Blüthentagen der Jugend opferten wir der Leiden- schaft auf dem Altare unserer Herzen! Für dieses Opfer ist uns der Weihrauch ausgegangen. Aber der Altar blieb stehen; lassen Sie uns auf dem- selben der Freundschaft ein Opfer entzünden, für wel- ches ich ewig, Ihnen gegenüber Vorrath besitzen werde.
Karl kratzte sich im Kopfe (der Ungeheure! so that er) und sagte: Ich denke nur immer noch, Sie haben mich bloß zum Besten. Indessen aber will ich's versuchen, und wer mich anführt, den soll der Teufel holen. Das heißt also, Sie sind meine Freundin, heißt nämlich, wenn Sie meine Freundin sind, so müssen Sie auch dafür sorgen, daß ich mehr zu essen und zu trinken kriege. Wenn Sie auf diese Manier meine Freundin sind, so will ich's seyn. Dann sehen Sie nur gleich heute zu, daß ich einmal ein rechtschaffen Stück Fleisch kriege.
Er spielte fürchterlich mit mir. Daß er seinen wilden Humor selbst in diesem großen Momente nicht ablegte! O Männer, Männer, wie geht Ihr mit uns um! -- Eine Lustigkeit der Verzweiflung ergriff mich, und in den Bahnen seiner ausschwei- fenden Laune ihm folgend, rief ich: Sie sollen heute zwei Pfund Rindfleisch haben!
Blüthentagen der Jugend opferten wir der Leiden- ſchaft auf dem Altare unſerer Herzen! Für dieſes Opfer iſt uns der Weihrauch ausgegangen. Aber der Altar blieb ſtehen; laſſen Sie uns auf dem- ſelben der Freundſchaft ein Opfer entzünden, für wel- ches ich ewig, Ihnen gegenüber Vorrath beſitzen werde.
Karl kratzte ſich im Kopfe (der Ungeheure! ſo that er) und ſagte: Ich denke nur immer noch, Sie haben mich bloß zum Beſten. Indeſſen aber will ich’s verſuchen, und wer mich anführt, den ſoll der Teufel holen. Das heißt alſo, Sie ſind meine Freundin, heißt nämlich, wenn Sie meine Freundin ſind, ſo müſſen Sie auch dafür ſorgen, daß ich mehr zu eſſen und zu trinken kriege. Wenn Sie auf dieſe Manier meine Freundin ſind, ſo will ich’s ſeyn. Dann ſehen Sie nur gleich heute zu, daß ich einmal ein rechtſchaffen Stück Fleiſch kriege.
Er ſpielte fürchterlich mit mir. Daß er ſeinen wilden Humor ſelbſt in dieſem großen Momente nicht ablegte! O Männer, Männer, wie geht Ihr mit uns um! — Eine Luſtigkeit der Verzweiflung ergriff mich, und in den Bahnen ſeiner ausſchwei- fenden Laune ihm folgend, rief ich: Sie ſollen heute zwei Pfund Rindfleiſch haben!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0046"n="28"/>
Blüthentagen der Jugend opferten wir der Leiden-<lb/>ſchaft auf dem Altare unſerer Herzen! Für dieſes<lb/>
Opfer iſt uns der Weihrauch ausgegangen. Aber<lb/>
der Altar blieb ſtehen; laſſen Sie uns auf dem-<lb/>ſelben der Freundſchaft ein Opfer entzünden, für wel-<lb/>
ches ich ewig, Ihnen gegenüber Vorrath beſitzen werde.</p><lb/><p>Karl kratzte ſich im Kopfe (der Ungeheure! ſo<lb/>
that er) und ſagte: Ich denke nur immer noch,<lb/>
Sie haben mich bloß zum Beſten. Indeſſen aber<lb/>
will ich’s verſuchen, und wer mich anführt, den<lb/>ſoll der Teufel holen. Das heißt alſo, Sie ſind<lb/>
meine Freundin, heißt nämlich, wenn Sie meine<lb/>
Freundin ſind, ſo müſſen Sie auch dafür ſorgen,<lb/>
daß ich mehr zu eſſen und zu trinken kriege. Wenn<lb/>
Sie auf dieſe Manier meine Freundin ſind, ſo will<lb/>
ich’s ſeyn. Dann ſehen Sie nur gleich heute zu,<lb/>
daß ich einmal ein rechtſchaffen Stück Fleiſch kriege.</p><lb/><p>Er ſpielte fürchterlich mit mir. Daß er ſeinen<lb/>
wilden Humor ſelbſt in dieſem großen Momente<lb/>
nicht ablegte! O Männer, Männer, wie geht Ihr<lb/>
mit uns um! — Eine Luſtigkeit der Verzweiflung<lb/>
ergriff mich, und in den Bahnen ſeiner ausſchwei-<lb/>
fenden Laune ihm folgend, rief ich: Sie ſollen heute<lb/>
zwei Pfund Rindfleiſch haben!</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[28/0046]
Blüthentagen der Jugend opferten wir der Leiden-
ſchaft auf dem Altare unſerer Herzen! Für dieſes
Opfer iſt uns der Weihrauch ausgegangen. Aber
der Altar blieb ſtehen; laſſen Sie uns auf dem-
ſelben der Freundſchaft ein Opfer entzünden, für wel-
ches ich ewig, Ihnen gegenüber Vorrath beſitzen werde.
Karl kratzte ſich im Kopfe (der Ungeheure! ſo
that er) und ſagte: Ich denke nur immer noch,
Sie haben mich bloß zum Beſten. Indeſſen aber
will ich’s verſuchen, und wer mich anführt, den
ſoll der Teufel holen. Das heißt alſo, Sie ſind
meine Freundin, heißt nämlich, wenn Sie meine
Freundin ſind, ſo müſſen Sie auch dafür ſorgen,
daß ich mehr zu eſſen und zu trinken kriege. Wenn
Sie auf dieſe Manier meine Freundin ſind, ſo will
ich’s ſeyn. Dann ſehen Sie nur gleich heute zu,
daß ich einmal ein rechtſchaffen Stück Fleiſch kriege.
Er ſpielte fürchterlich mit mir. Daß er ſeinen
wilden Humor ſelbſt in dieſem großen Momente
nicht ablegte! O Männer, Männer, wie geht Ihr
mit uns um! — Eine Luſtigkeit der Verzweiflung
ergriff mich, und in den Bahnen ſeiner ausſchwei-
fenden Laune ihm folgend, rief ich: Sie ſollen heute
zwei Pfund Rindfleiſch haben!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/46>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.