ßende Manieren für den Thron gewinnen zu helfen, war er ja nur wieder unter die Bauern gekommen.
Um in diese Manieren einen gewissen Fort- schritt vom Geringeren zum Größeren zu bringen, sah er die gegenüber sitzenden Bauern mit einer sußen Freundlichkeit an und winkte dazu gnädig mit dem Haupte, als wollte er sagen: Nun, schmeckt's, Ihr ehrlichen Landleute? -- Darüber lach- ten aber die Bauern, und Einer stieß seinen Nach- bar an mit den Worten: Ist der Kerl verrückt? -- Der vornehme Herr vom Hofe glaubte, als er des Lachens inne ward, seine Huld nicht deutlich genug von sich gegeben zu haben, er beschloß daher, zu- vörderst das andere Geschlecht zu gewinnen, ließ sich zwei Teller geben, stellte sie vor sich hin, schnitt zwei gute Stücke von dem vor ihm stehen- den Truthahne ab, legte sie auf die Teller und reichte diese Leckerbißlein den beiden Bauerweibern, die noch ziemlich rund und hübsch waren. Die Weiber, zugleich mit einer artigen Redensart, welche ihnen unverstäudlich blieb, angesprochen, guckten verlegen, roth und stumm auf die Teller, ohne die Gaben der Courtoisie anzurühren. Ihre Männer aber sahen mit sonderbaren Blicken nach
ßende Manieren für den Thron gewinnen zu helfen, war er ja nur wieder unter die Bauern gekommen.
Um in dieſe Manieren einen gewiſſen Fort- ſchritt vom Geringeren zum Größeren zu bringen, ſah er die gegenüber ſitzenden Bauern mit einer ſußen Freundlichkeit an und winkte dazu gnädig mit dem Haupte, als wollte er ſagen: Nun, ſchmeckt’s, Ihr ehrlichen Landleute? — Darüber lach- ten aber die Bauern, und Einer ſtieß ſeinen Nach- bar an mit den Worten: Iſt der Kerl verrückt? — Der vornehme Herr vom Hofe glaubte, als er des Lachens inne ward, ſeine Huld nicht deutlich genug von ſich gegeben zu haben, er beſchloß daher, zu- vörderſt das andere Geſchlecht zu gewinnen, ließ ſich zwei Teller geben, ſtellte ſie vor ſich hin, ſchnitt zwei gute Stücke von dem vor ihm ſtehen- den Truthahne ab, legte ſie auf die Teller und reichte dieſe Leckerbißlein den beiden Bauerweibern, die noch ziemlich rund und hübſch waren. Die Weiber, zugleich mit einer artigen Redensart, welche ihnen unverſtäudlich blieb, angeſprochen, guckten verlegen, roth und ſtumm auf die Teller, ohne die Gaben der Courtoiſie anzurühren. Ihre Männer aber ſahen mit ſonderbaren Blicken nach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0116"n="102"/>
ßende Manieren für den Thron gewinnen zu helfen,<lb/>
war er ja nur wieder unter die Bauern gekommen.</p><lb/><p>Um in dieſe Manieren einen gewiſſen Fort-<lb/>ſchritt vom Geringeren zum Größeren zu bringen,<lb/>ſah er die gegenüber ſitzenden Bauern mit einer<lb/>ſußen Freundlichkeit an und winkte dazu gnädig<lb/>
mit dem Haupte, als wollte er ſagen: Nun,<lb/>ſchmeckt’s, Ihr ehrlichen Landleute? — Darüber lach-<lb/>
ten aber die Bauern, und Einer ſtieß ſeinen Nach-<lb/>
bar an mit den Worten: Iſt der Kerl verrückt? —<lb/>
Der vornehme Herr vom Hofe glaubte, als er des<lb/>
Lachens inne ward, ſeine Huld nicht deutlich genug<lb/>
von ſich gegeben zu haben, er beſchloß daher, zu-<lb/>
vörderſt das andere Geſchlecht zu gewinnen, ließ<lb/>ſich zwei Teller geben, ſtellte ſie vor ſich hin,<lb/>ſchnitt zwei gute Stücke von dem vor ihm ſtehen-<lb/>
den Truthahne ab, legte ſie auf die Teller und<lb/>
reichte dieſe Leckerbißlein den beiden Bauerweibern,<lb/>
die noch ziemlich rund und hübſch waren. Die<lb/>
Weiber, zugleich mit einer artigen Redensart,<lb/>
welche ihnen unverſtäudlich blieb, angeſprochen,<lb/>
guckten verlegen, roth und ſtumm auf die Teller,<lb/>
ohne die Gaben der Courtoiſie anzurühren. Ihre<lb/>
Männer aber ſahen mit ſonderbaren Blicken nach<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[102/0116]
ßende Manieren für den Thron gewinnen zu helfen,
war er ja nur wieder unter die Bauern gekommen.
Um in dieſe Manieren einen gewiſſen Fort-
ſchritt vom Geringeren zum Größeren zu bringen,
ſah er die gegenüber ſitzenden Bauern mit einer
ſußen Freundlichkeit an und winkte dazu gnädig
mit dem Haupte, als wollte er ſagen: Nun,
ſchmeckt’s, Ihr ehrlichen Landleute? — Darüber lach-
ten aber die Bauern, und Einer ſtieß ſeinen Nach-
bar an mit den Worten: Iſt der Kerl verrückt? —
Der vornehme Herr vom Hofe glaubte, als er des
Lachens inne ward, ſeine Huld nicht deutlich genug
von ſich gegeben zu haben, er beſchloß daher, zu-
vörderſt das andere Geſchlecht zu gewinnen, ließ
ſich zwei Teller geben, ſtellte ſie vor ſich hin,
ſchnitt zwei gute Stücke von dem vor ihm ſtehen-
den Truthahne ab, legte ſie auf die Teller und
reichte dieſe Leckerbißlein den beiden Bauerweibern,
die noch ziemlich rund und hübſch waren. Die
Weiber, zugleich mit einer artigen Redensart,
welche ihnen unverſtäudlich blieb, angeſprochen,
guckten verlegen, roth und ſtumm auf die Teller,
ohne die Gaben der Courtoiſie anzurühren. Ihre
Männer aber ſahen mit ſonderbaren Blicken nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/116>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.