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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Ich weiß nicht, welcher abermalige geheime
Einfluß mich trieb, nach dieser Entdeckung thür-
wärts zu schleichen, um in das Freie zu entgleiten.
Der Mensch ist dunkeln, unerklärlichen Anstößen so
häufig unterworfen. Aber zwei Thürsteher wiesen
mich zurück und sagten: Niemand darf das Gemach
verlassen, bis die Handlung vorbei ist. -- Ei! Ei!
dachte ich, werden die Geistersachen nun mit solcher
polizeilichen Strenge behandelt?

Der Beamte hatte inzwischen der Versammlung
ihren Anlaß in einer bündigen Rede auseinander-
gesetzt, und forderte eben, als ich zu dem erhöhten
Sitze der beiden Doctoren der Geisterwelt zurück-
kehrte, diese auf, das Fach zu bezeichnen, worin
das Testament des seligen Magisters Schnotter-
baum nach dessen Angabe liegen solle. Eschenmichel
gab mit herzhafter Stimme das Fach an. Nun
merket wohl auf, meine Mitbürger, sprach der
Beamte. Liegt das Testament des verstorbenen
Magisters, so wie behauptet wird, in dem Fache S
unter verschiedenen nicht mehr brauchbaren und
staubigen Papieren, so habt Ihr ein Wunder, mit
Händen zu greifen. Denn selbst seine Tochter,
die tugendsame, durch die beiden Herren so zweck-

Ich weiß nicht, welcher abermalige geheime
Einfluß mich trieb, nach dieſer Entdeckung thür-
wärts zu ſchleichen, um in das Freie zu entgleiten.
Der Menſch iſt dunkeln, unerklärlichen Anſtößen ſo
häufig unterworfen. Aber zwei Thürſteher wieſen
mich zurück und ſagten: Niemand darf das Gemach
verlaſſen, bis die Handlung vorbei iſt. — Ei! Ei!
dachte ich, werden die Geiſterſachen nun mit ſolcher
polizeilichen Strenge behandelt?

Der Beamte hatte inzwiſchen der Verſammlung
ihren Anlaß in einer bündigen Rede auseinander-
geſetzt, und forderte eben, als ich zu dem erhöhten
Sitze der beiden Doctoren der Geiſterwelt zurück-
kehrte, dieſe auf, das Fach zu bezeichnen, worin
das Teſtament des ſeligen Magiſters Schnotter-
baum nach deſſen Angabe liegen ſolle. Eſchenmichel
gab mit herzhafter Stimme das Fach an. Nun
merket wohl auf, meine Mitbürger, ſprach der
Beamte. Liegt das Teſtament des verſtorbenen
Magiſters, ſo wie behauptet wird, in dem Fache S
unter verſchiedenen nicht mehr brauchbaren und
ſtaubigen Papieren, ſo habt Ihr ein Wunder, mit
Händen zu greifen. Denn ſelbſt ſeine Tochter,
die tugendſame, durch die beiden Herren ſo zweck-

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[333/0351] Ich weiß nicht, welcher abermalige geheime Einfluß mich trieb, nach dieſer Entdeckung thür- wärts zu ſchleichen, um in das Freie zu entgleiten. Der Menſch iſt dunkeln, unerklärlichen Anſtößen ſo häufig unterworfen. Aber zwei Thürſteher wieſen mich zurück und ſagten: Niemand darf das Gemach verlaſſen, bis die Handlung vorbei iſt. — Ei! Ei! dachte ich, werden die Geiſterſachen nun mit ſolcher polizeilichen Strenge behandelt? Der Beamte hatte inzwiſchen der Verſammlung ihren Anlaß in einer bündigen Rede auseinander- geſetzt, und forderte eben, als ich zu dem erhöhten Sitze der beiden Doctoren der Geiſterwelt zurück- kehrte, dieſe auf, das Fach zu bezeichnen, worin das Teſtament des ſeligen Magiſters Schnotter- baum nach deſſen Angabe liegen ſolle. Eſchenmichel gab mit herzhafter Stimme das Fach an. Nun merket wohl auf, meine Mitbürger, ſprach der Beamte. Liegt das Teſtament des verſtorbenen Magiſters, ſo wie behauptet wird, in dem Fache S unter verſchiedenen nicht mehr brauchbaren und ſtaubigen Papieren, ſo habt Ihr ein Wunder, mit Händen zu greifen. Denn ſelbſt ſeine Tochter, die tugendſame, durch die beiden Herren ſo zweck-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/351>, abgerufen am 24.11.2024.