlafenden Menschen tragen, Marzeters? --
Marzeters sagte: Wenn er nicht gar zu fest schläft,
denn dann wird die Creatur so schwer wie ein
Bleiklumpen, so trage ich ihn hinweg und wäre
er drei Mann hoch da. -- Der Schriftsteller be-
fand sich in der höchsten Verlegenheit. Gerade
in diesem Augenblicke, wo seinem Curanden ein
glänzendes Glück bevorstand, mußte ihm Alles
daran liegen, daß dessen Name von keinem öffent-
lichen Scandal unangenehm berührt werde. Er
hatte in der Tasche, was die Feinde, wenn sie
es erblickten, augenblicklich zurückschrecken mußte,
und dennoch wagte er nicht, davon Gebrauch zu
machen, weil ja die neue Stellung Münchhausen's
keinen ostensibeln Charakter haben sollte. Wahr-
lich diplomatische Verwickelungen der eigensten

ſicht verfahren! Ihr laßt ihn nicht einſtecken, ſon-
dern Ihr ſteckt ihn ein. — Ein. Ganz wohl,
Herr Bürgermeiſter, ſagte Marzeters.

Schloßherr und Behörden drangen weiter vor.
Münchhauſen ſchnarchte oben, daß die Luft unten
zitterte. — Schnarch du nur! rief der alte Baron
hinauf zum Fenſter. Lebendig oder todt, wachend
oder ſchlafend mußt du fort. Könnt Ihr wohl
einen ſchlafenden Menſchen tragen, Marzeters? —
Marzeters ſagte: Wenn er nicht gar zu feſt ſchläft,
denn dann wird die Creatur ſo ſchwer wie ein
Bleiklumpen, ſo trage ich ihn hinweg und wäre
er drei Mann hoch da. — Der Schriftſteller be-
fand ſich in der höchſten Verlegenheit. Gerade
in dieſem Augenblicke, wo ſeinem Curanden ein
glänzendes Glück bevorſtand, mußte ihm Alles
daran liegen, daß deſſen Name von keinem öffent-
lichen Scandal unangenehm berührt werde. Er
hatte in der Taſche, was die Feinde, wenn ſie
es erblickten, augenblicklich zurückſchrecken mußte,
und dennoch wagte er nicht, davon Gebrauch zu
machen, weil ja die neue Stellung Münchhauſen’s
keinen oſtenſibeln Charakter haben ſollte. Wahr-
lich diplomatiſche Verwickelungen der eigenſten

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[295/0309] ſicht verfahren! Ihr laßt ihn nicht einſtecken, ſon- dern Ihr ſteckt ihn ein. — Ein. Ganz wohl, Herr Bürgermeiſter, ſagte Marzeters. Schloßherr und Behörden drangen weiter vor. Münchhauſen ſchnarchte oben, daß die Luft unten zitterte. — Schnarch du nur! rief der alte Baron hinauf zum Fenſter. Lebendig oder todt, wachend oder ſchlafend mußt du fort. Könnt Ihr wohl einen ſchlafenden Menſchen tragen, Marzeters? — Marzeters ſagte: Wenn er nicht gar zu feſt ſchläft, denn dann wird die Creatur ſo ſchwer wie ein Bleiklumpen, ſo trage ich ihn hinweg und wäre er drei Mann hoch da. — Der Schriftſteller be- fand ſich in der höchſten Verlegenheit. Gerade in dieſem Augenblicke, wo ſeinem Curanden ein glänzendes Glück bevorſtand, mußte ihm Alles daran liegen, daß deſſen Name von keinem öffent- lichen Scandal unangenehm berührt werde. Er hatte in der Taſche, was die Feinde, wenn ſie es erblickten, augenblicklich zurückſchrecken mußte, und dennoch wagte er nicht, davon Gebrauch zu machen, weil ja die neue Stellung Münchhauſen’s keinen oſtenſibeln Charakter haben ſollte. Wahr- lich diplomatiſche Verwickelungen der eigenſten

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/309>, abgerufen am 25.11.2024.