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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Eine geraume Zeit verfloß seitdem, in welchem
Keiner etwas von dem Anderen hörte. Nachdem der
erste Sturm der Freude sich jetzt gelegt hatte, und
das Frühstück beseitigt worden war, fragte der
Ritter den Schüler, wie es ihm denn gegangen sei?

Darauf, mein Freund, kann ich dir eine sehr
kurze und müßte ich dir eine sehr lange Antwort
geben, versetzte der Schüler. Eine kurze, wenn ich
dir bloß die äußere Figur und Schaale meines
zeitherigen Lebens vorzeichnen soll; eine lange, o
eine unendlich lange, begehrst du, den inneren Kern
aus dieser Schaale zu kosten!

Ei, Närrchen, rief der Ritter, was für schwere
Reden führst du da! Gieb mir die Schaale und
ein Stückchen vom Kern, wenn die ganze Nuß zu
groß für eine Mahlzeit ist.

So wisse, erwiederte der Andere, daß mein
sichtbares Leben zwischen engen Ufern rann. Ich
wohnte in einem kleinen düsteren Gäßchen bei stil-
len Leuten, im Hinterhause. Mein Fenster ging
auf den Garten hinaus, dessen Bäume und Stau-
den ihren ernsten Hintergrund von den Mauern
des Tempelhauses erhielten. Ich hielt mich sehr
einsam und für mich, knüpfte weder mit den Bür-

Eine geraume Zeit verfloß ſeitdem, in welchem
Keiner etwas von dem Anderen hörte. Nachdem der
erſte Sturm der Freude ſich jetzt gelegt hatte, und
das Frühſtück beſeitigt worden war, fragte der
Ritter den Schüler, wie es ihm denn gegangen ſei?

Darauf, mein Freund, kann ich dir eine ſehr
kurze und müßte ich dir eine ſehr lange Antwort
geben, verſetzte der Schüler. Eine kurze, wenn ich
dir bloß die äußere Figur und Schaale meines
zeitherigen Lebens vorzeichnen ſoll; eine lange, o
eine unendlich lange, begehrſt du, den inneren Kern
aus dieſer Schaale zu koſten!

Ei, Närrchen, rief der Ritter, was für ſchwere
Reden führſt du da! Gieb mir die Schaale und
ein Stückchen vom Kern, wenn die ganze Nuß zu
groß für eine Mahlzeit iſt.

So wiſſe, erwiederte der Andere, daß mein
ſichtbares Leben zwiſchen engen Ufern rann. Ich
wohnte in einem kleinen düſteren Gäßchen bei ſtil-
len Leuten, im Hinterhauſe. Mein Fenſter ging
auf den Garten hinaus, deſſen Bäume und Stau-
den ihren ernſten Hintergrund von den Mauern
des Tempelhauſes erhielten. Ich hielt mich ſehr
einſam und für mich, knüpfte weder mit den Bür-

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[146/0160] Eine geraume Zeit verfloß ſeitdem, in welchem Keiner etwas von dem Anderen hörte. Nachdem der erſte Sturm der Freude ſich jetzt gelegt hatte, und das Frühſtück beſeitigt worden war, fragte der Ritter den Schüler, wie es ihm denn gegangen ſei? Darauf, mein Freund, kann ich dir eine ſehr kurze und müßte ich dir eine ſehr lange Antwort geben, verſetzte der Schüler. Eine kurze, wenn ich dir bloß die äußere Figur und Schaale meines zeitherigen Lebens vorzeichnen ſoll; eine lange, o eine unendlich lange, begehrſt du, den inneren Kern aus dieſer Schaale zu koſten! Ei, Närrchen, rief der Ritter, was für ſchwere Reden führſt du da! Gieb mir die Schaale und ein Stückchen vom Kern, wenn die ganze Nuß zu groß für eine Mahlzeit iſt. So wiſſe, erwiederte der Andere, daß mein ſichtbares Leben zwiſchen engen Ufern rann. Ich wohnte in einem kleinen düſteren Gäßchen bei ſtil- len Leuten, im Hinterhauſe. Mein Fenſter ging auf den Garten hinaus, deſſen Bäume und Stau- den ihren ernſten Hintergrund von den Mauern des Tempelhauſes erhielten. Ich hielt mich ſehr einſam und für mich, knüpfte weder mit den Bür-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/160>, abgerufen am 22.11.2024.