Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

es giebt auch unter uns wohlgezogene Leute. Da
seht einmal durch die Oeffnung hindurch jenen wei-
sen Mann, das Wildschwein, wie es ruhig steht
und seine Eicheln verzehrt, und dabei im Stillen
seine Gedanken hat. Herzlich gern will ich Euch
Gesellschaft leisten und Euch erzählen, was ich nur
weiß, das Reden ist mein Vergnügen, besonders
mit alten Leuten.

Wenn das ist, so wirst du bei mir deine Rech-
nung nicht finden, ich bin noch jung, versetzte der
Schüler.

Ach Himmel, wie sich die Menschen täuschen
können! rief die Elster und sah ganz gedankenvoll
vor sich hin.

Indem war es dem Schüler, als höre er aus
noch größerer Tiefe des Waldes ein Seufzen, dessen
Ton ihm durch das Herz drang. Er fragte seine
schwarz und weiß gesprenkelte Gesellschafterin nach
der Ursache, die sagte ihm aber, sie wolle zwei
Eidexen darum ausforschen, die dort ihr Morgen-
brod äßen. Er ging nun mit der Elster auf der
Schulter nach dem Orte, wo diese Thierchen sich
befinden sollten. Da hatte er eine wunderhübsche
Schau. Die beiden Eidexchen waren gewiß vor-

es giebt auch unter uns wohlgezogene Leute. Da
ſeht einmal durch die Oeffnung hindurch jenen wei-
ſen Mann, das Wildſchwein, wie es ruhig ſteht
und ſeine Eicheln verzehrt, und dabei im Stillen
ſeine Gedanken hat. Herzlich gern will ich Euch
Geſellſchaft leiſten und Euch erzählen, was ich nur
weiß, das Reden iſt mein Vergnügen, beſonders
mit alten Leuten.

Wenn das iſt, ſo wirſt du bei mir deine Rech-
nung nicht finden, ich bin noch jung, verſetzte der
Schüler.

Ach Himmel, wie ſich die Menſchen täuſchen
können! rief die Elſter und ſah ganz gedankenvoll
vor ſich hin.

Indem war es dem Schüler, als höre er aus
noch größerer Tiefe des Waldes ein Seufzen, deſſen
Ton ihm durch das Herz drang. Er fragte ſeine
ſchwarz und weiß geſprenkelte Geſellſchafterin nach
der Urſache, die ſagte ihm aber, ſie wolle zwei
Eidexen darum ausforſchen, die dort ihr Morgen-
brod äßen. Er ging nun mit der Elſter auf der
Schulter nach dem Orte, wo dieſe Thierchen ſich
befinden ſollten. Da hatte er eine wunderhübſche
Schau. Die beiden Eidexchen waren gewiß vor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0178" n="164"/>
es giebt auch unter uns wohlgezogene Leute. Da<lb/>
&#x017F;eht einmal durch die Oeffnung hindurch jenen wei-<lb/>
&#x017F;en Mann, das Wild&#x017F;chwein, wie es ruhig &#x017F;teht<lb/>
und &#x017F;eine Eicheln verzehrt, und dabei im Stillen<lb/>
&#x017F;eine Gedanken hat. Herzlich gern will ich Euch<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft lei&#x017F;ten und Euch erzählen, was ich nur<lb/>
weiß, das Reden i&#x017F;t mein Vergnügen, be&#x017F;onders<lb/>
mit alten Leuten.</p><lb/>
          <p>Wenn das i&#x017F;t, &#x017F;o wir&#x017F;t du bei mir deine Rech-<lb/>
nung nicht finden, ich bin noch jung, ver&#x017F;etzte der<lb/>
Schüler.</p><lb/>
          <p>Ach Himmel, wie &#x017F;ich die Men&#x017F;chen täu&#x017F;chen<lb/>
können! rief die El&#x017F;ter und &#x017F;ah ganz gedankenvoll<lb/>
vor &#x017F;ich hin.</p><lb/>
          <p>Indem war es dem Schüler, als höre er aus<lb/>
noch größerer Tiefe des Waldes ein Seufzen, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ton ihm durch das Herz drang. Er fragte &#x017F;eine<lb/>
&#x017F;chwarz und weiß ge&#x017F;prenkelte Ge&#x017F;ell&#x017F;chafterin nach<lb/>
der Ur&#x017F;ache, die &#x017F;agte ihm aber, &#x017F;ie wolle zwei<lb/>
Eidexen darum ausfor&#x017F;chen, die dort ihr Morgen-<lb/>
brod äßen. Er ging nun mit der El&#x017F;ter auf der<lb/>
Schulter nach dem Orte, wo die&#x017F;e Thierchen &#x017F;ich<lb/>
befinden &#x017F;ollten. Da hatte er eine wunderhüb&#x017F;che<lb/>
Schau. Die beiden Eidexchen waren gewiß vor-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0178] es giebt auch unter uns wohlgezogene Leute. Da ſeht einmal durch die Oeffnung hindurch jenen wei- ſen Mann, das Wildſchwein, wie es ruhig ſteht und ſeine Eicheln verzehrt, und dabei im Stillen ſeine Gedanken hat. Herzlich gern will ich Euch Geſellſchaft leiſten und Euch erzählen, was ich nur weiß, das Reden iſt mein Vergnügen, beſonders mit alten Leuten. Wenn das iſt, ſo wirſt du bei mir deine Rech- nung nicht finden, ich bin noch jung, verſetzte der Schüler. Ach Himmel, wie ſich die Menſchen täuſchen können! rief die Elſter und ſah ganz gedankenvoll vor ſich hin. Indem war es dem Schüler, als höre er aus noch größerer Tiefe des Waldes ein Seufzen, deſſen Ton ihm durch das Herz drang. Er fragte ſeine ſchwarz und weiß geſprenkelte Geſellſchafterin nach der Urſache, die ſagte ihm aber, ſie wolle zwei Eidexen darum ausforſchen, die dort ihr Morgen- brod äßen. Er ging nun mit der Elſter auf der Schulter nach dem Orte, wo dieſe Thierchen ſich befinden ſollten. Da hatte er eine wunderhübſche Schau. Die beiden Eidexchen waren gewiß vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/178
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/178>, abgerufen am 24.11.2024.