Aber er fand es nach einiger Zeit uneröffnet vor seiner Thüre wieder.
Der alte Baron und Emerentia begegneten einander draußen in der Gegend zwischen dem Schlosse und dem Platze, wo die Luftsteinfabrik stehen sollte. Der Vater sah verdrießlich und zer- stört, die Tochter kalt und stolz aus. -- Ich fürchte Renzel, sagte der Alte, wir haben einen Phantasten im Quartier. Noch hängt meine Hoff- nung an einem dünnen Faden, Gott gebe, daß der nicht reißt! -- Meine Hoffnung ist bei den Todten, versetzte das Fräulein erhaben. Edle Seelen werden leicht betrogen, ich schäme mich nicht, daß mich ein dürftiger Witzling täuschen konnte. Die Schuppen fallen mir von den Augen, nur Gemeines sehe ich noch, wo ich sonst gut- müthig bewunderte. -- Ich verachte ihn auch be- reits recht herzlich, sagte der alte Baron, es ist nur der Punct hier in Erwägung zu ziehen, daß auch solche Haselanten im Besitze wichtiger Fabrik- geheimnisse seyn können, und wenn denn das doch der Fall wäre und man hätte ihn, ohne die Sache zu erfahren, aus dem Hause getrieben, so wäre es außerordentlich schlimm.
Aber er fand es nach einiger Zeit uneröffnet vor ſeiner Thüre wieder.
Der alte Baron und Emerentia begegneten einander draußen in der Gegend zwiſchen dem Schloſſe und dem Platze, wo die Luftſteinfabrik ſtehen ſollte. Der Vater ſah verdrießlich und zer- ſtört, die Tochter kalt und ſtolz aus. — Ich fürchte Renzel, ſagte der Alte, wir haben einen Phantaſten im Quartier. Noch hängt meine Hoff- nung an einem dünnen Faden, Gott gebe, daß der nicht reißt! — Meine Hoffnung iſt bei den Todten, verſetzte das Fräulein erhaben. Edle Seelen werden leicht betrogen, ich ſchäme mich nicht, daß mich ein dürftiger Witzling täuſchen konnte. Die Schuppen fallen mir von den Augen, nur Gemeines ſehe ich noch, wo ich ſonſt gut- müthig bewunderte. — Ich verachte ihn auch be- reits recht herzlich, ſagte der alte Baron, es iſt nur der Punct hier in Erwägung zu ziehen, daß auch ſolche Haſelanten im Beſitze wichtiger Fabrik- geheimniſſe ſeyn können, und wenn denn das doch der Fall wäre und man hätte ihn, ohne die Sache zu erfahren, aus dem Hauſe getrieben, ſo wäre es außerordentlich ſchlimm.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0245"n="231"/>
Aber er fand es nach einiger Zeit uneröffnet vor<lb/>ſeiner Thüre wieder.</p><lb/><p>Der alte Baron und Emerentia begegneten<lb/>
einander draußen in der Gegend zwiſchen dem<lb/>
Schloſſe und dem Platze, wo die Luftſteinfabrik<lb/>ſtehen ſollte. Der Vater ſah verdrießlich und zer-<lb/>ſtört, die Tochter kalt und ſtolz aus. — Ich<lb/>
fürchte Renzel, ſagte der Alte, wir haben einen<lb/>
Phantaſten im Quartier. Noch hängt meine Hoff-<lb/>
nung an einem dünnen Faden, Gott gebe, daß<lb/>
der nicht reißt! — Meine Hoffnung iſt bei den<lb/>
Todten, verſetzte das Fräulein erhaben. Edle<lb/>
Seelen werden leicht betrogen, ich ſchäme mich<lb/>
nicht, daß mich ein dürftiger Witzling täuſchen<lb/>
konnte. Die Schuppen fallen mir von den Augen,<lb/>
nur Gemeines ſehe ich noch, wo ich ſonſt gut-<lb/>
müthig bewunderte. — Ich verachte ihn auch be-<lb/>
reits recht herzlich, ſagte der alte Baron, es iſt<lb/>
nur der Punct hier in Erwägung zu ziehen, daß<lb/>
auch ſolche Haſelanten im Beſitze wichtiger Fabrik-<lb/>
geheimniſſe ſeyn können, und wenn denn das doch<lb/>
der Fall wäre und man hätte ihn, ohne die Sache<lb/>
zu erfahren, aus dem Hauſe getrieben, ſo wäre<lb/>
es außerordentlich ſchlimm.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[231/0245]
Aber er fand es nach einiger Zeit uneröffnet vor
ſeiner Thüre wieder.
Der alte Baron und Emerentia begegneten
einander draußen in der Gegend zwiſchen dem
Schloſſe und dem Platze, wo die Luftſteinfabrik
ſtehen ſollte. Der Vater ſah verdrießlich und zer-
ſtört, die Tochter kalt und ſtolz aus. — Ich
fürchte Renzel, ſagte der Alte, wir haben einen
Phantaſten im Quartier. Noch hängt meine Hoff-
nung an einem dünnen Faden, Gott gebe, daß
der nicht reißt! — Meine Hoffnung iſt bei den
Todten, verſetzte das Fräulein erhaben. Edle
Seelen werden leicht betrogen, ich ſchäme mich
nicht, daß mich ein dürftiger Witzling täuſchen
konnte. Die Schuppen fallen mir von den Augen,
nur Gemeines ſehe ich noch, wo ich ſonſt gut-
müthig bewunderte. — Ich verachte ihn auch be-
reits recht herzlich, ſagte der alte Baron, es iſt
nur der Punct hier in Erwägung zu ziehen, daß
auch ſolche Haſelanten im Beſitze wichtiger Fabrik-
geheimniſſe ſeyn können, und wenn denn das doch
der Fall wäre und man hätte ihn, ohne die Sache
zu erfahren, aus dem Hauſe getrieben, ſo wäre
es außerordentlich ſchlimm.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/245>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.