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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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drei Rangelassen in den Thronfarben anliefen, näm-
lich braun und blau.

Der alte Baron versetzte: Das sei gar nichts;
die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus-
schlage, von einer Art Nesselsucht herrühren; der-
gleichen pflege sich rasch wieder zu verlieren. Er
habe einmal gesehen -- -- --

Münchhausen erzählte vom tiefsinnigen polnischen
Starosten, der ein tiefsinniges Buch über die Kunst
der Gegenwart geschrieben, und selber aus Kunst-
enthusiasmus in Tiefsinn verfallen sei, worin er
sich für einen Pinsel gehalten habe und zwar für
den Pinsel seines Lieblingsmalers. Die Geschichte
war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn
sie lehrte weiter, daß der tiefsinnige Pole oder
polnische Tiefsinn als Pinsel gerade so sich be-
nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, so
daß zwischen dem ehemaligen Starosten und nach-
maligen Pinsel durchaus kein Unterschied bemerk-
bar gewesen sei. Er folge, sagte Münchhausen,
in diesen Angaben nur dem Kammerdiener des Po-
lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland,
welcher für eine Zulage von sechs polnischen Gul-
den zum Jahresliedlohn das tiefsinnige Buch

drei Rangelaſſen in den Thronfarben anliefen, näm-
lich braun und blau.

Der alte Baron verſetzte: Das ſei gar nichts;
die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus-
ſchlage, von einer Art Neſſelſucht herrühren; der-
gleichen pflege ſich raſch wieder zu verlieren. Er
habe einmal geſehen — — —

Münchhauſen erzählte vom tiefſinnigen polniſchen
Staroſten, der ein tiefſinniges Buch über die Kunſt
der Gegenwart geſchrieben, und ſelber aus Kunſt-
enthuſiasmus in Tiefſinn verfallen ſei, worin er
ſich für einen Pinſel gehalten habe und zwar für
den Pinſel ſeines Lieblingsmalers. Die Geſchichte
war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn
ſie lehrte weiter, daß der tiefſinnige Pole oder
polniſche Tiefſinn als Pinſel gerade ſo ſich be-
nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, ſo
daß zwiſchen dem ehemaligen Staroſten und nach-
maligen Pinſel durchaus kein Unterſchied bemerk-
bar geweſen ſei. Er folge, ſagte Münchhauſen,
in dieſen Angaben nur dem Kammerdiener des Po-
lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland,
welcher für eine Zulage von ſechs polniſchen Gul-
den zum Jahresliedlohn das tiefſinnige Buch

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[48/0066] drei Rangelaſſen in den Thronfarben anliefen, näm- lich braun und blau. Der alte Baron verſetzte: Das ſei gar nichts; die Färbung der Haut möge wohl von einem Aus- ſchlage, von einer Art Neſſelſucht herrühren; der- gleichen pflege ſich raſch wieder zu verlieren. Er habe einmal geſehen — — — Münchhauſen erzählte vom tiefſinnigen polniſchen Staroſten, der ein tiefſinniges Buch über die Kunſt der Gegenwart geſchrieben, und ſelber aus Kunſt- enthuſiasmus in Tiefſinn verfallen ſei, worin er ſich für einen Pinſel gehalten habe und zwar für den Pinſel ſeines Lieblingsmalers. Die Geſchichte war wirklich anmuthig und lieblich anzuhören, denn ſie lehrte weiter, daß der tiefſinnige Pole oder polniſche Tiefſinn als Pinſel gerade ſo ſich be- nommen und ausgedrückt habe, wie früherhin, ſo daß zwiſchen dem ehemaligen Staroſten und nach- maligen Pinſel durchaus kein Unterſchied bemerk- bar geweſen ſei. Er folge, ſagte Münchhauſen, in dieſen Angaben nur dem Kammerdiener des Po- lacken, dem grimmen Hagen aus Nibelungenland, welcher für eine Zulage von ſechs polniſchen Gul- den zum Jahresliedlohn das tiefſinnige Buch

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/66>, abgerufen am 23.12.2024.