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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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kein Gesinde wollte mehr bleiben, weil es die er-
schwerte Last der übeln Behandlung nicht zu tra-
gen vermochte -- kurz, es war eben mit allem
Comfort zwischen jenen vier Pfählen vorbei, als
man rechten Comfort darin stiften wollte. So
können sich die Menschen über ihre nächsten Ver-
hältnisse und Umgebungen täuschen. Und in der
großen Welthistorie geht es mitunter nicht anders
zu. Einem Volke thut ein tüchtiger Feind Noth,
nur so lange es ihn besitzt, ist es in Flor. So
lange Rom sich mit Carthago herumbiß, setzte
es alles böse Wesen draußen ab, als aber die
Nebenbuhlerin in Trümmern rauchte, ging die
innerliche böse Wirthschaft an; von Napoleon hat
nicht Einer bloß gesagt, er sei für uns viel zu
früh gefallen.

Doch um von Rom und Carthago und Napo-
leon und uns zum Schlosse Schnick-Schnack-Schnurr
zurückzugelangen -- so lange der Schulmeister auf
dem Gebirge Taygetus saß, wußten der alte Ba-
ron und seine Tochter, wohin mit ihren verdrieß-
lichen Stimmungen, und als er abzog, wurde es
buchstäblich wahr, was der Schloßherr gesagt
hatte: Es kam eine Lücke in den schönen Kreis.

kein Geſinde wollte mehr bleiben, weil es die er-
ſchwerte Laſt der übeln Behandlung nicht zu tra-
gen vermochte — kurz, es war eben mit allem
Comfort zwiſchen jenen vier Pfählen vorbei, als
man rechten Comfort darin ſtiften wollte. So
können ſich die Menſchen über ihre nächſten Ver-
hältniſſe und Umgebungen täuſchen. Und in der
großen Welthiſtorie geht es mitunter nicht anders
zu. Einem Volke thut ein tüchtiger Feind Noth,
nur ſo lange es ihn beſitzt, iſt es in Flor. So
lange Rom ſich mit Carthago herumbiß, ſetzte
es alles böſe Weſen draußen ab, als aber die
Nebenbuhlerin in Trümmern rauchte, ging die
innerliche böſe Wirthſchaft an; von Napoleon hat
nicht Einer bloß geſagt, er ſei für uns viel zu
früh gefallen.

Doch um von Rom und Carthago und Napo-
leon und uns zum Schloſſe Schnick-Schnack-Schnurr
zurückzugelangen — ſo lange der Schulmeiſter auf
dem Gebirge Taygetus ſaß, wußten der alte Ba-
ron und ſeine Tochter, wohin mit ihren verdrieß-
lichen Stimmungen, und als er abzog, wurde es
buchſtäblich wahr, was der Schloßherr geſagt
hatte: Es kam eine Lücke in den ſchönen Kreis.

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[221/0235] kein Geſinde wollte mehr bleiben, weil es die er- ſchwerte Laſt der übeln Behandlung nicht zu tra- gen vermochte — kurz, es war eben mit allem Comfort zwiſchen jenen vier Pfählen vorbei, als man rechten Comfort darin ſtiften wollte. So können ſich die Menſchen über ihre nächſten Ver- hältniſſe und Umgebungen täuſchen. Und in der großen Welthiſtorie geht es mitunter nicht anders zu. Einem Volke thut ein tüchtiger Feind Noth, nur ſo lange es ihn beſitzt, iſt es in Flor. So lange Rom ſich mit Carthago herumbiß, ſetzte es alles böſe Weſen draußen ab, als aber die Nebenbuhlerin in Trümmern rauchte, ging die innerliche böſe Wirthſchaft an; von Napoleon hat nicht Einer bloß geſagt, er ſei für uns viel zu früh gefallen. Doch um von Rom und Carthago und Napo- leon und uns zum Schloſſe Schnick-Schnack-Schnurr zurückzugelangen — ſo lange der Schulmeiſter auf dem Gebirge Taygetus ſaß, wußten der alte Ba- ron und ſeine Tochter, wohin mit ihren verdrieß- lichen Stimmungen, und als er abzog, wurde es buchſtäblich wahr, was der Schloßherr geſagt hatte: Es kam eine Lücke in den ſchönen Kreis.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/235>, abgerufen am 22.11.2024.